Voriges Jahr machte eine Studie – vornehmlich in Frauenmedien – die Runde, wonach ein Großteil der Frauen, wenn sie morgens aus dem Haus gehen, schon über zehn verschiedene Kosmetika am Körper hat.
Und damit auch oftmals fragwürdige Zusatzstoffe auf der Haut, die im Verdacht stehen, der Gesundheit nicht zuträglich zu sein (milde ausgedrückt). Auf die Studie selbst soll hier nicht weiter eingegangen werden – immerhin werden gefühlt stündlich irgendwelche Erhebungen veröffentlicht, niemand weiß, ob das immer so stimmt (siehe dazu auch unseren Artikel zum Thema: http://bit.ly/2rsoDuG).
Dass aber so manche Zusatzstoffe, die den unzähligen Kosmetikprodukten hierzulande beigesetzt sind, als fragwürdig gelten dürften – davon darf man ausgehen.
Standen bislang bei dieser Thematik meist die Folgen für die Gesundheit der Verbraucherinnen im Fokus, ist das leider noch nicht alles. Denn die in den Kosmetika verwandten Kunststoffe sind auch für Meerestiere eine gigantische Bedrohung.
Einem Bericht des SPIEGEL Nr. 21/2017 zufolge enthalten viele Kosmetikprodukte Nylon, Teflon und Silikon – verborgenes Plastik also, das beispielsweise Fischen, Muscheln und Krebsen gefährlich wird.
Ganz gleich, ob Haarmilch, Haarspray, Reinigungs- oder Duschgel – in fast allen der gängigen Kosmetika, die von Branchenriesen wie Henkel, dm, Rossmann, L`oreal, Procter & Gamble oder Johnson & Johnson hergestellt oder/und vermarktet werden, sind diese Kunststoffe enthalten.
„Pflegt mit Plastik“ – wird Greenpeace in dem besagten SPIEGEL-Artikel zitiert. Die bekannte Initiative warnt vor den Umweltgefahren solcher synthetischen Polymere.
Denn: „über den Abfluss gelangen viele dieser Stoffe in Flüsse und Meere“ erläutert Sandra Schöttner von Greenpeace im SPIEGEL.
Da diese Auswirkungen für sehr viele tierische Meeresbewohner drastisch sind, lässt die Umwelt-Initiative derzeit sogar prüfen, ob die Plastikfracht ein Verstoß gegen Umweltgesetze darstellt. Zumal für viele der Inhaltsstoffe eine Umweltverträglichkeit nie geprüft wurde, wie es seitens Greenpeace gegenüber dem Hamburger Wochenmagazin heißt.
Wie dramatisch die Lage für die Tierwelt schon jetzt ist, wird im SPIEGEL auch vom Ökotoxikologen Stephan Pflugmacher-Lima, von der TU Berlin, erläutert.
Er sagt: „Kunststoffgele oder – partikel könnten sich zum Beispiel auf Algen ablagern und deren Fotosynthese stören. Bei Fischen drohten die Kieme zu verkleben. Wasserflöhe würden eine „Stresshäutung“ durchführen, wenn sich zu viele Partikel auf ihnen ablagerten. Das machen die zweimal – dann sterben sie.“
Und die Hamburger Umweltchemikerin Gesine Witt warnt, dass Nanopartikel sogar ins Gewebe von Tieren einwandern können.
Die Hersteller – so der SPIEGEL – bestreiten indes, dass derlei Stoffe in großen Mengen in die Umwelt (und damit auch in Flüsse und Meere) gelangen. Angeblich würden in Kläranlagen fast alle Partikel vollständig herausgefiltert.
Dem gegenüber steht jedoch eine Studie des Alfred-Wegener-Instituts: Hunderte Millionen Plastikpartikel passieren jährlich die Klärwerke – so heißt es weiter im Magazin.
Hinsichtlich dieses Themas steht die Kosmetikindustrie schon länger in der Kritik – doch Handlungsbedarf scheint man beim Bundesumweltministerium nicht zu sehen.
„Europaweit sei die Zahl der Mikroperlen zwischen 2012 und 2015 um 82 Prozent zurückgegangen“ heißt es aus dem Ministerium, das hier den Industrieverband Cosmetics Europe zitiert. Und weiter: „Und zur Umweltschädlichkeit der übrigen synthetischen Polymere lägen keine Informationen vor“ so die Information des Ministeriums.”
Klingt irgendwie wieder typisch und nicht danach, dass dieses Problem staatlicherseits ernsthaft angegangen wird.
Ist die Kosmetiklobby vielleicht doch zu stark? Die Industrie hat sich zwar in Gesprächen mit dem Bundesumweltministerium verpflichtet, bis 20120 freiwillig auf die Mikroperlen zu verzichten – doch laut Greenpeace-Aktivistin Sandra Schöttner ist das Verbrauchertäuschung.
Sie sagt dem SPIEGEL: „Zum einen seien flüssige, wachs- oder gelartige Kunststoffe bei dem „Kosmetikdialog“ einfach ausgeklammert worden. Zum anderen beziehe sich die Einigung nur auf „Rinse off“-Produkte, wie Peelings, Shampoos oder Duschgele, die gleich nach der Anwendung abgewaschen werden. Cremes, Haarspray oder Make-up-Artikel, die zunächst auf Haut und Haaren bleiben, seien von der Selbstverpflichtung ausgenommen – obwohl auch sie nach und nach durch den Abfluss rauschen.“
Greenpeace hat bei einer Untersuchung von verschiedenen Kosmetikartikeln über 250 verschieden Kunststoffe darin gefunden. Selbst Silikon, wie es in Bädern für die Abdichtung von Fugen verwandt wird, war – laut der Umweltinitiative – beispielsweise in einem Puder der Firma „Manhattan“ und einer Augenpflege von Niveau enthalten.
Dass das nicht gesund für die tierischen Meeresbewohner sein kann, leuchtet wohl jedem ein.
Und Alternativen? Der SPIEGEL dazu: „Naturkosmetik enthält keinerlei Kunststoffe. Bei Lavera und Co. schrubben zerkleinerte Olivenkerne oder Nussschalen die Hautschuppen vom Körper.“
Insofern bleibt die Frage, ob es wirklich sein muss, dass die Kosmetikregale in Drogerien und Parfümerien immer länger und die Beauty-Blogger, die ihre Einkäufe dort auf Youtube & Co. feiern, immer mehr werden?
Oder ob hier nicht „weniger mehr“ ist?
Weitere Infos dazu im SPIEGEL, Ausgabe 21/2017 und hier im Video: https://utopia.de/video-mikroplastik-jaeger-sammler-51595/
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