…für Miteinander-Momente!
„Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“
Ein Gespräch zwischen unserer Autorin Astrid Korten und Margarete Frankenheim, Diplom-Sozialpädagogin, Gestalttherapeutin und Trauerbegleiterin im Kinderhospiz Regenbogenland in Düsseldorf.
Das Kinderhospiz Regenbogenland in Düsseldorf ist ein Ort, an dem Familien mit einem lebensbegrenzt erkrankten Kind Ruhe und Unterstützung finden. Das wichtigste Ziel ist es, Freude und Fröhlichkeit in das Leben der betroffenen Familien zu bringen und das Leben mit einem erkrankten Kind bewusst positiv zu gestalten. Im Regenbogenland steht die gesamte Familie im Vordergrund. Die erkrankten Kinder werden durch die Kinderkrankenschwestern und -Pfleger sowie externe Kinderärzte betreut. Für die Geschwister findet ein auf deren Bedürfnisse abgestimmtes Programm statt und die Eltern werden durch ein Familien- und Trauerteam begleitet. So bietet der Aufenthalt im Regenbogenland für die ganze Familie Gelegenheit, Kraft und Energie für die Bewältigung der Herausforderungen zu tanken.
Als ich den Termin mit Frau Frankenheim vereinbarte, hatte ich nur eine unklare Vorstellung davon, wie ein Kinderhospiz „funktioniert“. Ein Hospiz für Erwachsene hatte ich schon mal besucht, aber noch nie eins für Kinder.
Im Vorgarten des Kinderhospiz entdecke ich die Skulptur eines Kindes, das auf dem Kopf steht. Sie kommt mir symbolträchtig vor, denn die Welt eines Kindes, bei dem eine Heilung ausgeschlossen ist, und das seiner Familie, steht immer auf dem Kopf.
„In einer solchen Welt gibt es fröhliche und traurige Tage, in denen alles drunter und drüber geht“, erklärt mir Frau Frankenheim, nachdem wir im „Raum der Stille“ unser Gespräch beginnen.
Der Raum der Stille ist ein, in Aprikotfarben gehaltenes, gemütliches Zimmer, ein Ort des Rückzugs, um in der Stille in sich zu gehen, trauern zu können, zu beten oder zu meditieren. Er bietet den Angehörigen unter Berücksichtigung ihrer Religionszugehörigkeit und ihrer kulturellen Gebräuche die Möglichkeit der Trauer und der Auseinandersetzung mit dem Tod. Auch ist es ein Ort, um sich zu entspannen und beispielsweise eines der vielen Fachbücher zu lesen.
„Das Kinderhospiz Regenbogenland besteht seit Juni 2004“, so Frau Frankenheim. „Es ist ein Haus für Kinder und Jugendliche mit unheilbaren und lebensverkürzenden Erkrankungen. Unsere Arbeit wird geprägt von Leben und Freude und deshalb lautet der Leitsatz des Kinderhospiz Regenbogenland. „Es geht nicht darum dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“
Vom Tag der Diagnose an begleiten Kinderkrankenschwestern, SozialpädagogInnen, einen Seelsorger und einer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin, das erkrankte Kind und seine Familie. Mit der Möglichkeit einer zeitlich befristeten Aufnahme der betroffenen Kinder, deren Eltern und Geschwister, möchte das Regenbogenland die Betreuung und Pflege zu Hause in der Familie ergänzen.
Welche Kinder kommen zu Ihnen, Frau Frankenheim?
„Grundsätzlich finden Kinder – von ihrer Geburt an bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres – Aufnahme im Kinderhospiz, die an einer Erkrankung leiden, die progredient verläuft und bei der eine Heilung ausgeschlossen ist, bei der eine qualitativ-medizinische Behandlung notwendig ist oder gewünscht wird, oder die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung erwarten lässt.
Eine palliativ-medizinische Behandlung kommt insbesondere bei Erkrankungen des Nervensystems mit unaufhaltsam fortschreitenden Lähmungen, ein Endzustand einer chronischen Nieren-, Herz-, Verdauungs- oder Lungenerkrankung infrage. Oder eine Stoffwechselerkrankung, die im Kindesalter zum Tode führt, Muskelerkrankungen, fortschreitende Krebserkrankungen und das Vollbild der Infektionskrankheit AIDS.
„Wie sieht es mit dem Versorgungsumfang aus?“
„Die erkrankten Kinder können im Rahmen der Hospizpflege im Kinderhospiz Regenbogenland aufgenommen werden. Neben der Unterkunft und Verpflegung werden palliativ-medizinische, palliativ-pflegerische, soziale und geistig-seelische Leistungen, sowie Sterbe- und Trauerbegleitung erbracht.
Verkürzend erkrankte Kinder, die sich in ihrer letzten Lebensphase befinden, werden auf ihrem schweren Weg von einem professionellen Team versorgt. Hier steht jederzeit ein Zimmer für das Kind und ein Apartment für die Familie und Geschwister zur Verfügung. In der Regel genehmigen die Kassen einen Aufenthalt von acht Wochen. Auch das Familien- und Trauerteam steht in dieser Zeit der gesamten Familie rund um die Uhr zur Verfügung.
Sie sprachen von „Ruhe genießen“.
„Ein Ziel des Kinderhospizes ist es, die gesamte Familie zu begleiten. Sowohl die Eltern, als auch das erkrankte Kind und die Geschwister bekommen die Möglichkeit, sich zu erholen und zu neuen Kräften zu kommen. Das Lachen und die Lebensfreude wenn hierbei häufig in den Mittelpunkt gerückt. Die Familien lernen, die gemeinsame Zeit miteinander zu genießen und bewusst wahrzunehmen“, so Frau Frankenheim. „Wenn wir mit unserer Arbeit erreichen, dass die Familie für einige Tage „eine ganz normale Familie“ sein kann, dann haben wir unser Ziel erreicht.“
Im Regenbogenland werden die individuellen Wünsche und Vorlieben des erkrankten Kindes während des Tagesablaufes berücksichtigt. Neben der Pflege liegt das Hauptaugenmerk auf die Beschäftigung des erkrankten Kindes. Man bastelt, führt Gespräche miteinander, aber auch Ausflüge in den Park, ins Schwimmbad oder einen Einkaufsbummel sind möglich.
Auch die psychosoziale Begleitung spielt im Regenbogenland eine große Rolle. Viele schwerkranke Kinder möchten über ihrem bevorstehenden Tod sprechen. Im Regenbogenland finden sie Menschen, die bereit sind, sich mit den Kindern gemeinsam auf dieses Thema einzulassen. Die Therapeuten oder Freiwillige sind Menschen, die die Frage nach dem Warum aushalten und durch zuhören viel zu der Bewältigung der Trauer beitragen können.
Und wie gehen Sie mit den Eltern des todkranken Kindes um?
„Auch die Eltern sind häufig mit der Situation überlastet. Neben der ständigen Sorge um das erkrankte Kind steht der Wunsch, den Bedürfnissen der Geschwister des Kindes gerecht zu werden. Hinzu kommen in manchen Familien Kommunikationsschwierigkeiten in der Partnerschaft vor. Somit haben die Eltern im Alltag ein wenig Gelegenheit, sich zu entspannen und zur Ruhe zu kommen.“ Das Regenbogenland bietet den Eltern die Möglichkeit, die Pflege ihres erkrankten Kindes abzugeben, um sich eine Zeit lang ganz auf sich selbst konzentrieren. Aber auch die Geschwister eines kranken Kindes haben hier einen hohen Stellenwert.
(Der Essbereich, eine große Tafel. An der Wand hängen die Bilder der Kinder.)
Sie sprachen auch über die Betreuung der Geschwister eines Kindes.
„Diese Kinder erleben vielfach, dass dem erkrankten Kind notwendigerweise mehr Aufmerksamkeit zuteilwird. Sie selbst rücken in den Hintergrund und müssen sich meist allein mit Ängsten auseinandersetzen und ihre Bedürfnisse zurückstellen.“
Regenbogenland bietet monatlich Geschwistertage an, die mit besonderen Aktivitäten und Ausflügen die Wünsche der Kinder erfüllen und ihnen Aufmerksamkeit schenken.“
Frau Frankenheim hat mir nach unserem Gespräch das farbenfrohe „Regenbogenland“ gezeigt. Mich hat insbesondere der „Snoezel-Raum“ und „der Abschiedsraum“ berührt.
Der Snoezel-Raum ein Raum, der speziell die einzelnen Sinne der erkrankten Kinder anspricht. Kinder, deren Sinne eingeschränkt sind, bekommen die Möglichkeit, ganz bewusst wahrzunehmen. Durch verschiedene Lichteffekte, ein beheiztes Wasserbett und verschiedene Schaukelmöglichkeiten wird die Wahrnehmung gefördert. Unheilbar kranke Kinder verlieren im Laufe ihrer Erkrankung häufig die Fähigkeit, sich mit der Außenwelt über die Sprache zu verständigen. Über ihre Sinne reagieren sie und treten in Kontakt mit ihrer Umwelt. „Snoezelen möcht e den Kindern mit unserer Hilfe selbst gewählte Aktivitäten ermöglichen.“
(Ziele des Snoezelens ist das erleben der direkten Umgebung, das Einfach-auf-sich-wirken-lassen und das passive Genießen.
Der „Abschiedsraum” ist ein besonders schön gestaltenes Zimmer, in dem das Kind aufgebahrt wird. Hier können Angehörige und Freunde des verstorbenen Kindes – unabhängig von religiöser Zugehörigkeit sowie kulturellem Sitten und Gebräuche – in Ruhe Abschied nehmen.
“Für einen heilsamen Trauerprozess ist ein bewusstes und gestaltendes abschiednehmen wichtig. Die Familie brauchen Zeit um den Tod des Kindes mit allen Sinnen zu begreifen. Das Abschiedszimmer bietet Raum und Schutz für diesen wertvollen letzten Schritt. Der Raum liegt geschützt im Gartengeschoss und besitzt einen gesonderten Zugang, so dass die Eltern und Geschwister den Raum jederzeit verlassen bzw. wieder aufsuchen können, ohne am direkten Leben im Kinderhospiz teilnehmen zu müssen. An der Wand steht ein Kühlbett, indem ein Kind bis zu sieben Tagen aufgebahrt werden kann.
Auch über den Tod des Kindes hinaus findet in Regenbogenland die Begleitung der Familien statt. Für die Eltern gibt es einmal im Monat die Gelegenheit, sich im Rahmen des Trauercafés mit anderen Betroffenen über den Verlust ihres Kindes auszutauschen. Denn nach dem Verlust eines Kindes stellt die Rückkehr in den Alltag eine große Herausforderung dar.
„Es braucht viel Zeit, um Trauer zu leben“, sagt Frau Frankenfeld.
Das Trauercafé ist ein offener und geschützter Raum der Begegnung. Ein fester Erinnerungsritus wird ergänzt durch Zeit für Gespräche miteinander, für ein gemeinsames Weinen, für gemeinsames Lachen. „Unser Ziel ist es, sich neu zu orientieren und den Blick in die Zukunft zu richten.“
Bieten Sie für die hinterbliebenen Geschwister auch eine Begleitung an?
„Ja. Die Geschwister haben die Möglichkeit, an der Trauergruppe teilzunehmen, um über ihre Gefühle zu sprechen. Jedes Treffen bietet einen Themenschwerpunkt, so dass die Kinder die Möglichkeit haben, zum Beispiel über die Beerdigung oder schwierige Situationen in ihrem Alltag zu sprechen. Durch den Austausch mit anderen Betroffenen erfahren Sie, dass sie mit ihrer Trauer nicht allein sind und dass es Menschen gibt, die sie verstehen.“
Das Regenbogenland möchte die Kinder darin bestärken, ihre Trauer anzunehmen, zu akzeptieren und in einer guten Art und Weise mit ihr umzugehen.(die Steine der Trauer)
Wer finanziert das Kinderhospiz Regenbogenland?
Unsere Arbeit finanziert sich zu 75 % der Spenden. Daher ist Regenbogenland für Unterstützung jeglicher Art dankbar. Auch Menschen die sich ehrenamtlich betätigen wollen, sind herzlich bekommen. Die Notwendigkeit der stationären Hospizversorgung wird entweder durch den MDK oder dem behandelnden Arzt bestätigt. Das stationäre Kinderhospiz stellt für die Kinder und Jugendlichen Versorgung im Sinne des § 39 Arge SGB V sicher und erbringt für die Pflegebedürftigen im Sinne des SGB XI Leistungen der vollstationären Pflege.
Liebe Leser,
das Kinderhospiz Regenbogenland hat mich sehr berührt. Die Menschen, die hier zum Teil ehrenamtlich arbeiten, leisten großartiges. Bereits mit 50 € ermöglichen Sie einem erkrankten Kind zusammen mit seiner Familie eine erholsame Stunde im Regenbogenland, für 600 € schenken Sie einen ganzen Tag.
Mit einer Spende ermöglichen sie Stunden:
- der Erholung auf einem schweren Weg
- der Geborgenheit
- der Freude und Fröhlichkeit
gemeinsam mit Eltern Geschwistern und Großeltern.
Soeben wurde zum Thema das Kinderbuch “Karo und das himmlische Glück” veröffentlicht.
Spendenkonto: Sparkasse Düsseldorf-IBAN: DE22300501100010330900 und Deutsche Bank- IBAN: DE33300700240632412300
Das Interview führte Astrid Korten.