„Ab wann soll mein Kind ein Smartphone bekommen?“, „Wie lange sollte ich den Nachwuchs im Internet surfen lassen?“ – diese und ähnliche Fragen hört man offline, häufiger aber online, immer öfter.
In Mütter-, Väter, Eltern- und Familiengruppen tauschen sich Eltern(teile) darüber aus, wie man das denn nun am besten handhabt, mit dem Internetkonsum des Nachwuchses.
Meist gehen mit diesen Fragen die üblichen – und selbstverständlich berechtigten – Befürchtungen einher, die sich dergestalt äußern, dass Eltern einfach in Sorge sind, ob das Kind nicht vielleicht zu früh mit unpassenden Websites konfrontiert wird.
Zum Beispiel mit Pornographie oder/und Gewalt.
Wobei das Web neben solchen Seiten ja auch noch mehr Dinge bietet, die selbst die meisten Erwachsenen nur schwer ertragen können. Man denke nur an Tierquäler-Fotos und –filme oder Material, das von Extremisten im digitalen Kosmos verbreitet wird.
Dass es in diesem Kontext noch keinem unserer – ja, man kann es so sagen – Regierungsversager gelungen ist, solche Websites abzuschalten, ist, meiner Ansicht nach, sowieso ein Skandal. Vor allem wenn man bedenkt, wie viele Millionen Websites es mit pädophilen Inhalten gibt. Anderen Ländern gelingt es immerhin auch, Internet-Inhalte zu sperren. Meist hat das dort mit Zensur zu tun, aber dass es funktioniert, beweist doch, dass sich ein Weg finden würde.
Aber dies nur am Rande, ich bin keine Internet-Expertin.
Vielmehr möchte ich die Leserinnen und Leser auf ein Internet-Phänomen aufmerksam machen, das für Kinder und Jugendliche höchst gefährlich werden (und enden) kann.
Nämlich „Cyber-Grooming“!
„Cyber…was????“ werden sich vielleicht einige fragen und tatsächlich dürfte es noch viele Leute geben, die diese perfide Masche – zumindest nicht unter diesem Begriff – nicht kennen.
Es handelt sich bei „Cyber-Grooming“ – laut LKA Baden-Württemberg – um das sexuell motivierte Ansprechen von Kindern in Chatportalen.
„Chatportale“ – nun ja. Wo chatten denn bereits viele Minderjährige? Richtig – in den sozialen Netzwerken!
Laut dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg erzeugen besagte Täter im Internet, beim Chatten, eine scheinbar vertraute Stimmung und lenken nicht selten den Kontakt von Portalen, wo vielleicht noch ein Erziehungsberechtigter mit hin schaut, weg und hin zu anderen Chatmöglichkeiten.
Haben Sie einmal das Vertrauen der Kinder und Minderjährigen, die sich mit ihnen auf längere digitale Unterhaltungen einlassen, erlangt, verschicken sie häufig pornographische Bilder von sich und fordern ihre jungen Opfer nicht selten auf, ebensolche Aufnahmen von sich zu versenden.
Auch sexuelle Handlungen vor Webcams werden von solchen perfiden Tätern häufig eingefordert.
Das Ziel ist klar: der Täter möchte seine Opfer auch im realen Leben treffen.
Eine brandgefährliche Angelegenheit, die Eltern vielleicht nicht immer gleich durchschauen. Auch weil nicht wenige Minderjährige das, was da passiert, vor ihren Eltern geheim halten (wollen) und sie sich, sollten sie bereits mit einer solchen Person in Kontakt gekommen sein, oft aus Scham nicht offenbaren.
In Tübingen wurde – laut einem Bericht der Leipziger Volkszeitung – kürzlich ein Mann angeklagt, der in über einhundert Fällen pornographische Bilder an minderjährige Chatpartnerinnen verschickt haben soll. Dies zählt laut Gesetz als Straftat und wird juristisch geahndet.
In dem Tübinger Fall waren mindestens 40 betroffene Opfer zu verzeichnen, aber nur ein (!) Mädchen hat sich ob des Materials, was sie von dem Täter geschickt bekam, an die Polizei gewandt.
Das sollte zu denken geben!
Denn wie schon angerissen, spielt Scham und Peinlichkeit in solchen Fällen eine riesengroße Rolle, auch und gerade bei Mädchen im Teenie-Alter.
Erschwerend kommt hinzu, dass viele Mamas und Papas dem Nachwuchs den Umgang mit digitalen Medien nicht komplett verbieten wollen, was wahrscheinlich auch in unserer modernen Gesellschaft der falsche Weg wäre.
Aber alles zu „überwachen“, was der Nachwuchs da so an Mails und Chats austauscht, ist wohl auch nicht machbar, vor allem, wenn das eigene Kind zwar noch nicht volljährig, aber doch schon „ein junger Erwachsener“ ist.
Eine unbedarft angenommene Freundschaftsanfrage kann (muss nicht) hier schon auf eine falsche und gefährliche Fährte führen.
Wie also umgehen mit den permanent lauernden Gefahren im Web, für den eigenen Nachwuchs? Wie immer im Leben ist „reden“ wohl ein recht sinnvoller Ratschlag. Und zwar schon im Vorhinein.
Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass es mit Menschen, zu denen kein realer Bezug besteht, besser nicht mailen oder/und Freundschaftsanfragen von völlig Fremden erst gar nicht annehmen sollte.
Aber auch Leuten, die im sozialen Netzwerk ja vielleicht mit eigenen Freunden befreundet sind, sollte nicht bedingungslos vertraut werden – schärfen Sie dies ihrer Tochter oder ihrem Sohn am besten immer wieder ein!
Bekommt das Kind obszöne Fotos gesandt und/oder auch Bilder, auf denen Geschlechtsteile zu sehen sind, sollte es eine Vertrauensperson – im Idealfall natürlich Mama oder/und Papa – unverzüglich in Kenntnis setzen.
Um miesen Trieb- und Sexualstraftätern das Handwerk zu legen und sie einer Verurteilung zuzuführen, sollte eine jede Straftat in diesem schäbigen Bereich zudem angezeigt werden.
Sprechen Sie mit Ihrem Kind auch unbedingt darüber, dass reale Treffen mit einer Person, die das Kind online kennengelernt hat, tabu sind.
Es sei denn, ein solches Treffen ist vertretbar (vielleicht weil es sich um eine Harmlosigkeit, ein gemeinsames Hobby o. ä., handelt) und ein Erziehungsberechtigter ist als Begleitung dabei.
Seien Sie als Elternteil außerdem sehr achtsam, ob Ihr Kind nicht eventuell hinter ihrem Rücken etwas ausheckt und sich womöglich allein mit einer wildfremden Person treffen möchte. Natürlich ist das schwer und man kann und soll seinem eigenen Kind nicht 24 Stunden „nachspionieren“, schon gar nicht, wenn es im Teenie-Alter ist. Aber die eigenen „Antennen“ zu sensibilisieren und auf das Bauchgefühl zu hören, schadet ganz bestimmt nicht.
Scheuen Sie sich auch nicht – am besten gleich im Rahmen der elterlichen Sexualaufklärung – mit ihrem Kind darüber zu reden, dass sich der Versand von eigenen Nacktfotos oder intimen Körperaufnahmen an andere Menschen – offline UND online – absolut verbietet!
Das sind natürlich alles keine Patentlösungen – ganz klar.
Aber ein guter Draht zum eigenen Kind, eine gewisse Offenheit für die unwägbaren Dinge des Lebens, womit der Nachwuchs naturgemäß (noch) nicht rechnen und etwaige Folgen absehen kann: das ist schon mal die „halbe Miete“!
Außerdem schadet es ganz und gar nicht, einem Kind, dass bereits digital im World Wide Web unterwegs ist, die perfiden Methoden mancher Menschen glasklar aufzuzeigen.
Ohne Herumdrucksen, ohne Andeutungen oder diffuse Bemerkungen. Es einfach klar und deutlich ansprechen, was online passieren kann und womit ein Kind rechnen muss ist – wahrscheinlich das Beste!
Mehr zum Thema Cyber-Grooming, für das die Polizei seit 2005 einen Anstieg verzeichnet, inklusiver weiterer wichtiger Tipps und Ratschlägen zur Sicherung von Beweisen finden Sie hier: http://www.schau-hin.info/extrathemen/cybergrooming.html
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