mutter_aktuellEin Gastbeitrag in Sachen Mutterschaft von Eva.

„Wahrscheinlich hockst Du doch zu viel auf Deinem Dorf rum, kommst nicht mehr raus, ist gut so, dass Du mal weg fährst!“. Ich glaubte, mich verhört zu haben, als die Worte meiner Freundin zu mir an den Hörer drangen. Wir sprachen gerade am Telefon darüber, dass ich mit den Kindern mal ein paar Tage ans Meer fahre.

Weil wir das lange nicht mehr gemacht hatten. Allerdings – und das sollte nicht unerwähnt bleiben – haben wir was anderes gemacht: vor ein paar Jahren ein Haus auf dem Land gekauft. Ich, die Großstadtpflanze, auf dem Land! Unvorstellbar der Gedanke – vor zehn Jahren noch….! Aber wie so oft, kommt es erstens anders und zweitens als man denkt…

Denn seit ich hier lebe, möchte ich nicht nur nie wieder weg, sondern habe mit so gut wie allen einstigen Lifestyle-Attitüden gebrochen. Es ergab sich einfach so, seit erst mein jetziger Mann und nur kurz darauf meine Kinder (Zwillinge im Kleinkindalter) in mein Leben traten.

Dinge, die „früher“ – also vor den Kindern – als ich das Leben größtenteils als Singlefrau meisterte, wichtig für mich waren, sind heute ohne Bedeutung.

Haare und Make-up zum Beispiel.

War ich vor Jahren noch Stammgast bei meinem Friseur und nahm ungeschminkt nicht mal ein Einschreiben entgegen, laufe ich hier tagein-tagaus ohne Make-up herum, die Kontaktlinsen bleiben im Schrank – getragen wird Brille – und für die Haare tut`s auch täglich ein schneller Zopf. Shoppen war ich schon ewig nicht mehr und habe in diesem Zusammenhang außerdem erkannt, dass man auch mit nur drei oder vier Pullovern über den Winter kommt. Alles halb so wild, zumal der nächste Klamotten-Laden fast eine Stunde entfernt und Internet-Shopping so gar nicht mein Ding ist.

Mutterschaft erweckt oft das „Cocooning“-Gen

Mir geht es gut damit.

Ich vermisse nichts und ich könnte mir an den Abenden, an denen ich durch die Kinder – mein Mann arbeitet die meiste Zeit im Ausland, so dass sich der Familienalltag eher zu dritt gestaltet – ziemlich erschöpft bin, nicht im Geringsten mehr vorstellen, den Tagesausklang in irgendeiner City-Bar zu verbringen. In meinen kuscheligen Pantoffeln dagegen sehr gerne!

Es ist einfach so.

Dazu muss ich anführen, dass ich früher auf fast jeder Party präsent war – in meiner Heimatstadt Berlin ebenso, wie in angesagten Clubs von Monte Carlo über Kapstadt bis Mailand. Als Einkäuferin für ein großes Modehaus, bestand vor Jahren mein beruflicher Alltag aus Reisen in die Metropolen der Welt.

Es muss an meiner jetzigen Situation als Mama liegen, dass ich nicht ein einziges Mal das Bedürfnis verspüre, mal wieder loszuziehen. Selbst wenn man mir wöchentlich einen Babysitter zur Verfügung stellte (die auf dem Land sowieso rar gesät sind…)!

Ich fühle tief in mir, dass diese Zeit damals, die mein Leben so prägte (denn sie war irre und wundervoll zugleich), ein für alle Mal vorbei ist. Es ist kein negatives Gefühl, eher so in der Art, dass ich weiß, dass ich – nach meiner Definition – alles erlebt habe.

Und momentan eben eine andere Phase mein Leben prägt.

Eine Phase, in der ich abends am Herd statt mit Freundinnen in einer schicken Bar stehe. Im Sommer mit Nachbarn über`n Gartenzaun schwatze, statt meinen Trolley für den Wochenendtrip nach Barcelona zu packen.

Mir mit Genuss Hausmannskost und Kuchen auf die Hüften schlemme – denn kochen und backen sind zu einem geliebten Hobby geworden (vor Jahren noch undenkbar für mich!).

Dann und wann erreichen mich Einladungen von Leuten aus alten Zeiten. Meist sind es ehemalige Kollegen oder Geschäftspartner. Immer wieder nehme ich mir dann, wenn der Termin noch in weiter Ferne ist, vor, dorthin zu gehen.

Ist der Tag ran und das Wetter draußen womöglich noch trüb und nasskalt, zieht`s mich dann doch wieder eher an unseren alten Kachelofen als zum feucht-fröhlichen Champagner-Smalltalk am Stehtisch.

Vergangene Lebensabschnitte im Rückblick als “gelebt” betrachten

Wie gesagt: ich vermisse nichts und war deshalb über die eingangs erwähnte Bemerkung meiner Freundin ziemlich irritiert.

Wahrscheinlich hat sie es gar nicht so gemeint, sondern geht von sich aus. Als überzeugte Städterin, kinderlos noch dazu, wäre das Dorfleben wahrscheinlich das Letzte, wonach sie streben würde. Das hat sie so auch schon ein paar Mal angedeutet.

Ich kann das verstehen und nehme ihr die Bemerkung deshalb auch nicht übel. Sondern rufe mir eher meine „Denke“ von „früher“ ins Bewusstsein, als ich – als hippe Singlefrau – mit meinem Cabrio an schönen Sommertagen über Land fuhr und mich nicht nur einmal – in dörflichen Gefilden – gefragt habe: „wie können die Leute sich hier wohlfühlen – so weit ab vom “Schuss”?“.

Aber wie gesagt: das war eine andere Zeit. Eine Zeit, die so intensiv war, dass ich heute sagen kann, niemals etwas verpasst zu haben, die mir aber heute Lichtjahre fern von meinem jetzigen Leben vorkommt. Ein Lebensabschnitt, den ich in einigen Jahren mit meinen Kindern wohlwollend im Fotoalbum betrachten und kommentieren werde.

Jahre, die immer zu mir gehören, aber nie wieder kommen werden. Nun ja – Lebensphasen eben.

Bildnachweis: Pexels.om, www.pexels.com

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