Servicewüste Deutschland – wie oft wurde darüber schon debattiert, geschrieben und sich ausgetauscht.
Gerade als Frau mag man es ja nicht, wenn man sich hochmütigen, gelangweilten oder arroganten Verkäufern oder Verkäuferinnen gegenüber sieht.
Ein Lehrstück, wie man es besser nicht machen sollte, widerfuhr mir dieser Tage, als ich ein schnödes Stückchen Stoff für ein Rollo, welches mir vorschwebte, käuflich erwerben wollte.
Nachdem ich mich durch Berge von Wohnzeitschriften gearbeitet und mir dort die eine oder andere Anregung geholt habe, streifte ich durch diverse Bau- und Einrichtungsmärkte – immer auf der Suche nach DEM besonderen Stöffchen.
Da man sich als hart arbeitende Frau aber eigentlich auch mal was gönnen sollte, steuerte ich ein bekanntes Nobeleinrichtungshaus an.
Unter dem Arm diverse Beispiele, zusammengestellt aus meinen Wohnzeitschriften, wie ich es haben wollte, betrat ich die noble Villa.
Es umfing mich die Atmosphäre dezenten Luxus`, herrliche Möbel und Stoffe, die ganz meinem Geschmack entsprachen. Eine Dame empfing mich und ich deutete an, dass ich mich zunächst umschauen mag.
Ich spazierte ein wenig durch die Ausstellung, wo einzelne Möbelstücke so viel kosteten, wie im Normalfall das Mobiliar für ein ganzes Zimmer und steuerte schlussendlich die Ecke mit den noblen Stoffen an.
Dass das hier eine teuere Angelegenheit werden würde, war mir glasklar, aber – was soll`s – ein schönes Stoffrollo in adäquater Qualität ist ja auch ein wenig für die Ewigkeit.
In der Stoffecke saß an einem großen Tisch eine weitere Dame, die wohl etwas ausarbeitete. Ich fragte höflich, ob ich mich mit meinen Wohnzeitschriften etwas „ausbreiten“ dürfte? Sie bejahte dies. Los ging sie, die Jagd nach dem Traumstoff. Ob der großen und herrlichen Auswahl war es schwer, sich zu entscheiden, weshalb ich zwei, drei Stoffproben auf den Tisch legte, um sie mir zu betrachten. Ich fragte dann die am Tisch sitzende Dame um Rat, Sekunden später gesellte sich auch die andere Verkäuferin (heißen die eigentlich in solchen hochkarätigen Geschäften so – oder muss es eher heißen „Store-Direktrice??”) dazu.
Was dann geschah, war etwas merkwürdig. Denn jeden Stoff, den ich ins Auge gefasst und in die engere Wahl gezogen habe, versuchten die beiden mir auszureden. Statt dessen machten sie andere Vorschläge, brachten Stoffe herbei, die nun so gar nicht meinen Vorstellungen entsprachen. Hm. Natürlich lasse ich mich gern anderweitig anregen, aber ich bin auch jemand, der, wenn er einmal eine bestimmte Vorstellung hat, diese eigentlich auch umsetzen möchte…
Was mir dabei auffiel (unangenehm auffiel!!) war, dass diese beide Damen jeweils, wenn sie die Stoffe brachten, die Ihnen gefielen, sagten: „also ICH würde mich dafür entscheiden, ICH finde diesen Stoff toll, dass passt besser, finde ICH…“. Fand ich sehr merkwürdig, weshalb ich die Stoff-Aktion dann auch erst mal abbrach und mich höflich für die „Beratung“ bedankte. Eine der Damen schlug mir dann vor, mir in der ersten Etage ein Rollo, in der Art, wie es mir vorschwebt, als Beispiel, zu zeigen.
Und dann – während wir die Treppe heraufgingen, schaute sie mich etwas scheel von der Seite an und fragte doch tatsächlich in einem überaus oberlehrerinnenhaften Ton „…was denken Sie, was so ein Rollo kostet?“. „Das lasse ich auf mich zukommen“ meinte ich überrascht und ärgerte mich sogleich über diese Art, mir zu unterstellen, ich wäre wohl nicht in der Lage, mir dort ein Rollo anfertigen zu lassen.
Ganz klar, dass ich dieses Geschäft nach diesem Intermezzo rasch verließ!
Auf dem Heimweg steuerte ich einen günstigen Heimtextilien-Markt an der Ausfallstraße an und betrat abermals mit meinen Vorstellungen und den gesammelten Beispielen vor die dortige Verkäuferin. Die lange nicht so elegant daher kam, wie die Frauen in dem „hochkarätigem“ Einrichtungshaus, aber darum ging`s ja auch nicht.
Ich legte wieder los mit meinen Vorstellungen und schaute mir Stoffe an – bis, ja bis die dortige Verkäuferin das einzig Richtige tat. Sie fragte mich, ob der Raum überhaupt schon mit den gewünschten Tapeten und Teppichen versehen ist oder ob das erst noch geschieht. „Der Maler kommt übermorgen“ erwiderte ich. „Dann“ – so sagte die Frau, kommen Sie einfach wieder her, wenn das erledigt ist und nehmen sich hier Ihre gewünschten Stoffe zur Probe nach Hause mit, denn Sie würden es bereuen, wenn sie sich in der Farbe oder Form vermacht haben“.
Ein sehr kluger Ratschlag – der den affektierten Ladys im vorhergehenden Einrichtungshaus eigentlich auch hätte kommen können. Bei „um-die-tausend-Euro“-Rollos….
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