Ein Kurztrip nach Karlovy Vary stand an. Doch bevor es dazu kam, gab es in unserer Familie heftige Diskussionen. Denn der bekannte Kurort – von vielen immer noch Karlsbad genannt – hatte sich in früheren Jahren bestimmten Gästen nicht von seiner besten Seite gezeigt. Genauer gesagt: DDR-Bürgern nicht. Denn zu Zeiten des kalten Krieges, so erzählte es mir mein Vater, war fast das ganze Kurbad eine Art NO GO Area für Ostdeutsche. Kordeln vor Restaurants und vor Parkplätzen waren mit Schildern bestückt, auf denen sich der (menschenverachtende) Hinweis befand, dass man den Zutritt nur für Gäste mit D-Mark gestattet.
DDR-Bürger wurden in Karlsbad einst diskriminiert
So erlebte es mein Vater auf einem Trip nach Karlsbad in den 60iger Jahren. Auch ich selbst hatte nicht nur gute Erinnerungen an die “Tschechei”, wie wir “Ossis” das Land nannten. In den 80igern fuhr unsere gesamte Familie in ein Bungalow-/Campingdorf in der Nähe von Prag. Dort war es sehr schön, allerdings konnte man das von einem Einkaufstrip in die Geschäfte der Gegend nicht sagen. Dort wurde meiner Mutter, die sich dort einen Sahnesyphon (zu DDR-Zeiten ein begehrter Artikel, der kaum zu bekommen war) kaufen wollte und diesen in den Einkaufskorb legte, selbiger wieder herausgenommen.
“Nur für Kunden mit D-Mark” lautete das arrogante Statement der Verkäuferin. Als wir dann auch noch wenige Tage später, als wir Prag besuchen wollten, in einer Art Fake-Straßensperrung landeten und die dortigen Polizisten uns die Weiterfahrt nur für 100,00 D-Mark gestatten wollten, war unser Bedarf am Nachbarland gedeckt. Nicht zuletzt, weil uns zu allem Übel bei einem Ausflug auch noch eine Jacke gestohlen wurde. Wir kehrten so schnell es ging wieder heim. Im Paß des Vaters ein fetter Stempel, den der Polizist der ominösen Straßensperre in das Dokument rein geknallt hatte. Was der zu bedeuten hatte, wissen wir bis heute nicht.
Ob dieser Erinnerungen hat mich das Land nie wieder großartig interessiert. Wenn Freunde von Prag schwärmten, winkte ich ab. Mich zog es da nicht hin.
Ausflüge in osteuropäische Städte erinnern an “altes” Flair in Deutschland
Dann aber veränderten sich in Deutschland die Zeiten. Trips in Großstädte wurden zur Schicksals-Lotterie, weil es bis zum heutigen Zeitpunkt wohl kaum eine Stadt hierzulande gibt, in der man nicht Gefahr läuft, Opfer einer Messerattacke oder womöglich eines Anschlages zu werden. Nicht so in unseren osteuropäischen Nachbarländern, in denen man der in Deutschland so viel beschworenen Buntheit (im Zusammenhang mit zum Teil mittelalterlich denkenden, hereinströmenden Analphabeten) nichts abgewinnen kann.
Lange Rede, kurzer Sinn: um dem “Bunten” hierzulande zu entfliehen, begannen wir, unsere Städtetrips ins Ausland zu verlegen. Und so kam irgendwann auch Tschechien, wie man heute sagt, in unseren Fokus. Und somit auch Karlovy Vary.
Wir buchten uns also ein Appartment in der Kurstadt und nutzten ein paar Winterferientage für einen Trip dorthin. Via Booking.com hatten wir eine immense Anzahl an Unterkünften zur Auswahl. Es gibt in Karlsbad eine Menge Hotels mit ausreichend Wellnessangeboten und auch Innenpools. Eine schöne Sache während der kalten Jahreszeit!
Die Stadt selbst teilt sich in einen “normalen” Teil, also in den Teil, wo die normale Bevölkerung lebt und einen mondänen Kurteil. Hier stiegen wir ab und hatten den Kurbereich direkt vor der Haustür. Als da heißt: mondäne Altbauten, schicke Geschäfte und jede Menge Hotels.
Imposante Bäderarchitektur beeindruckt!
Die Fußgängerzone der Innenstadt ist überaus gepflegt und wird dominiert durch den Fluß Tepla, der hier in den Fluß Eger mündet. Gemächlich schlängelt sich das Wasser durch die Innenstadt. Dominant sind aber auch die imposanten Wandelgänge, in denen überall das Heilwasser, durch das der Ort überhaupt ein Kurbad ist, sprudelt. Man kann es sich abfüllen. Entweder in einer mitgebrachten Flasche oder in einem Trinkgefäß, das man in einem der unzähligen Souvenirshops erwerben kann. Mit letzterem laufen eine Menge Leute durch Karlsbad, die sich an einer der Quellen bedient haben. Dass sie das Wasser im Schlenderschritt konsumieren, ist sogar ausdrücklich empfohlen, siehe hier. Das Heilwasser selbst schmeckt nicht wirklich gut, aber das muss es ja auch nicht. Hauptsache es heilt. Und das es das tut, gilt als unbestritten.
Dass der Ort überhaupt mit dem heilenden Quellwasser gesegnet ist, soll übrigens der Sage nach durch einen Hirsch gekommen sein. Dieser soll vor Hunderten von Jahren mit seinen Hufen, bei einem Sprung, eine Quelle freigesetzt haben. Das ist die eine Sage. Die andere besagt, dass der Hund eines königlichen Jagdtrupps die erste Quelle entdeckt haben soll. Und zwar indem er in selbige hineinfiel. Was davon wahr ist, kann man nicht konkret sagen, aber die Stadt selbst soll um 1349 gegründet und sogleich ein Magnet durch das Quellwasser worden sein.
Heute ist ihre Ausstrahlung auch vielen russischen Bürgern zu verdanken, denn diese haben eine Menge der Gebäude nach dem kalten Krieg restauriert. Karlsbad ist deshalb ein Stück weit auch in russischer Hand. Das fällt auch in den Geschäften auf, die in großer Anzahl prunkvolle und kitschig-pompöse Dekorationsgegenstände anbieten. Und natürlich merkt man es auch an den Luxusboutiquen, deren Angebot für Normalsterbliche unbezahlbar ist. Selbst das Angebot in Kinder- und Baby-Boutiquen ist auf ein sehr gut situiertes Klientel ausgerichtet.
Auch ohne dicke Geldbörse ist Karlsbad eine Reise wert!
Die anderen Leute aber – die Normalsterblichen – können den schönen Ort auch ohne viel Geld genießen. Allein der Bummel durch das gepflegte Karlsbad – ohne das übliche Klientel, das heutzutage in Deutschlands Städten dominiert – ist wunderbar. So wie es sich “früher” in der Heimat flanieren ließ, so ist das heute an solchen Orten möglich.
Man ist entspannt und fühlt sich rundherum sicher vor Taschendieben und Messermännern.
Wem in Karlsbad mehr nach Natur ist, dem bieten sich die – rund um die Stadt, etwas höher gelegenen – Wälder für einen Ausflug oder eine Wanderung an. Dem oben erwähnten Hirsch wurde zudem ein Andenken gewidmet: der Hirschensprung. Dieser liegt über der Stadt in einem Wald, in dem sich auch der Aussichtsturm Diana befindet. Zu erreichen ist dieser mit einer Standseilbahn. Die Seilbahnstation liegt rechts neben dem prunkvollen Grandhotel Pupp, in das man auf jeden Fall einmal hereingeschaut haben sollte.
Das ist nämlich auch Nicht-Gästen erlaubt. Und: es lohnt sich! Danach kann man gemütlich zur kleinen Seilbahnstation schlendern.
Oben angekommen ist der Aussichtsturm selbst ganz nett, man hat von dort aus einen wunderbaren Blick auf Karlsbad. Das Hirsch-Denkmal selbst ist ein Stück weiter weg und befindet sich in Schrittweite des Aussichtsturms. Man kann da ganz wunderbar hin spazieren.
Wem nach derlei Tagesaktivitäten nach einem deftigen Gericht zumute ist, der wird im Restaurant “Zum Schweijk” bestens bedient. Deftige böhmische Küche kommt hier auf den rustikalen Tisch, die Gerichte sind sehr lecker, die Bedienung fix. Reservieren sollte man allerdings vorher.
Dies als kurzer, knapper Reisebericht zu Karlsbad.
Da wir nur einige Tage dort waren, haben wir die Zeit weitestgehend mit Wellness, bummeln, spazierengehen und “sich treiben lassen” verbracht.
Alles in allem lautet unser Fazit: eine schöne Stadt, die man unbedingt in der warmen Jahreszeit noch einmal besuchen sollte!