Schöne Kleider, kosmopolitische Kostüme und extravagante Hüte – die Präsentationen in der DDR-Modezeitschrift SIBYLLE standen den Produktionen internationaler Modezeitschriften in fast nichts nach. Allerdings waren die meisten Modelle, die in der SIBYLLE, der Kult-Modezeitschrift in der DDR, gezeigt wurden, für die normale Frau „von nebenan“ unerreichbar, weil in den Geschäften kaum zu haben.
SYBILLE zeigte Kleider, die man kaum kaufen konnte
Allerdings waren die modebewussten Bürgerinnen des Mauerstaates seinerzeit kreativ genug, um sich das eine oder andere Modell, das sie in der beliebten Modezeitschrift sahen, nachzuschneidern. Eigene Kleidung zu nähen war überhaupt sehr beliebt in der DDR – es wurde einfach aus der Not eine Tugend gemacht.
Neben Modeheften, die in der DDR erschienen, wurden häufig auch Kataloge von Quelle, Neckermann & Co. als Vorlage für eigene Nähereien herangezogen.
Die Modezeitschrift SIBYLLE machte allerdings noch mit etwas anderem von sich reden:
den sehr hochwertigen Fotografien, die im Heft Frauen jeglicher Couleur – vor den verschiedensten Kulissen – zeigten. Im Heft wurde Mode auf dem Flughafen ebenso präsentiert, wie vor einem volkseigenen Chemie-Kombinat. Letzteres Motiv war wohl eher am Alltag der DDR-Frauen dran, obgleich natürlich längst nicht alle in den berüchtigten (Chemie)Werken, die es nahezu landesweit gab, gearbeitet haben.
Allerdings konnte man (FRAU) sich damit definitiv besser identifizieren, als mit einer Szene auf einem Flughafen.
Als Hintergrund-Motive wurden auch Werke gewählt
Welcher DDR-Bürger reiste wohl so selbstverständlich mit dem Flugzeug, wie es die meisten Leute heute tun? Kaum einer. Zumal die Auswahl der Reiseziele für die meisten derer, die doch dann und wann einen Flieger von DDR-Boden aus bestiegen, extrem klein war.
Aber dennoch: von der großen weiten Welt träumte selbstverständlich auch die DDR-Frau und SIBYLLE bediente diese Illusionen, wenn auch nur in Fotografien. Diese aber waren schon damals so hochprofessionell produziert, dass man sich in den Rüsselsheimer Opelvillen dazu aktuell einer Ausstellung widmet.
Sie heißt: „SIBYLLE – Die Fotografen“ und läuft noch bis zum 26. November 2017 (Achtung: unten finden Sie dazu ein Update zu einer SYBILLE-Ausstellung neueren Datums!). Auf der Homepage der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim heißt es dazu:
„Zum ersten Mal wird die Bedeutung der Sibylle ‒ Zeitschrift für Mode und Kultur für die Entwicklung der Fotografie Ostdeutschlands in einer Ausstellung komplex beleuchtet. Sibylle war eine Frauenzeitschrift in der DDR, die von der Namensgeberin Sibylle Boden-Gerstner gegründet worden war. Die Zeitschrift erschien ab 1956 sechsmal pro Jahr in einer Auflage von nur 200.000 Exemplaren im Verlag für die Frau, Leipzig. Maßgeblich für die Modefotografien waren zu Beginn der 1960er-Jahre Arno Fischer, Günter Rössler, Elisabeth Meinke und Roger Melis, Ende der 1960er-Jahre kamen Michael Weidt und Sibylle Bergemann hinzu.
In den 1970er-Jahren folgten Wolfgang Wandelt, Rudolf Schäfer, Ute Mahler, Werner Mahler und in den 1980er-Jahren Ulrich Wüst, Hans Praefke und Sven Marquardt. In der Opelvillen-Schau werden die Fotografen nun mit ausgewählten Bildern vorgestellt.
Über zweihundert Werke zeigen die Entwicklungsphasen der ostdeutschen Modefotografie, in die der dokumentarische Stil der sozial engagierten Fotografen einfloss, die die Wirklichkeit aus einer dem Menschen zugewandten Perspektive zeigen wollten. Man suchte neue Wege, dachte gesellschaftsbezogen und war zunächst der Utopie eines Neubeginns erlegen. Orte, wie der Industriestandort Bitterfeld, wurden nicht von der Redaktion vorgeben, sondern frei gewählt.“
Eine hochinteressante Thematik, die wohl einstige DDR-Bürgerinnen, die damals selbst noch in der SIBYLLE blätterten ebenso anspricht, wie (junge) Leute von heute, die sich für Kunst, Mode und Kultur im untergegangenen Arbeiter- und Bauernstaat interessieren.
Man sollte bei Interesse also nicht zu lange warten, da die Ausstellung nur noch – wie eingangs bereits erwähnt – bis zum 26. November 2017 läuft. Update: der Link zur Ausstellung von 2017 ist nicht mehr gültig, aktuell (für 2019) gilt dieser Link, nach Ausstellungsende recherchieren Interessenten bitte, ob und wo Ausstellungen zum Thema SIBYLLE laufen.
Mehr Infos dazu: www.opelvillen.de
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