Katja zum Thema Alleingeburt. So natürlich und authentisch wie möglich leben, sich gesund ernähren, die Umwelt schonen, auf Luxusprodukte verzichten, auf sich achtgeben – alles Dinge, die richtig und wichtig sind. Eigentlich gibt es diesen Lebensstil schon lange, wurde aber noch vor einigen Jahren von einer eher überschaubaren Anhängerschaft gepflegt.
Heute aber scheint die Zahl derer, die irgendeinen alternativen Lebensstil pflegen, schier unendlich, auch herrscht in der Fülle der alternativen Lebensweisen eine große Unübersichtlichkeit.
Zu viele Formen, anders – eben alternativ – zu leben gibt es. Neben vernünftigen Lebensweisen ist freilich viel Spinnerei dabei und somit – nicht zuletzt durch das Internet – oft nicht mehr zu unterscheiden, zwischen sinnvollem Konzept und esoterischem Hype.
Viele “Falsche Fuffziger” in Szene unterwegs
Deshalb verwundert es nicht, dass – in Sachen alternativer Lebensformen – eine Menge „Gurus“, Coaches und selbsternannte Experten ihr Unwesen treiben. Online und offline.
Logisch, dass sich auf diesem Terrain eine Menge schwarzer Schafe und unzählige Menschen mit Hang zu eher fragwürdigen Lebensweisen tummeln.
So mancher erinnert sich vielleicht noch an die Diskussion um die Anhänger der sogenannten „Steinzeit“-Ernährung, die darauf beruht, so zu essen, wie es einst unsere frühen Vorfahren taten.
Sehr zweifelhaft – gewiss. Doch die Anhänger dieser Ernährungsform sehen das freilich anders. Wie auch die Fans des veganen Lebensstils, der – wie auch der vegetarische – nicht in allen Belangen das „Gelbe vom Ei“ sein dürfte. Allerdings ruft zumindest die vegetarische Lebensweise kaum mehr noch ein Kopfschütteln hervor – zu groß ist die Anhängerschaft, zu etabliert diese Ernährungsweise.
Alternativen Lebensweisen wird aber längst nicht mehr nur im im Bereich des Kulinarischen gefrönt, sondern auch in Sachen Geburt.
Alleingeburt großes Thema im Netz
Die Alleingeburt ist ein großes Thema, vor allem im Netz. Im Mittelpunkt steht dabei die Entbindung fernab von Klinik oder Geburtshaus.
Wie naiv dieser fundamentale Vorgang im Leben einer Frau bisweilen angegangen wird, zeigt ein Bericht im vorletzten SPIEGEL.
Das linke Blatt, das im Zweifel wohl stets eher alternative Lebensweisen hypen und favorisieren würde, schlägt bei diesem Thema ungewöhnlich realistische und ernste Töne an.
So stellt es eine Frau vor, die ihr Kind namens “Unity” per Alleingeburt zur Welt gebracht hat. Zitat:
„Unitys Mutter sagt, sie habe sich vor Geburtsschmerzen und „externer Fremdbestimmung“ im Krankenhaus oder beim Frauenarzt gefürchtet. Um sich nicht verunsichern zu lassen, ließ sie Vorsorgeuntersuchungen ausfallen. Die 33-Jährige meditierte lieber auf Waldlichtungen, zelebrierte Feuerzeremonien, machte nach dem Aufstehen Yoga.“
Nachdem die Frau – laut dem SPIEGEL-Bericht – ihr Kind in einem Geburtspool von Amazon daheim zur Welt gebracht hat, freute sie sich über die „singenden, wunderschönen Laute“ ihres Babys.
Diese Laute jedoch sollten sich nur kurze Zeit später als Folge von Atemproblemen herausstellen, da das Kind zu früh auf die Welt gekommen war. Dass es überhaupt von einem Arzt untersucht wurde, lag daran, dass Mitarbeiter des Jugendamtes die Frau und ihren Mann überraschend besuchten – eine Woche nach der Geburt.
Sicher ist eine Geburt das Natürlichste der Welt, aber ist es wirklich das Nonplusultra, sein Kind per Alleingeburt zur Welt zu bringen, ganz ohne medizinische Versorgung in Reichweite?
In dem besagten SPIEGEL-Artikel kommen dazu auch Experten zu Wort.
Hebamme stehen in Sachen Alleingeburt “Haare zu Berge”
So gibt eine Hebamme an, dass „ihr die Haare zu Berge stehen“, wenn sie Videos von Alleingeburten im Internet sieht (auch das ist ja ein überaus fragwürdiger Trend, dass viele Frauen – ob Alleingeburt oder nicht – die Entbindung digital mit aller Welt teilen, live oder im Nachgang, das aber nur am Rande!).
„Natürlich könne eine Frau allein entbinden, es sei nur „hirnverbrannt“, wird zudem ein Baby-Notarzt in dem Artikel zitiert.
Chefarzt Holger Maul, vom Marienkrankenhaus Hamburg, sagte dem SPIEGEL:
„Unsere Großmütter wussten noch, dass man bei einer Geburt auch sterben kann.“
Grotesk irgendwie, dass sich zwar viele einem Lebensstil wie in alten Zeiten hingeben wollen, aber dabei die Risiken ausblenden.
Während man bei Omas Koch- und Erkältungsrezepten kaum was verkehrt machen kann und gegen diese Lebensweise – wie in „Großmutters Zeiten“ – dahingehend kaum etwas einzuwenden ist (im Gegenteil), ist aber eine Geburt noch mal eine ganz andere Hausnummer.
Sich hier einer medizinischen Betreuung/Überwachung vollends zu entziehen, sobald es ernst wird, kann sehr heikel sein!
Zu naive Sichtweise in Sachen “alternativ”?
Ähnlich schaut`s ja auch beim Thema „Impfen“ aus – ein ganz heißes Eisen! Viele wittern hier eine Verschwörung der Pharma-Industrie und lassen ihr Kind schon aus Prinzip nicht impfen.
Dass Pharma-Konzerne sich eine goldene Nase verdienen und nicht selten die Gier eine Rolle spielt – da ist sicher was dran. Aber auch hier sollte man die Kirche im Dorf und einfach mal Fakten sprechen lassen.
Und die bestehen nun mal aus Tatsachen. Ein Blick in die Dritte Welt – und zurück zu uns! – sollte da eigentlich genügen. Nicht umsonst sind viele Krankheiten in unseren Breitengraden längst ausgerottet.
Aber zurück zum fragwürdigen Phänomen „Alleingeburt“.
Der Kinderarzt Wendeborn sagt im erwähnten Artikel folgendes:
„Vielen Eltern gehe es zu gut, als dass sie die Errungenschaften der modernen Medizin zu schätzen wissen“.
Er hält das Ganze für ein „Dekadenzphänomen“. Könnte was dran sein! Auch auf die Impfthematik könnte das zutreffen.
“Dekadenzphänomen” auch in Sachen “Alleingeburt”?
Das „Dekadenzphänomen“ hat sich mittlerweile so verbreitet, dass im Internet – wo sonst?! – bereits Blogs und Websites bestehen, auf denen selbsternannte Experten (die eher der Hauch ominöser Gurus umgibt) ihre fragwürdigen Ratschläge zum Besten geben.
„Positives Denken“ wird, im Zusammenhang mit einer Alleingeburt, oft empfohlen – ein mehr als naiver, blauäugiger und gefährlicher Ratschlag!
Selbst der Geburtsmediziner Sven Hildebrandt, der der interventionsreichen Geburt sehr kritisch gegenüber steht, rät Frauen von Alleingeburten ab. Der Professor für Frauenheilkunde wird im SPIEGEL folgendermaßen zitiert:
„Erstens seien Hebammen keine Störfaktoren bei einer Geburt. Zweitens sei es gänzlich unnatürlich, allein zu gebären. Schafe oder Ziegen machen das, aber nicht Primaten oder Menschen. Drittens überschätzten Alleingebärende möglicherweise ihre Intuition – mit schwerwiegenden Folgen für die Sicherheit“.
Klare und eindeutige Worte, die unmissverständlich sind!
Natürlich muss jede Frau für sich entscheiden, wie sie die Geburt ihres Kindes angeht. Sie sollte jedoch die Risiken nicht in den Wind schlagen und sich im Vorfeld unbedingt über selbige informieren!
Alternativer Lebensstil hin oder her – aber aufgrund der Tatsache, dass schon ein paar Minuten Sauerstoff-Unterversorgung das Gehirn des Babys schädigen und gar den Tod des Kindes bedeuten können, sollte man eines zu schätzen wissen (und am besten darauf nicht verzichten):
die medizinischen Errungenschaften und Möglichkeiten unserer modernen Gesellschaft!
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Da hat wohl jemand absolut kein Vertrauen in die Kraft der Frau, vor allem während der Geburt. Ein ziemlich Vorurteil belastender Artikel der nicht einmal die positiven Seiten einer Allein oder Hausgeburt aufzeigt. Unschön zu lesen, mit Sicherheit vor allem für Frauen welche sowieso schon Sorgen vor der Geburt haben. Was sind denn da für seltsame Zitate drin, ich kann nur den Kopf schütteln. Unnatürlich alleine zu gebären, wie kann denn solch eine Geburt unnatürlich sein ? Ist es nicht wichtiger Frauen zu bekräftigen anstatt Angst und Vorurteile zu verbreiten ?? Warum Frauen bewusst ein Risiko bei einer Alleingeburt eingehen …. warum gehen denn viele gesunde Schwangere ins Krankenhaus um dort ihr Kind in unnatürlicher Haltung zu gebären und sich dem Stress dort auszuliefern ? Eine Geburt ist das Natürlichste überhaupt und es sollte zu dem Thema nicht ein derartiger Druck auf die Frauen ausgeübt werden.