symbolic picture with mother and daughter by cleaning of the forest

….oder „bereiten sich manche Mütter Luxusprobleme?“

Neulich in einer Reportage des WDR-Formats „Frau-TV“:

angekündigt wird eine junge Mutter, die sich seit dem zweiten Kind überfordert und etwas ausgebrannt fühlt. Und wie so oft bei solchen Beiträgen wird die Vorschau flankiert, mit der Feststellung, dass „die Mütter von heute alles so gut wie möglich und sich selbst damit Druck machen“. So in dieser Tonart.

Man geht dann an diese Reportage mit der Erwartung ran, dass das Kamera-Team hier auf eine erschöpfte Alleinerziehende trifft, die in einem grauen Plattenbaugebiet wohnt und womöglich auch noch mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat.

Dann aber: weit gefehlt!

Porträtiert wird eine Frau – Katrin – eine Kunsttherapeutin, die sooo überhaupt nicht lebt, leben muss.

Hat sie doch neben ihrem schönen Zuhause auch noch einen Halbtagsjob und einen Mann. Im hauseigenen Atelier gibt sie sich ihrer Leidenschaft, dem Malen, hin.

Gezeigt wird ein sonnendurchflutetes Haus, wie aus “Schöner Wohnen”, mit einem großen Garten, in der eine Ehefrau mit zwei kleinen Kindern auf der Couch sitzt, die angibt, irgendwann sich selbst und ihren Ansprüchen nicht mehr gerecht zu werden. In Sachen Kinder und Familie.

Tiefer darauf eingegangen, was sie damit konkret meint, wird nicht. Stattdessen fragt Katrin „muss ICH vielleicht in Therapie?“.

Ein absurder Satz, der ein Stück weit auch für ein Phänomen steht, das einem hinsichtlich dem Mutterdasein immer wieder unterkommt. Dem “sich-als-Mutter-nicht-genügen”.

Aber nicht mal von den Müttern selbst, was die Sache noch verrückter macht, sondern meist medial.

Sprich: wenn von „Druck“ und „Perfektion“ im Hinblick auf Mamas die Rede ist, hört man derlei Geschwafel eigentlich nur aus den Medien – vornehmlich den Redaktionen, die sich der Zielgruppe „Frau“ verschrieben haben.

Man denke nur an die unsäglichen Veröffentlichungen irgendwelcher Promi-Sternchen, die zwei Tage nach der Geburt schon wieder am Waschbrett-Bauch arbeiten (oder ihn gar schon zurück trainiert haben)! Frau-TV, so sei fairerweise gesagt, gehört hier eigentlich nicht dazu, sondern bemüht sich allermeist, aus dem wirklichen Leben der Frauen zu berichten. Meist gelingt das auch.

Aber zurück zum Thema: wer mal in sein Umfeld schaut, wird kaum diese “Über”-Mamas finden, die sich diesen angeblichen “Druck” machen – außer vielleicht in Berlin-Prenzlauer Berg…(und selbst das halte ich ein Stück weit für eine pressetechnische Inszenierung, eine Medien-Ente!)

Dieses mediale Einreden eines schlechten Gewissens scheint denn auch DER Nährboden zu sein, auf dem eine ganz spezielle Berufsgruppe ihre Daseinsberechtigung züchtet: die “Coaches”, die auf „Stressmanagement“ machen.

Und so verwundert es auch nicht, dass schon wenige Sekunden nach Beginn der Sendung eine genau solche Dame, ihres Zeichens „Stressmanagerin“, die Szenerie betritt. Gezeigt wird abermals das lichtdurchflutete Haus und der parkähnliche Garten des Familienanwesens.

Spätestens hier müssen sich Mütter, die in ganz anderen Verhältnissen leben, mit schmalem Geldbeutel und vielleicht ohne Partner, ziemlich veralbert vorkommen.

Und sie werden sich zu Recht fragen, wie es sein kann, dass man in diesem wohlhabenden Kosmos mal eben meint, in Therapie zu müssen?

Selbstverständlich möchte ich damit NICHT ausdrücken, dass Burnouts und Zusammenbrüche, Stress und Überlastung in Familien ab der gutverdienenden Mittelschicht aufwärts nicht vorkommen, aber in diesem Beitrag wirken die „Probleme“ der Mutter auf entrückte Weise absurd.

Konsequenterweise kommen dann auch von der Dame, die als Coach von „Frau-TV“ geschickt wird, ebenso abstruse Tipps.

Für die es meines Erachtens eigentlich keinen Coach braucht.

Denn was die angebliche Expertin an Ratschlägen im Gepäck hat, weiß eigentlich jede Frau und/oder Mama selbst oder aber hat eine gute Freundin, die ihr wahrscheinlich genau dasselbe sagen würde.

Ohne Gebühr…!

Es geht um kleine Auszeiten, es geht um Schlaf. Dinge eben, die jeder Mensch, egal ob Frau oder Mann, genügend braucht, um im Alltag funktionieren zu können.

Und die sich – so unterstelle ich mal – die in der Reportage porträtierte Frau ganz sicher auch ohne Weiters nehmen respektive organisieren könnte. Mit Mann, Halbtagsjob, eigenem großzügigen Haus und Atelier.

Ich kenne zum Beispiel eine Alleinerziehende, die muss morgens um halb fünf aus dem Haus, die Kinder müssen sich selbst für die Schule fertig machen und auch auf das „Gute-Morgen“-Küsschen von Mama verzichten. Sie arbeitet für einen Hungerlohn in einer Bäckerei und wenn sie am frühen Nachmittag Schluss macht, eilt sie zum nächsten Job.

Um sich und die Kinder durchzubringen und die monatliche Miete für die bescheidene Wohnung in einem noch bescheideneren Viertel aufzubringen.

Wenn dann abends noch Zeit für eine Krume Familienleben ist, freut sie sich – wenn auch ausgelaugt und erschöpft. Zeit für sich oder gar ein Hobby (eigenes Atelier…!!!) ist für sie so entfernt wie Jupiter und Mars zusammen.

Ob sie auf die Idee kommen würde, einen „Stress-Coach“ zu buchen?

Diese Frage können die geneigten Leserinnen für sich selbst beantworten.

Den Link zur Sendung, die übrigens „Stress lass nach“ hieß und gut und gerne auch „Luxusproblem lass nach“ heißen könnte, gibt’s hier – wie lange er aktuell ist, kann ich nicht sagen, da er sicher nur einige Zeit in der Mediathek online gestellt wird:

http://www1.wdr.de/fernsehen/information/frautv/sendungen/burnout232.html

Als Fazit sei gesagt, dass ich ganz persönlich die „Probleme“ (die – wie erwähnt – in der Tiefe gar nicht erörtert wurden) der in der Frau-TV gezeigten Protagonistin für „Luxus“-Probleme halte.

Bildnachweis: Fotolia, https://de.fotolia.com/id/88866534 – Datei: #88866534

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