Das unwürdige Geschacher um`s Geld, sprich: wer in Sachen Unterhaltsvorschuss wie viel bezahlen soll, bestimmte gestern das Nachrichtengeschehen.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig gab zu, den Termin zum 1. Januar 2017, an dem das geänderte Unterhaltsvorschussgesetz  in Kraft treten sollte, nicht halten zu können.

Das rief Brunhild Fischer (Bild links), Geschäftsführerin der SHIA Selbsthilfegruppen Alleinerziehender (SHIA) e.V. Landesfamilienverband Sachsen, auf den Plan.

In einem offenen Brief an den sächsischen Staatsminister, Dr. Jaeckel, legt die engagierte Aktivistin, die sich seit Jahrzehnten für Alleinerziehende, deren Kinder und finanziell benachteiligte Familien einsetzt, die Situation benachteiligter Kinder, die in Armut aufwachsen, schonungslos dar und fordert die Verantwortlichen auf, den Termin per 1. Januar 2017 zu halten.

Wir veröffentlichen den offenen Brief im Original:

“Sehr geehrter Herr Staatsminister, Dr. Jaeckel,

mit größter Befremdung und mit Empörung nimmt der sächsische Landesfamilienverband Selbsthilfegruppen Alleinerziehender (SHIA) e.V. und aktuell federführender Verband der Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände (LAGF) im Freistaat Sachsen die seitens der Staatsregierung bzw. Vertreter*innen des sächsischen Städte- und Gemeindetages avisierte  Aufschiebung der Umsetzung der von der Bundesregierung endlich beschlossenen Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes für die ärmsten Kinder Deutschlands zur Kenntnis.

Eine Verschiebung der seit Jahrzehnten geforderten Änderung der Diskriminierung von Kindern, deren – zumeist männlichen Elternteile d.h. Väter – keinen Unterhalt für das/die Kind/er leisten, gegenüber allen anderen Kindern in alleinerziehenden Familien, ist ein weiterer Schlag ins Gesicht von Kindern Alleinerziehender, welche in Armut und sozioökonomisch ausgegrenzt und benachteiligt aufwachsen müssen.

Die Gespräche zur Änderung der Unterhaltsvorschussregeln für eine der benachteiligtesten Personengruppen in Deutschland laufen nicht erst seit ein paar Tagen, sondern sind seit mehreren Monaten bzw. seit 15 Jahren Gegenstand zahlreicher zäher, mühseliger, kleinlicher und beschämender Verhandlungen zwischen den Interessenvertreter*innen Alleinerziehender und den verantwortlichen Politiker*innen.

Eine Beendigung dieses unhaltbaren und für ein demokratisches Land völlig unerträglichen Zustandes zum Ende diesen Jahres war bereits seit längerem abzusehen, so dass die Vorbereitungen der Kommunen für die daraus evtl. resultierenden Maßnahmen auch vom Städte- und Gemeindetag bereits längstens hätten erfolgt sein können, es sei denn: die Armut der Kinder von Alleinerziehenden und ihre Diskriminierung sind von den  Entscheidungsträger*innen in Sachsen ganz bewusst so gewollt und gesteuert.

Der Verband SHIA e.V. LV Sachsen fordert Sie im Namen dieser Kinder und ihrer alleinerziehenden Elternteile, die ihrer Verantwortung und ihren Pflichten, trotz wiedrigster gesetzlicher und gesellschaftlicher Strukturen, unter allen Umständen, mit großem Einsatz und größten persönlichen Einbussen und mit der absoluten  Gewissheit, in Altersarmut zu Enden, trotzdem nachkommen und ihren Kindern ein sicheres zu Hause und ein gutes Aufwachsen unter für ein reiches Land absolut beschämenden Bedingungen bieten, auf, jeglichen diesbezüglichen Gedankengang sofort fallen zu lassen und den gesetzlichen Vorgaben der Bundesregierung zu folgen.

Der Landesfamilienverband steht Ihnen bei der Umsetzung mit sehr einfachen und klugen Lösungsvorschlägen zur Verfügung.

Wenn dennoch diese Verschiebung durch Sie erfolgen sollte, müssen alleinerziehende Familien und deren Interessen-vertreter*innen von einer weiteren bewussten Diskriminierung von Kindern Alleinerziehender ausgehen. Es wird weiterhin gebilligt, dass der Kinderarmut keine Grenzen gesetzt werden sollen und damit der soziale Friede weiter ausgehöhlt und die Wähler*innenverschiebung weiter vorangetrieben werden wird.

Jüngstes sächsisches Beispiel für die Ungleichbehandlung von Familien war im Sächsischen Landtag im August diesen Jahres die Ablehnung der Forderung, sich für Verbesserungen für Einelternfamilien und deren Kindern einzusetzen.

Wir fordern, dass zumindest diese Kinder, welche den ab 01.01.2017 gesetzlich neu geregelten Unterhaltsvorschuss überhaupt in Anspruch nehmen können, diesen auch direkt zum Januar 2017 ausgezahlt bekommen.

Die Berechnung und Bewilligung des Unterhaltsvorschusses ab 01.01.2017 für Kinder, die  im SGBII Bezug leben müssen, kann rückwirkend zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, da diese Kinder zum Schluss nicht einen einzigen Cent mehr in Anspruch nehmen können und in diesen Fällen ein „Nullsummen/Verwaltungsspiel“ ansteht, welches die Kinder wieder und weiter benachteiligt.

Brunhild Fischer

Geschäftsführerin Selbsthilfegruppen Alleinerziehender (SHIA) e. V. Landesverband Sachsen”

Interviews mit Brunhild Fischer, die wir bereits geführt haben, finden Sie auch hier:

Sachsens Powerfrau für Alleinerziehende: „Politik zementiert negative Strukturen!“

….und hier https://frauenpanorama.de/teilzeit-macht-arm-brunhild-fischer-im-grossen-interview/

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