Alter BauerngartenEin Gastbeitrag von Kathleen über das Landleben. Frisch gemähte Wiesen, der oftmals latente Geruch nach Tier und Stall, die Würzigkeit in der Luft – Stadtmenschen kennen das meistens nur von Besuchen oder Urlauben auf dem Land. Oder von „früher“, als man in Ferienlager fuhr, die sich zum größten Teil im ländlichen Raum befanden.

Ich selbst bin Stadtkind und bin in den warmen Monaten Wochenende für Wochenende mit meiner Familie ins nahe gelegene Wochenendhaus aufs Land gefahren. Allerdings hat man als Kind die Natur noch nicht so übermäßig zu schätzen gewusst – zumindest ging mir das so.

Auf dem Land immer genügend Spielkameraden!

Die Zeit dort wurde fast ausschließlich im Freien verbracht und da sich diese Wochenendhäuser meist in Siedlungen befanden, waren auch immer genügend Spielkameraden in der Nähe. Fast nebenbei lernte man die Bewohner von Wald und Flur kennen und interessierte sich mit kindlicher Neugier für alles, was da so an Tieren „kreuchte und fleuchte“.

Die tolle Luft war eher nebensächlich. Man spürte zwar den Unterschied zur Abgas geplagten City, aber so wirklich maß man diesem Vorzug keine Bedeutung bei.

Meine Mutter allerdings liebte vor allem die abendliche Luft der ländlichen Gegend, in dem sich unser Wochenenddomizil befand und genoss diese einmal mehr, wenn es geregnet hat.

Für uns Kinder war das  – wie beschrieben – eher nicht so eine große Sache, dieses Landleben, es war so und gut.

Im Teenie-Alter wurde das mit dem Wochenendhaus außerdem richtig lästig.

Ich erinnere mich, dass ich es hasste, mit 15 oder 16 Jahren, im Sommer Freitag für Freitag in ländliche Gefilde fahren und dort die Zeit im Zweitsitz verbringen zu müssen.

Früher war die Fahrt aufs Land eher lästig

Meine Eltern jedoch blieben hart und es gab kein Entrinnen vor dem „Freitag-bis-Sonntag“-Ritual. Zu der Zeit schien mir das Ganze wie ein Gefängnis, eine Zeitlang verkrümelte ich mich bei jeder Gelegenheit an einen einsamen Bach und rauchte heimlich.

Und beneidete meine Freunde, die in der Stadt geblieben sind und Freitags und Sonnabends die Diskotheken unsicher machen konnten.

Meist war das die Mehrzahl der Jugendlichen, da in meinem Umfeld damals nur einige wenige Eltern ein Wochenendhaus ihr Eigen nannten.

Dass das in Wirklichkeit ein Segen war und meine Eltern die Zeit dort in vollen Zügen genossen, konnte ich erst viel, viel später nachvollziehen.

Denn auch als junge Frau wurde ich noch nicht zur Naturliebhaberin bzw. kein Fan vom Landleben – stets zog es mich in pulsierende Städte. Immer mittendrin – da lebte ich. Eine Naturverbundenheit über Gebühr konnte ich an mir nicht feststellen, im schönen Stadtpark spazieren zu gehen oder regelmäßige Wochenendausflüge genügten allemal.

Auf dem Land leben? Nicht vorstellbar!

Fuhr ich „über Land“ – wie man so schön sagt – konnte ich mir niemals vorstellen, je auf einem Dorf zu leben. Eher wäre seinerzeit eine Mars-Mission realistischer für mich gewesen…!

Außerdem fand ich „Dorfmenschen“ komisch, ordnete sie gar als etwas weltfremd ein. Heute unvorstellbar für mich, denn Sie ahnen es vielleicht schon:

ich lebe nunmehr –  auf dem Dorf!

Die Entscheidung dazu setzte sich aus vielen Faktoren zusammen, die wichtigsten waren familiärer Nachwuchs und kaum bezahlbare Wohnungen in dem Stadtviertel, in dem ich lange lebte und das ich mochte.

Auch Kindergärtenplätze sind in Städten oft Mangelware. Ein Fakt, den ich in „Vor-Mutter“-Zeiten nie wahrgenommen habe, warum auch?! Als unabhängige (Single)Frau beschäftigt man sich mit sowas einfach nicht.

Ich wurde eiskalt erwischt, als ich mich – später dann – nach eben jenen Dingen umsah. Dass gerade der Unterschied von Stadt zu Land in Sachen „Kindergartenplätze“ so eklatant war, hätte ich beispielsweise niemals gedacht.

In der Stadt hieß es „Warteliste und kaum eine Chance“.

Kindergartenplatz und Immobilie – kein Thema auf dem Land

Als ich mich im ländlichen Raum erkundigte, stellte ich fest, dass es dort keine Seltenheit war, wenn zehn freie Plätze in einem Kindergarten frei waren.

Den wichtigsten Ausschlag, den Lebensmittelpunkt aufs Land zu verlegen und sich dem Landleben zu widmen, hat dann aber der Umstand, dass es in der ländlichen Region preiswertes Eigentum gibt, gegeben. In den meisten Städten ist eine eigene Immobilie – egal ob Haus oder Eigentumswohnung – für Normalverdiener ja leider unbezahlbar geworden.

Und so landete unsere Familie auf dem Dorf.

Landleben jetzt ein Genuss!

Und – was soll ich sagen: gerade jetzt, im Sommer, wo tausend Düfte, die es so nur auf dem Land gibt, die Luft fein durchziehen, diese Mischung aus frisch gemähtem Rasen, Feldern und Kuhmist, genieße ich das ländliche Flair am meisten.

Zudem weckt dieser Duft Erinnerungen tief in mir, bringt irgendwie das Ferienlager- und Wochenendhausgefühl von damals zurück.

Dieses Gefühl, dem ich vor Jahrzehnten null Bedeutung beigemessen und es – bei meinen Eltern in der Wochenendhaus-Zeit – stets belächelt hatte.

Liegt vielleicht auch daran, dass man nun selbst zur Eltern-Generation gehört und es zu schätzen weiß, sich in der Natur vom Alltagsstress zu erholen.

Dieser Wunsch trieb früher auch meine Eltern freitags aus der Stadt.

Jetzt kann ich´s verstehen! Und wie!

Dass ich außerdem die Natur direkt vor der Haustür habe, lässt bei mir jeden Tag ein Feriengefühl aufkommen. Und – ganz wie meine Mutter – mag ich am liebsten den Abend heranziehen.

Wenn die Stille, die auf dem Land `eh schon vorhanden ist, sich noch einmal verstärkt, einen diese total erholsame Ruhe umgibt und von den Auen die kühl-würzige Luft der nahenden Nacht heranzieht.

Einfach ein Traum!

Den ich jetzt ganz bewusst und gerne lebe.

In der Stadt bin ich deshalb auch nur noch selten.

Wenn ich „reinfahre“, wie das so schön heißt und ich die Hektik, die Abgase und die Unmengen von Menschen verspüre und sehe, kann ich absolut nicht mehr begreifen, dass ich mal ein urban-stylisher Stadtmensch war. Und dieses Leben auch noch geliebt habe!

Es kommt mir vor, als wäre das ein  anderes Leben gewesen. In solchen Situationen habe ich nur den einen Drang: wieder zurück aufs Land.

So schnell wie möglich!

Bildnachweis: Fotolia, https://de.fotolia.com/id/86067086

Datei: #86067086 | Urheber: Jeanette Dietl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert