Dass extrem beleibte Menschen sich aktuell sehr oft und sehr nackt im Web präsentieren, fällt auf. Nicht, dass sie das nicht tun sollten, aber der Hype scheint doch ein wenig merkwürdig. Vor allem, weil der mediale Beifall dafür nur allzu oft in Heuchelei ausartet.
Neben dem typischen prollig-primitiven Tenor in Medien á la Huffington Post und Buzzfeed, die ihre Absonderungen im Stile von „Sie werden nicht glauben, was diese Frau gleich macht“ oder „10 Dinge, die……“ in die Weiten des Internets entlassen, reiht sich auch die Frauenzeitschrift BRIGITTE in die Riege derer ein, die ihre Leserinnen versuchen, für dumm zu verkauften.
So wird zum Beispiel auf deren Facebook-Seite am 2. April 2016 eine sehr dicke Frau bejubelt mit den Worten:
“Starke Bilder, starke Frau: Mit welcher Power diese Frau unsere Schönheits-Ideale hinterfragt ist bewundernswert!“
Darunter ist das Foto einer sehr übergewichtigen, nackten Frau zu sehen.
Es geht ja schon los mit diesem idiotischem „WIR“-Tenor, der da heißt:
„unsere Schönheits-Ideale“.
Ich zumindest fühle mich da nicht angesprochen, denn die Schönheitsideale von denen das BRIGITTE-Team wahrscheinlich spricht, sind garantiert nicht meine.
Da derlei Redaktionen aber viel zu oft diesen „lolli-artigen“, süßlichen Tenor auflegen und selbst irgendwelche Lappalien im Kleinmädchen-Sprech bejubeln, haben wir darüber schon mal einen separaten Artikel gemacht, siehe hier: https://frauenpanorama.de/muessen-wir-eigentlich/
Aber zurück zum Thema.
Unter dem besagten BRIGITTE-Posting mit der dicken Frau, steht dann nämlich noch die bizarre Frage: „Wer sagt überhaupt, welcher Körper „schön“ ist?“
Tja – wer sagt das? Vielleicht die BRIGITTE selbst?
Natürlich nicht offen und laut heraus posaunend – ach, i wo! Eher subtil, durch die Hintertür, denn: liest man sich durch den Button „Figur“ auf der Seite BRIGITTE.de, dann schwant einem, wer „DAS“ sagt!
Auszug gefällig?
Nun, lesen Sie mal – da steht einiges, was locker zum Thema „Schlankheitswahn“ passt:
„Suppen – löffelweilse zur schlanken Figur“.
„Schnitten für abends, die nicht dick machen“.
„Flacher Bauch – mit diesen Tricks schaffen Sie`s!“
Und in diesem Stil geht’s bei BRIGITTE.de, deren Social-Media-Team doch andererseits so scheinbar hilflos nach „dem schönen Körper“ fragt, weiter. Auch die Worte „abnehmen“, „Diät“ und „Diätrezepte“ kommen freilich zur Genüge vor. Zudem kann man auf der Seite seinen Kalorienverbrauch beim Joggen, Radeln und Fenster putzen berechnen.
Da fragt man sich: liest das eigentlich wer? Und richtet sich auch noch danach?
Natürlich gibt es unzählige Frauen, die ständig auf Diät sind oder Diäten ausprobieren, aber es darf bezweifelt werden, dass das die Mehrzahl der Frauen ist. Weibliche Zeitgenossinnen, die aus gesundheitlichen Gründen abnehmen müssen, sind hier mal ausgenommen, denn um die geht’s bei BRIGITTE nicht.
Die Zielgruppe ist ja schon die „im Leben stehende“ Frau.
Scheinbar wollen aber immer weniger dieser Damen diese Tipps lesen oder sind vielleicht auch genervt von den Modestrecken, wo ein einziges, gezeigtes Outfit schon mal mehr als ein normales Monatsgehalt kostet.
Das belegt auch eine Meldung der Zeitung „Junge Freiheit“, Nr. 14/16 wonach „der Verlag Gruner + Jahr im vergangenen Jahr erneut einen Umsatzrückgang verkraften musste. Insgesamt gingen die Einnahmen um zwölf Prozent, auf 1,54 Milliarden Euro zurück“.
Na denn….
Vielleicht sind ja aber auch die „ganz normalen Frauen“ einfach so Leute wie ich.
Ich esse das, worauf ich Lust habe und halte so seit Jahren meine Figur. Ich bin nicht dünn, ich bin nicht dick – mit Kleidergröße 42 gehöre ich wohl eher zur „Durchschnittsfrau“.
Mein Gewicht hat sich eingependelt, ich mache mich nicht mehr verrückt. Im Gegenteil: lieber kaufe ich eine Größer grösser, statt dass ich mich kasteie. Und Diät-Tipps lese ich schon Jahre nicht mehr!
Früher war das anders – mit Anfang 20 war ich tatsächlich so naiv (man könnte auch sagen: „so doof“), den Hochglanz-Frauenzeitschriften zu glauben, die schon damals ein meist unerreichbares und abgehobenes Frauenbild lacierten.
Ich hatte ELLE, Cosmopolitan, BRIGITTE & Co. im Abo und irgendwie war jeder Montag der Auftakt zu einer neuen Diät. Völlig irre! Natürlich lag regelmäßig Mittwochs mein Vorhaben schon in Scherben und ich hockte mit einem Schokoriegel abends um neun auf der Couch.
Den Rest der Woche würdigte ich die Gazetten und ihre schlanken Models nebst Abnehmtipps keines Blickes.
Bis ich mir dann am Wochenende wieder vornahm: „ab Montag nimmst Du ab“.
So ging das hunderte Wochen lang, immer im Bunde mit den Frauenzeitschriften.
Seit ich aber das 39. Lebensjahr überschritten habe, mache ich mir nichts mehr aus Diäten und Abnehmen.
Ich habe Familie, Haus und Hof und da zählen irgendwie andere Dinge – ohne dass ich mich freilich gehen lasse! Denn: schöne, modische Teile gibt es in allen Größen. Und: eine Größe größer zu kaufen ist für mich viel entspannender als mich mit Bauchmuskeltraining zu beschäftigen.
Ich genieße es heute, auch mal ein Stückchen Kuchen mehr zu essen und zu schlemmen, worauf ich Lust habe (gerade esse ich nebenbei eine Packung Chips…). Ob das am „älter werden“ liegt, weiß ich nicht.
Die üblichen Frauenzeitschriften kaufe ich schon lange nicht mehr und über ihren dümmlichen Diäten-Rummel, der mir im Web permanent begegnet, kann ich heute nur lachen.
Tausende andere Frauen sicherlich auch, denn der Sinkflug der etablierten Medien kommt ja nicht von ungefähr.
Dazu bei trägt sicher auch die – oft stümperhaft wirkende – Einmischung in politische Themen, wirr gemixt mit dem, bildlich gesehenen, „erhobenem Zeigefinger“.
Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema…!
Bildnachweis: https://de.fotolia.com/id/80626522
Datei: #80626522 | Urheber: Nomad_Soul