Das letzte Wochenende hatte es in sich: in Mecklenburg-Vorpommern waren Wahlen. Die Partei der Bundeskanzlerin verlor haushoch und wurde von der AfD überholt.

Seit dem quillt der digitale Hass aus allen Kanälen, schlimmer als je zuvor.

Ging es vorher schon – ob der nationalen Lage – nicht fein zu, auf Facebook, Twitter & Co., brachen nun alle Dämme.

Von „brauner Scheiße“ war die Rede, wenn eigentlich die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern gemeint waren, von „dummen Leuten an der Küste“, „Kackbratzen, die nichts verstanden hätten und abgehängt seien“.

So mancher schwor, nie wieder seinen Urlaub an der Küste „Meck-Poms“, wie die Region auch genannt wird, zu verbringen und selbst ein Grünen-Politiker twitterte, dass MV das „am dümmsten besiedelte Bundesland“ sei.

Wo vorher – bereits auch schon durch die Politik der Kanzlerin – ein feiner Riss in der Gesellschaft bröckelte, gähnt nun ein großer Graben – um die Situation verbildlicht auszudrücken.

Er zieht sich durch die gesamte deutsche Bevölkerung, trennt aber wohl am stärksten Ost und West. Ehemalige DDR-Bürger werden hasserfüllt in den sozialen Medien beschimpft, ihre Herkunft sehr oft gleichgesetzt mit „ungebildet“, „dumpf“ und „rechts“. Die so Geschmähten poltern freilich zurück, nennen westdeutsche Bürger „linksgrünversifft“, „gehirngewaschen“ und Gebiete der Bundesrepublik als „verloren“.

Natürlich mischen hier nicht alle „Wessis“ und auch nicht alle “Ossis“ mit, aber das Bild, das man sich durch die sozialen Medien machen kann, zeigt schon auf, dass noch lange nicht zusammen gewachsen ist, was doch eigentlich zusammen gehört.

Auffällig dabei ist, dass sich bekannte Redaktionen dem Ossi-Bashing anschliessen, auch nicht so bekannte Medien hauen feste mit drauf, in einem Stil, der sich schon in den Kommentarspalten nicht gehört.

Schnell werden angebliche Experten zitiert, die haarsträubende Dinge von sich geben. Dass ostdeutscher Fremdenhass durch die DDR-Erziehung entstanden ist, zum Beispiel. Dass der Großteil der Ostdeutschen abgehängt ist. Oder sich als Wendeverlierer sieht.

Fakt ist: das stimmt schlichtweg nicht.

Hüben wie drüben gibt es fleißige Menschen, nicht so fleißige Menschen, dumme Leute, intelligente Leute, böse und gute Personen. Ganz klar. Und „abgehängt“ fühlt sich wohl auch in Westdeutschland so mancher! Das ist doch keine Frage der Himmelsrichtung!

Apropos Frage: natürlich bleibt die Frage, warum ausgerechnet im Osten Deutschlands so viele Menschen die merkelsche Politik, vor allem die Asylpolitik, ablehnen und sich dort so großer Protest dagegen formiert?

Aber wo Fragen sind, da sind auch Antworten.

Auf einige möchte ich hier eingehen, ebenso wie ich einige Vorurteile über Ossis entkräften bzw. als nichtig erklären möchte – natürlich ohne Anspruch, dies hier wissenschaftlich zu tun. Meine Expertise ist meine ostdeutsche Heimat.

Also: der Großteil der Ostdeutschen ist nicht fremdenfeindlich. Den tumben Skinhead mit Springerstiefel und Bierflasche gibt es deutschlandweit überall, Tendenz aber eher abnehmend.

Ostdeutsche sind schon zu DDR-Zeiten viel und gern gereist. In ausländische Länder, die man sich leisten und bereisen konnte, da fuhr der Ossi auch hin. Diese Tatsache wurde sogar mal in einem Lied besungen, sogar noch in Verbindung mit jenen, die sich in diesen Zeiten am meisten das Attribut „tumb“ gefallen lassen müssen: den Sachsen.

„Sing mei Sachse sing“ – zumindest der Ossi kennt diesen Gassenhauer der einstigen DDR.

Ebenso gestalteten sich Projekte mit Ausländern – sei es in Schulprojekten oder in Betrieben – zu DDR-Zeiten überwiegend komplikationslos, die Ostdeutschen gingen in der Mehrheit freundlich auf diese Menschen zu. Ausländer, die unter Honecker auf Zeit im Lande arbeiteten oder/und ausgebildet wurden, wurden viel und oft auch in die Gemeinschaft integriert, mit einbezogen. Auf der Arbeit, beim Feiern, in der Freizeit.

Wurde allerdings das Messer seitens eines Ausländers gezückt – ja, auch das kam vor! – war es vorbei mit der Sympathie, sowohl von höchster Ebene als auch beim nächsten Nachbarn. Abschiebung hieß dann das Gebot der Stunde. Solche Menschen, die das Gastrecht missbrauchten, hatten dann ihren Aufenthalt in der DDR verwirkt.

Daran ist weder irgendwas fremdenfeindlich noch rassistisch, das ist ganz normaler Menschenverstand.So wie man auch als Privatperson Gäste, die einen bedrohen, seines eigenen Hauses verweisen würde.

Oft hört man auch, dass die Ossis spießige Leute wären, rückwärtsgewandt und sich nach alten Zeiten sehnend. „Heimatverbunden“ setzt man bei meinen Landsleuten oft mit „völkisch“ gleich.

Zunächst: wenn „früher“ etwas besser war, dann darf man sich danach auch sehnen, warum auch nicht?!

Zumal wohl jeder individuell für sich entscheidet, was er vor Jahren besser – oder auch schlechter – fand.

Manche Leute bedauern, dass heute nicht mehr an jeder Ecke Kaugummi-Automaten stehen und manche Leute sehnen sich eben nach der Sicherheit, die der deutsche Staat seinen Bürgern bis vor kurzem noch gewährte. Zumindest eine solche Sicherheit, die einen, vor allem als Frau, durch die Straßen des Landes oder in Schwimmbäder gehen ließ, ohne Angst haben zu müssen, begrapscht oder gar vergewaltigt zu werden.

So dürften allerdings viele Bürger ticken – unabhängig ob sie in Ost- oder Westdeutschland wohnen.

Die Sache ist nur die: der Ostdeutsche formuliert dieses Unbehagen laut. Und auf der Straße. In Form von Demonstrationen, mit Aktionen und oft mischt er auch in entsprechenden Bürger-Initiativen mit.

Das tut er deshalb, weil er die extreme Differenz zwischen Politgeplapper, medialer Propaganda und der schlichten Realität tagtäglich mitbekommt.

Man sagt ja oft spöttisch, wenn man eine Information nicht wahrhaben möchte: „tja  – das hast Du wohl vom Bekannten eines Bekannten gehört?“.

Nur: wenn in diesen Tagen sehr viele Menschen vom Bekannten eines Bekannten hören, dass dort eine Cousine von einem “Flüchtling” begrapscht oder da die Erbtante im Park von einem Illegalen ausgeraubt wurde – das dringt sehr wohl zum Ossi vor.

Meine Freundin zum Beispiel erzählte mir vor einigen Tagen, dass die Schwester ihrer Friseuse, eine junge Mutti, vor Kurzem am hellerlichten Tag, auf einem idyllischen Feldweg in der mitteldeutschen Provinz, von zwei jungen Ausländern überfallen wurde. Der Kinderwagen, den sie vor sich her schob und mit dem sie nur eben ins nahe gelegene Nachbardorf laufen wollte, wurde von den beiden Tätern umgekippt, man raubte sie aus, das Baby fiel aus dem Wagen.

Die junge Mutter kam noch mal mit heiler Haut davon, doch diese aggressive Straftat, wir wissen es ja fast alle, hätte durchaus noch schlimmer ausgehen können!

Das ist real in Deutschland 2016, SOWAS passiert und warum sollte man einer solchen Information nicht glauben? Zumal sie – im Gegensatz zu den medial-tendenziösen Stories der zur Staatspropaganda verkommenen, einst führenden, Medien – eben wahr ist.

Steckt der gemeine Ossi nun seine Nase in derlei Presseerzeugnisse und liest dort tagein-tagaus von dankbaren „Flüchtlings“-Familien, die hier schnellstens Arbeit suchen und bereichernd für alle seien, dann fühlt er sich an die mediale Verhöhnung der DDR-Bürger erinnert. Und ist sauer. Stinksauer.

Wenn er dann noch von seinem Kollegen hört, dass dessen Tochter in – sagen wir – Halle an der Saale von jungen, männlichen „Flüchtlingen“ obszön angemacht wurde, sieht er die Bilder vom letzten Silvester in Köln vor sich oder verschlägt es ihn gar nach Berlin-Neukölln, dann geht er auf die Straße.

Weil er solche Zustände, wie dort, eben in seiner Heimat nicht haben möchte.

Warum auch?

Für ihn – den Ossi – sind Parallelgesellschaften weder bereichernd, noch die damit verbundenen Auswüchse (Kinderehen, vormittelalterliches Frauenbild usw.) in keinster Weise positiv.

Er lehnt sie ab und macht daraus keinen Hehl. Oft auf der Straße, im öffentlichen Raum, am Mikro. Und ist damit sofort „Nazi“ und „rechts“.

Vielleicht liegt es auch daran, dass im Osten die Heimat, die Heimatliebe, stets hochgehalten und gefördert wurde.

„Unsere Heimat, das sind nicht nur die Städte und Dörfer“ – so geht der Text eines Pionierliedes von damals. Unabhängig von FDJ-Hemd, Halstuch, Parteibuch & Co.: was es unter Honecker nicht gab, war die Unsitte, den Leuten die Heimatliebe auszutreiben.

Wahrscheinlich machte man das schon deshalb nicht, weil man aufkeimendes Fernweh beim Bürger des Arbeiter- und Bauernstaates gar nicht erst aufkommen lassen wollte.

Zwar gab es mit der Bezeichnung „Jahresendfigur“ statt „Engel“ auch in diesem damaligen, perfiden, System die Versuche, Traditionelles abzuschaffen, aber es verfing ebenso wenig wie heute die Parolen von der Notwendigkeit offener Grenzen und der angeblichen Bereicherung durch Fremde, die zum Großteil nicht mal in ihrer eigenen Sprache Lesen und Schreiben gelernt haben (aber angeblich zum Großteil Fachkräfte seien….!).

Und dass er – der Ossi – nun in Mecklenburg-Vorpommern an Merkel vorbei gekreuzelt hat, wo doch – so die Verwunderung manch naiver Zeitgenossen – in seiner Region gar nicht so viele Zuwanderer leben, hat was mit seiner Intelligenz zu tun.

So wie mit der Intelligenz vieler anderer Menschen – egal ob in Ost oder West – auch.

Die nämlich bei einem drohendem Hochwasser SOFORT die Sandsäcke stapeln und nicht erst, wenn es sie zu überfluten droht.

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