Ein Gastbeitrag von Brigitte.

Das eigene Glück endlich in die Hand nehmen, DEN Traumprinzen finden, entspannter leben, im Arbeitsalltag die richtige Work-Live-Balance finden, erfolgreicher zu werden, zu mehr Geld kommen, und, und, und…..es gibt wohl kein Thema, wofür sich nicht in der Buchhandlung ein Ratgeber findet.

Ich selbst weiß das aus Erfahrung, denn ich habe mir viele Jahre lang immer wieder solche Bücher gekauft – vorzugsweise vor dem Urlaub.

Ich hatte dabei immer das Ziel, nach dem Urlaub etwas zu verändern, den Alltag anders zu gestalten – entspannter und erfolgreicher eben, gern noch garniert mit dem Mann des Lebens (seinerzeit war ich Single).

So kam es, dass ich – auf dem Strandlaken liegend – meine Nase nicht in einen Roman sondern stets in irgendeinen Ratgeber steckte.

Weil ich aber auch ein Stück weit komisch bin, dahingehend, dass jeder sehen könnte, was ich lese, habe ich das jeweilige Buch meist in irgendwelches Pack- oder Geschenkpapier eingeschlagen, damit es von außen neutral ausschaut.

Ich bin zu der besagten Zeit immer mit meiner besten Freundin verreist – da wir beide lange Jahre Single waren, passte das immer gut.

Meine Freundin aber verzog jedes Mal die Miene, wenn ich meine Ratgeber-Schinken aus dem Koffer zog (manches Jahr hatte ich zwei bis drei dabei).

Sie las auch gern, aber im Urlaub begnügte sie sich mit platten Frauenzeitschriften, mit denen sie sich am Standkiosk eindeckte.

So lagen wir also auf unseren Decken im Sand – ich mit einem Riesen-Wälzer von Ratgeber, sie mit irgendeiner Zeitschrift, die sie dann und wann durchblätterte.

Während ich seinerzeit aus dieser Art Bücher jedes Wort aufsog, beschäftigte sich meine Freundin mit „Leute gucken“ und holte mich aus meiner Parallelwelt immer mal mit Worten wie „Guck mal, das Pärchen da – die haben sich eben gestritten, jetzt geht er erst mal weg“ oder „die beiden da drüben, das scheinen Chef und Geliebte zu sein“.

In ihren Zeitschriften blätterte sie indes nur wenig herum, während ich völlig in meine Literatur abtauchte.

Meist nahm sie mich so gefangen, dass ich mir schon im Urlaub vornahm, nach den Ferien zuhause sofort ein neues Leben zu beginnen – mit mehr Entspannung, mehr Erfolg und mehr Gelassenheit.

Viele dieser Ratgeber schaffen es nämlich tatsächlich, einen so in den Bann zu ziehen, dass man auf der Stelle sein ganzes Leben umkrempeln würde. Mir jedenfalls ging das immer so. Nach jedem dieser Werke (vorausgesetzt, es zog mich in den Bann – was aber oft vorkam) schmiedete ich bereits im Urlaub konkrete Pläne, wie ich mein Leben daheim zukünftig besser gestalten könnte.

Nicht selten klappte ich das Buch ein paar Minuten zu und stellte mir vor meinem geistigen Auge vor, wie ich meinen Alltag gänzlich umkrempelte und demnächst wirklich etwas weniger chaotisch und viiiieeeel entspannter leben würde.

Diese Tagträume wurden aber – wie erwähnt – meist von meiner Freundin unterbrochen, indem sie mich immer wieder an ihren Studien, die sie bei den anderen Strandgästen trieb, teilhaben ließ. „Guck mal – die beiden da drüben diskutieren, ob sie im Hotel oder auswärts zu Abend essen!“.

Meist brummelte ich nur ein gelangweiltes „Aha“ und las sogleich weiter, in meinem jeweiligen Ratgeber.

Ich schaffte von diesen Dingern im Urlaub mindestens einen, meist aber – bei einem Vierzehn-Tage-Trip – las ich zwei bis drei dieser Bücher.

Wenn sich die Ferien dem Ende neigten und die Heimfahrt anstand, war ich zumeist voller Motivation und Tatendrang, nicht selten machte ich mir sogar eine To-do-Liste, um ja vieles umzusetzen, was mich die Ratgeber lehrten.

Nun – um es kurz zu machen: daheim angekommen, hielten sich meine im Urlaub gefassten Vorsätze meist keine drei Wochen! Der alte Trott bekam immer wieder Oberwasser uns so richtig in den Alltag integrieren ließen sich die ganzen Ratgeber-Tipps kaum. Das wurde mir irgendwann klar.

Es dauerte noch einige Urlaube – nach demselben Muster – lang, bis ich begriff, dass es kein Ratgeber je schaffen würde, dass ich mein Leben komplett umkrempele oder/und ein ganz anderer Mensch werde: entspannter, etliche Kilo leichter, ordentlicher und glücklicher.

Insofern sage ich heute ganz klar: so gut wie alle Ratgeber sind rausgeschmissenes Geld – wenn überhaupt können sie kleine Impulse geben, mehr aber auch nicht.

Vielleicht liegt diese Erkenntnis aber auch am Alter?

Ich bin Anfang Vierzig und irgendwann von selbst viel gelassener geworden. Glücklicher auch und mit Diäten habe ich es `eh nicht so. Mein Gewicht, meine weiblichen Rundungen, habe ich irgendwann ganz von selbst akzeptiert – ohne meine Nase in einen Ratgeber zu stecken.

Was ich heute am Strand mache, wenn ich im Urlaub bin? Leute gucken!

Bildnachweis: pexels.com

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