Jemanden wie Birgit Kelle (im Bild) bräuchte Deutschland als Familienministerin! Es gibt wohl kaum eine Frau, die sich hierzulande so engagiert für Mütter und Familien einsetzt und zudem den grassierenden Gender-Irrsinn immer wieder mit harten Fakten entlarvt, wie das die bekannte Journalistin und Buchautorin tut.

Selbst vierfache Mama meldet sich Kelle unermüdlich zu familienpolitischen Themen, Diskriminierung von Frauen und den Absurditäten aus den Kreisen der Gender- und Feminismusszene zu Wort und gibt den oftmals sinnentleerten Debatten das wieder, was auch die Politik für Frauen und Familien endlich wieder braucht: gesunden Menschenverstand.

Wir haben mit der Autorin von “Muttertier” über Familienpolitik, Mütter sowie die Gender- und #metoo-Debatte gesprochen.

FP: Frau Kelle, Ihr Buch „Muttertier“ – eine Hommage an Mütter – ist mittlerweile in aller Munde. Uns würde interessieren, welche Reaktionen es darauf gab – sowohl von politischen Akteuren als auch von Müttern.

BK: Meine eigene Mutter ist zufrieden, das ist schon mal großartig! Aber Spaß beiseite, ich freue mich unendlich, dass ich so viele positive Reaktionen bekomme von anderen Müttern. Die mir sagen: „Ja, genau so ist es. Ja, genauso fühle ich auch.“

Ich wollte kein nettes Mutti-Buch schreiben und auch nicht nur den x-ten Selbsterfahrungsbericht, der Buchmarkt und auch das Internet sind voll damit. Es ist fast eine Kampfschrift geworden an manchen Stellen, ein Resümee aus hunderten von Gesprächen mit anderen Müttern in den vergangenen 18 Jahren und aus den Erkenntnissen, die ich in dieser Zeit über die Mechanismen des politischen Feminismus und das Versagen der deutschen Familienpolitik gewonnen habe.

Politisch sind die Reaktionen gemischt. Manche stören sich an dem Begriff „Muttertier“. Für Gender-Bewegte ist das offenbar zu animalisch, zu biologisch.

Das heißt, es ist genau richtig als Titel, denn ich wollte genau das ausdrücken: Muttersein ist keine Rolle, die man ausfüllt. Wer ein Kind empfangen hat, ist Mutter. Und wir bleiben es dann ein Leben lang. Wir sind nicht austauschbar, nicht einmal, wenn wir das wollen. Es ist einfach eine besondere Beziehung zwischen der Mutter und dem Kind, das sie in ihrem Körper wachsen lässt.

Es hat mich außerdem sehr gefreut, dass die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder mein Buch gelesen und für das Magazin CICERO rezensiert hat.  Durchaus positiv, auch wenn wir nicht in allen Punkten einig sind. Wann hat man das schon, dass eine Familienministerin – also auch noch jemand vom Fach aus der Politik – sich mit dem befasst, wofür man seit Jahren kämpft? Aber sie ist jedenfalls eine der wenigen Politikerinnen, die wahrnimmt und deutlich ausspricht, wie unsäglich man mit Müttern und auch selbst erziehenden Familien in diesem Land umgeht. Überhaupt schreibt sie in letzter Zeit viele kluge Dinge zum Thema Familienpolitik. Der einzige Wehrmutstropfen, den ich dabei empfinde, ist die Frage: Warum hat sie all das nicht schon damals als Familienministerin so deutlich gesagt?

FP: Waren es die gesellschaftlichen Umstände und die familienpolitische Situation im Hinblick auf die Mutterrolle hierzulande, die Sie bewogen, das Buch zu schreiben? Oder spielte das Erleben der Mutterrolle im Privaten eine Rolle? Immerhin sind Sie vierfache Mama.      

BK: Beides. Denn erst durch mein eigenes Muttersein habe ich angefangen mich mit der politischen Dimension des Mutterseins zu befassen. Es ist ja oft so auch in anderen Themen, dass wir erst dann anfangen, uns die Politik genauer anzusehen, wenn wir selbst davon betroffen sind.

Erst als ich Mutter war, habe ich realisiert, wie wenig die Politik tatsächlich auf meine eigenen Wünsche als Mutter eingeht. Stattdessen bekam ich von Feminismus und Politik eher Belehrungen, wie ich zu sein hätte, was ich zu tun hätte, um es richtig zu machen. Und erst wenn man selbst Mutter – oder auch Vater – ist, versteht man oft, warum Eltern manche Entscheidungen treffen, auch wenn Außenstehende es nicht begreifen.

Wie es sich anfühlt, ein weinendes Kind morgens im Kindergarten abzugeben, kann dir keiner erklären, du musst es erleben. Was es mit dir macht, wenn dein Kind dich das erste Mal anlächelt, musst du gefühlt haben, um es nicht als sentimentales Getue abzutun. Welche enorme Kraft und Wut es freisetzt, wenn du dein Kind in Gefahr wähnst oder wenn jemand dein Kind schlecht behandelt, das muss man einmal durchlebt haben, um zu verstehen, warum man als Mutter auch mal zum Tier wird und werden muss.

FP: In Ihrem Buch „Muttertier“ wird vieles angesprochen, was auch tagesaktuell immer wieder im Fokus ist: Frauenquote, Vereinbarkeit Familie und Beruf, Ehe für alle, Gender-Gaga, Wertschätzung der Mutter.  Ganz normale Bürger – Frauen wie Männer – empfinden diesbezüglich  eine Entwicklung in die falsche Richtung.  Sprich: die Frauenquote ist ein Krampf (da es nach Qualifikation und nicht nach Geschlecht gehen sollte), kaum etwas deutet darauf hin, dass wir in naher Zukunft eine wirkliche Vereinbarung von Familie und Beruf erleben werden, mit der Ehe für Alle dürfte der Normalbürger sowieso nichts anfangen können und landauf-landab werden nun mal Baby-Partys traditionell noch immer in rosa oder blau gefeiert.

Zudem: die vielen Negativ-Berichte zur Mutterrolle bzw. das Bashing gegen Mütter und ihre Lebensweisen geht ja nur von einer Minderheit aus (Journalisten, einzelne Frauen-Aktivistinnen usw.). Wie kann es dennoch angehen, dass diese Absurditäten, die mit der Lebenswirklichkeit der meisten Frauen – und der meisten Familien – so gar nichts zu tun haben, sich politisch und medial so immens verfestigen und gar in Gesetze münden? Haben Sie dafür eine Erklärung? 

BK: Da wir es sowohl bei Politikern als auch bei Journalisten zunehmend mit Kinderlosen zu tun haben, wundert es mich persönlich gar nicht. Ich bin ja nun auch Journalistin und schreibe aus meinem eigenen Horizont heraus.

Ich habe andere Erfahrungswerte, als eine kinderlose Frau oder eine Alleinerziehende – davon gibt es zumindest bei den Journalistinnen doch einige.  Entsprechend haben wir es in Fragen der Familienpolitik und des Alltages mit Kindern oft mit Ahnungslosen zu tun. Das wäre noch auszuhalten, wäre nicht etwas Bevormundendes dabei. Ich brauch aber keine Super-Nanny aus dem Familienministerium, die mir erklärt, wie ich meine Kinder groß ziehen soll, oder wie ich mir die Hausarbeit mit meinem Man aufteilen soll. Da hat der Staat gar nichts zu melden.

Die Feministische Bewegung hatte zudem die Mütter nie im Visier, außer als bedauernswerte Mäuse, die man endlich von zu Hause weg befreien muss.

Die Perspektive dominiert bis heute die mediale Berichterstattung und auch die Politik. Muttersein galt als die Fessel, die Frauen vom Erwerbsleben – ergo von der Beteiligung am Kapital – abhält. Deswegen ist ja alles in diesem Land darauf ausgelegt, Frauen auf den Arbeitsmarkt zu befreien und mit Einkommen zu emanzipieren. Da ist es nahezu logisch, dass man Frauenquoten fordert. Da ist es logisch, dass man Krippen schon für Babys baut. Da ist es logisch, dass man Ganztagsbetreuung ausbaut.

Dieser ewige Kampf immer noch gegen die Männer ist langsam ermüdend und geht an der Realität vorbei. Denn tatsächlich haben wir inzwischen eher eine andere Front, als den Geschlechter-Graben zwischen Mann und Frau: Wir haben ein Problem zwischen Menschen mit Kindern und Menschen ohne Kindern.

Ich hab ja als Mutter von vier Kindern mehr mit dem alleinerziehenden Vater gemeinsam, als mit der kinderlosen Vorstandsvorsitzenden.

Die Geschlechterfrage ist irrelevant für die Frage, wie meistere ich den Alltag in der Doppelbelastung zwischen Beruf und Kindern und wie hoch wird meine Rente sein, wenn ich noch ein paar Jahre nicht erwerbstätig bin, weil ich meine Kinder lieber selbst im Auge behalte? Da sehen die Antworten für Väter und Mütter gleich aus. Kinderlose haben kein Problem mit Altersarmut. Mütter schon.

FP: Denken Sie persönlich, dass sich diesbezüglich der Wind noch mal dreht oder werden weiterhin Gesetze und Rahmenbedingungen an der Lebenswirklichkeit der meisten Frauen vorbei geschaffen?

BK: Vielleicht bekommen wir ein Umdenken, wenn die Geburtenrate noch mehr Probleme schafft und die Gesellschaft erkennt, dass Familienpolitik nicht ein softes Thema ist, sondern höchst relevant. Heute führt sich die Politik auf, als würde sie uns Familien gönnerhaft helfen. Irgendwann werden sie uns brauchen. Könnte aber noch 20 Jahre dauern. Ich habe keine Zeit darauf zu warten, meine Kinder auch nicht, deswegen müssen wir jetzt schon aktiv werden.

FP: Die Chefredakteurin des Online-Portals EDITION F, Teresa Bücker, weigerte sich, mit Ihnen zusammen eine öffentliche Diskussion zu gestalten und blamierte sich danach mit einem entsprechenden Tweet diesbezüglich. Viele User plädierten nämlich dafür, dass auch Menschen total unterschiedlicher Meinungen sich einer gemeinsamen Diskussion stellen sollten. Wie erklären Sie sich ein solches Agieren derer, die doch stets vorgeben, tolerant und dialogbereit zu sein? 

BK: Ach, die Frau Bücker. Für eine Chefredakteurin find ich das doch arg kleinmädchenhaft. Ich nehme an, das Wort ist aber auch auf dem genderunsensiblen Index.  Ich glaube, das muss man gar nicht kommentieren, es spricht für sich selbst. Wer den Dialog verweigert, hat in meinen Augen entweder Angst, oder keine Ahnung. Am besten, Sie fragen die Frau Bücker selbst. (Anmerkung der Redaktion: haben wir gemacht – bislang steht eine Antwort aus)

FP: Aktuell erleben wir unzählige öffentlichen Debatten zu #metoo – einer Kampagne, die auf sexuelle Übergriffigkeit hinweisen möchte. Das Anliegen ist wichtig – keine Frage! – aber können Sie sich erklären, dass man derzeit mehr darüber diskutiert, was noch als Kompliment durchgeht, als über die explodierende Gewalt gegen Frauen auf den Straßen?  Warum werden die vielen Überfälle, die Messerangriffe, die sexuelle Gewalt und auch die jüngsten Morde an Frauen so extrem ausgeblendet und aus der öffentlichen Debatte herausgehalten? Auch die üblichen Verdächtigen, wie FrauTV, BRIGITTE usw., widmen sich dem Thema so offensichtlich NICHT, dass es natürlich vielen Frauen  auffällt, was man an diversen Reaktionen in sozialen Netzwerken merkt. Aber: woran liegt das? Können Sie sich einen Reim darauf machen?

BK: Ich hab das schon vor zwei Jahren nach der Kölner Silvesternacht geschrieben, als Theorie und diese hat sich leider bestätigt, statt widerlegt zu werden: Der sogenannte Feminismus versagt hier, weil er sich nicht entscheiden kann und auch will, wen er denn nun schützt: die Frau vor Übergriffen, oder den Herren Migranten vor Rassismus?

Deswegen predigt der Feminismus ja bis heute weltweit den Sexismus des „alten weißen Mannes“,  so als gäbe es in Indien keine Massenvergewaltigungen und in arabischen Staaten keine Steinigungen von vergewaltigten Frauen.  Feminismus nennt sich jetzt „intersektional“, das ist eines der Beiboote der Gender-Bewegung.

Man hütet jetzt die Opfer von Mehrfach-Diskriminierungen und kümmert sich um alle Formen der Diskriminierung gleichzeitig. Lustig wird es, wenn die einzelnen  Opfergruppen innerhalb des intersektionalen Gender-Topf sich untereinander nicht leiden können und bekämpfen. Dann kommen die amtlichen Opferbeauftragten bei #aufschrei, #ausnahmslos und #metoo nämlich in die Bredouille, auf wessen Seite sie sich schlagen sollen.

Wenn sich also der Herr Zuwanderer, den man vor Diskriminierung als Ausländer schützen will, an der Frau vergreift, die nun traditionell zum feministischen Opferpotenzial gehört, ist die Nachwuchsfeministin ratlos. Also macht sie die Augen zu und behauptet einfach, es gäbe sowas wie eine dramatischen Anstieg von Übergriffen auf Frauen durch Zuwanderung aus islamisch geprägten Ländern nicht.

Und wer das Gegenteil behauptet, der lügt und ist Rassist. Gleiches passiert auch bei den Übergriffen auf Schwule, die wir in deutschen Großstädten inzwischen wieder haben. Auch da wissen sie nicht, was tun sollen: zu den Tätern halten, die sehr häufig ausländische Wurzeln haben, oder zu den Opfern, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung von Gewalt bedroht werden?  Immer wenn wir es also mi den „falschen“ Tätern zu tun haben, machen wir also die Augen zu oder behaupten einfach was anderes. Das ist Pippi-Langstrumpf-Logik.

FP: Nochmal #metoo – viele Frauen reden jetzt über lang zurück liegende Ereignisse. Was denken Sie – warum schwiegen diese Frauen bis jetzt?

BK: Ich glaube es gibt zwei Kategorien: Diejenigen, die wirklich Opfer waren, sich geschämt haben, nicht wussten, wem sie es sagen sollten, Oder damals dachten: Mir glaubt das sowieso keiner. Das ist gut, wenn sie jetzt reden.  Und dann gibt es auch diejenigen, die sich im Opfermodus ganz gut gefallen und auf das Trittbrett aufspringen. Jedes falsche Kompliment vor 20 Jahren reicht da aus, um mit „Opfer“ zu sein. Das ist entwürdigend für all jene, die wirklich Probleme hatten, dass sie sich nun auf eine Stufe stellen lassen müssen mit jenen Geschlechtsgenossinnen, die sich nur wichtigmachen wollen, oder auch nur überempfindliche Mimöschen sind.

FP: Zurück zu „Muttertier“: durch Ihr Engagement und Ihre Bekanntheit kommen Sie mit vielen Müttern ins Gespräch – welches Familienmodell wird in Ihrem privaten und beruflichen Umfeld am meisten gelebt bzw. für welches familiäre Modell würden die Frauen, mit denen Sie zu tun haben, sich entscheiden, wenn Sie die Wahl hätten?

BK: In meinem eigenen Umfeld dominiert die Frau in Teilzeit-Erwerbstätigkeit mit dem vollerwerbstätigen Ehemann würde ich sagen.  Bei den Älteren auch das Modell der ehrenamtlich tätigen Mutter und des Vollzeit-berufstätigen Vaters. Bei den Jüngeren kenne ich viele Mütter, die mit zwei, drei oder auch vier Kindern nicht berufstätig sind und das genießen.

Die meisten die ich kenne, erleben die Berufstätigkeit mit kleinen Kindern als notwendiges Übel, nicht aber als Erfüllung oder gar emanzipatorischen Akt. Es geht schlicht darum, den Familienunterhalt zu bestreiten und gleichzeitig möglichst genug Zeit für die Kinder zu haben. In der Regel ein Drahtseilakt.

FP: Was halten Sie von der aktuellen Familienministerin?

BK: Ach, wir haben eine? Ich glaub den Namen muss man sich nicht merken. Solange nicht jemand kommt, der außer „noch mehr Frauenquote“ und „noch mehr Krippen-Plätze“ nicht was Neues formuliert, müssen wir uns mit den austauschbaren Hintern auf den Stühlen nicht ernsthaft befassen.

FP: Angenommen, Sie hätten ab morgen das Amt der Familienministerin inne, welche drei Dinge würden Sie zuerst angehen?

BK: Als erstes das Rentensystem verändern: wer Kinder großgezogen hat, muss dafür belohnt werden, anstatt bestraft zu werden im Alter. Wer keine Kinder hat, muss privat stärker vorsorgen. Das wäre fair und würde eventuell sogar ein Umdenken über den Wert von Kindern und Erziehungsarbeit bewirken.

Als zweites:  Streichung der Steuergelder für sinnlose Gender-Forschung und Projekte. Nur wer wissenschaftliches Arbeiten vorweisen kann, bekommt Budgets. Die Genderlehrstühle weg, dafür mal ein Dutzend neue Lehrstühle zur Forschung in Sachen Demographie.  Wir brauchen eine stabile Gesellschaftspolitik und nicht Gender-Beauftragte, die geschlechtssensible Parkanlagen planen.

Als Drittes wird das Steuersystem so umgestellt, dass wir zum Ehegattensplitting zusätzlich ein Familiensplitting einführen. Den Familien nicht so viel Geld wegnehmen, dann brauchen sie auch nicht anschließend Sozialleistungen. Und dann setzen wir die Mehrwertsteuer für Babybrei und Windeln, für Kinderschuhe und Schulsachen auf 7 Prozent runter und dafür die Mehrwertsteuer für Hunde- und Katzenfutter auf 19 Prozent rauf. Es kann nicht sein, dass es günstiger ist, Haustiere zu ernähren, anstatt die eigenen Kinder.

Mehr zu Birgit Kelles Bestseller erfahren Sie hier: Muttertier 

 

Bildnachweis: Kerstin Pukall

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