Ein Gastbeitrag von Lucie Gremmler.
Gestern Nachmittag – ich wollte nur eben noch ein Haarshampoo kaufen. Meine Tante wartete im Auto, wir waren den ganzen Tag unterwegs, nun sollte es nach Hause gehen. Letzte Station Einkaufscenter…
Ich sprang also rasch in einen großen Drogeriemarkt, um meine Haarwäsche zu besorgen.
Da ich keine bestimmte Marke habe und mir das auch nicht wichtig ist, wollte ich einfach nur zugreifen, zur Kasse, und wieder raus. Das war jedoch unmöglich, denn ein „normales“ Shampoo war zunächst gar nicht zu sehen. Stattdessen meterlange Reihen von Shampoo-Produkten, die mit allerlei exotischem Krimskrams aufwarteten und in vielen schrillen Farben nach Kunden „schrien“.
Wahrscheinlich fällt einem so was nur auf, wenn man es eilig hat.
Ganz ehrlich: in dem Moment, in dem ich in ebendieser Eile war, ertappte ich mich dabei, mir – ganz kurz nur – die DDR zurück zu wünschen. Da wäre ich nämlich längst schon wieder aus dem Laden raus, hätte meine Haarwäsche und gut.
Aber hier, in dem riesigen Labyrinth des Überangebotes, verschwendete ich wertvolle Lebenszeit, damit, mich – auf dem Weg zum stinknormalen Shampoo – durch -zig Sorten von Haarshampoos arbeiten zu müssen, die kein Mensch braucht.
Warum kann es nicht drei Sorten geben und gut ist es? Wer braucht Zusätze mit Papaya, mit Pfirsich oder Kokos? Reichte nicht ein ganz normales Shampoo, vielleicht noch eines für Kinder und meinetwegen eines für Schuppen-Geplagte?
Wo bitte soll all dieses verdammte Plastik, mit dem das Produkt umhüllt ist, jemals abgebaut werden? Und – wann? Im übernächsten Leben? Außerdem: wer weiß schon wirklich, was drin ist, in all den idiotischen Zusätzen, die vielleicht am Ende noch unverträglich oder – im schlimmsten Falle – gesundheitsschädlich sind!
Das trifft prinzipiell auf Kosmetikprodukte aller Art zu – zumindest für die weibliche Zielgruppe.
60 neue Lipgloss pro Saison sind keine Seltenheit! Auch hier wird mit verschiedensten Zusätzen geworben – von Erdbeere über Zitrone bis Kirschgeschmack, alles dabei! DAS kann nicht gesund sein!
Dasselbe Spiel mit Lotions für den Körper – der geneigten Konsumentin werden meterlange Regalreihen präsentiert, aus der sie sich die Bodycreme ihrer Wahl ziehen kann. Freilich spielen auch hier die verschiedensten Specials eine Rolle. Kaum eine Creme, die pur auskommt, angepriesen werden zumeist Produkte mit Zusätzen aus karibischen Ländern, die – angeblich veredelnd – beigegeben wurden.
Das meiste allerdings dürfte aus dem Chemielabor stammen und keineswegs aus der „karibischen Frische“!
Ich selbst habe mir aus derlei Produkten nie viel gemacht – ich nutze die normalen Grund-Hygiene-Artikel, eine preiswerte Gesichtscreme ohne Schnickschnack, im Sommer Sonnencreme und gut ist!
Der Konsum-Hype für Kosmetikartikel ist für mich absolut unverständlich und noch unverständlicher für mich ist, dass es eine Riesen-Armada von Bloggern – zumeist ja Bloggerinnen – gibt, die den ganzen Tag über nichts anderes machen, als Kosmetikprodukte aller Art auszuprobieren und darüber hysterische Artikel zu schreiben.
Was bitte, soll interessant daran sein, dass der –zig Millionste Lippenstift rausgekommen ist, in einer Farbe, die es so auch schon hunderttausendfach gab? Was gibt es da zu jubeln und – vor allem – WER bitte liest sowas?
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es Leute gibt, die damit beschäftigt sind, sich Blog-Artikel durchzulesen, über irgendein neues Produkt aus den Drogerie-Märkten mit den meterlangen Regalen!
Sollte ich einen Lippenstift benötigen, dann ziehe ich los und kaufe mir den. Mich im Vorab darüber im Web zu belesen – auf eine solche Idee würde ich niemals kommen. Für Bücher träfe das zu, für Reisen und Ausflugsziele – ja! Doch nicht für irgendwelchen Kosmetik-Krimskrams!
Aber dennoch: scrollt man sich durch die sozialen Netzwerke, kann man drauf warten, dass einem schon morgens um zehn unzählige „Beauty-Blogs“ über den virtuellen Weg laufen. Da werden Nagellacke besprochen, Schminkpinsel präsentiert, diskutiert man über den neuesten Lidschatten.
Erwachsene Frauen freuen sich, wenn sie irgendeine Beatuy-Box von einem Kosmetik- oder Drogerie-Riesen übersandt bekommen haben, fotografieren den Inhalt und bloggen darüber.
Ich verstehe das nicht! Ich kann – sorry – daran nichts Sinnvolles finden!
Auch die fast hysterisch anmutenden, digitalen Freudentänze, wenn FRAU zu einem Blogger-Treffen in Sachen „Beauty & Kosmetik“ eingeladen ist, wirken auf mich irritierend und befremdend.
Ich frage mich: merken die alle nicht, wie sie zu kostenlosen (oder sehr günstigen) PR-Scouts mutieren und die gewinngierigen Konzerne wahrscheinlich vor Lachen (über so viel – nun – Dummheit) nicht in Schlaf kommen?! Angesichts der Heerscharen willig-naiver Lemminge, die kostenfrei oder für lächerliche Werbegeschenke respektive Kleinstbeträge fleißig Produktwerbung machen?
Ich kann nur den Kopf schütteln über derlei Beschäftigungen, wobei das natürlich Privatsache und jedem selbst überlassen ist.
Allerdings: lohnt nicht vielleicht der Blick über den Tellerrand hinaus – gern auch nur in die Nachbarschaft? Eventuell ist ja hier die eigene Energie bei karikativen Projekten oder/und Menschen, die sozial benachteiligt sind, tausend Mal besser investiert, als stundenlang einen neuen Lipstick zu beschreiben?
Der sich – um ehrlich zu sein – doch nicht von einem Artikel unterscheidet, den es – sagen wir – 1987 auch schon gab!
Mein Tipp an alle Beautyblogger/innen: mal drüber nachdenken!
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