Es gibt da diesen Spruch, der davon handelt, dass das Leben „wie ein Zug ist“. Und dass „manche Leute bis zum Schluss mitfahren und manche Menschen nur Wegbegleiter für ein Stück der Strecke sind und irgendwann aussteigen“.
Der Spruch bezieht sich auf Personen, die uns im realen Leben begleiten, auch im Zusammenhang mit Freundschaften.
Wer schon das eine oder andere Jahrzehnt an Lebenserfahrung hinter sich hat, weiß sicherlich nur zu gut, dass das stimmt.
Und auch die Erfahrung, dass manche Freundschaft sich nur über einen gewissen Zeitraum erstreckt, dürften die meisten Frauen gemacht haben.
Seltsamerweise sind es fast nie die dicken „beste-Freundinnen“-Freundschaften, die auseinandergehen, was sicherlich auch daran liegt, dass viele Frauen eine beste Freundin aus Kinder- oder Schultagen haben.
Auch in solchen Freundschaften herrscht nicht immer „Eitel Sonnenschein“, aber dennoch bringt eine jahrzehntelange Frauenfreundschaft so schnell nichts auseinander.
Anders sieht es dagegen mit Freundschaften aus, die Frauen so ab Ende 20 in der Freizeit, am Arbeitsplatz oder auf geschäftlichem Parkett eingehen. Auch hier entwickeln sich nicht selten sehr starke freundschaftliche Bande, aber als so haltbar wie das zur besten Freundin erweist es sich dann doch meistens nicht.
Viele dieser Freundschaften bestehen durchaus Jahre (wenige nur einige Monate), dennoch kommt bei vielen dieser Verbindungen irgendwann der Punkt, an dem sich die Freundschaft überlebt hat.
Nur zu oft ist das ein schleichender Prozess, der zudem unmerklich, fast harmlos, beginnt. Und am Ende mit der eindeutigen Erkenntnis – bei zumindest einem Beteiligten – aufwartet, dass es „nicht mehr passt“.
Die Frage nach dem „WARUM?“ lässt sich dabei jedoch kaum beantworten, zu unterschiedlich sind die verschiedenen Gründe, warum eine Freundschaft irgendwann nicht mehr das ist, was sie einmal war.
Nicht immer – aber häufig – sind verschiedene Lebensmodelle im Spiel, die auch etwas mit demjenigen, der eine bestimmte Lebensweise pflegt, machen, ihn oftmals verändern. In Beziehungen zwischen Mann und Frau wird in solchen Situationen meist davon gesprochen, dass man sich „in unterschiedliche Richtungen“ entwickelt hat.
Was bei Freundschaften zwischen Frauen eben auch passieren kann.
Mir ging das mal so, als ich aufs Land zog.
Eine gute Freundin von mir, mit der mich bis dato super verstand und ich viel Zeit mit ihr verbrachte, konnte das absolut nicht verstehen, sie lehnte mein Lebensmodell schlichtweg ab und machte mir auch im Vorhinein mein Vorhaben, in ein Dorf zu ziehen, madig, wo sie nur konnte.
Sie war (und ist) der cool-urbane Stadtmensch, ich gewöhnte mich an die eher bodenständigere Lebensweise auf dem Land, genoss das dörfliche Leben und bewegte mich auch mental immer weiter von ihr weg. Und sie sich von mir.
Obwohl uns räumlich keine allzu große Distanz trennte – ich lebe gerade mal 20 Minuten von ihr weg – hatte sich die Freundschaft überholt. Die einstigen Gemeinsamkeiten waren weg.
Vielleicht gab es sie auch nie.
Denn, wenn ich ehrlich bin, verbrachten wir die meiste Zeit damit, zusammen auszugehen und den kulturell-lifestyligen Spirit der großen Stadt zu inhalieren. Wir hatten Spaß, betratschten dabei den üblichen Frauen-Klatsch, kochten dann und wann zusammen. Wahrscheinlich passte in dieser Zeitphase alles – aber mehr war da wohl auch nicht…Was ich auch daran merkte, dass ich sie – nachdem wir dann irgendwann gar keinen Kontakt mehr hatten – überhaupt nicht vermisste.
Diese Freundschaft dauerte ein wenig mehr als ein Jahr und war somit nur ein kurzes Intermezzo.
Anders erging es mir mit einer Freundin, mit der mich über einige Jahre eine herzlich-vertrauliche Freundschaft verband. Sie wohnte damals ganz in meiner Nähe, kennengelernt hatten wir uns über Freunde.
Auch wir gingen öfter mal zusammen weg, aber mehr noch als das, verbanden uns dieselben Interessen, dieselben Ansichten, die Einstellung zum Leben.
Tiefgründige Gespräche beim Wein, im Sommer auf meiner Terrasse oder mit Picknickdecke im Grünen, waren für uns die Regel denn die Ausnahme.
Geriet eine von uns in eine schwierige Situation, unterstützte die andere sie, wo sie nur konnte. Das ging über sechs Jahre so.
Irgendwann aber hatten wir uns immer weniger zu sagen. Sowohl sie als auch ich waren häufiger auch in anderen Freundeskreisen unterwegs, sie schlug beruflich noch mal neue Wege ein, bis – ja bis wir uns dann irgendwann kaum mehr etwas zu sagen hatten. Hinzu kam, dass sich die Lage im Land veränderte. Politisch hatte auf einmal fast jeder eine Meinung. Unsere Meinungen gingen total auseinander.
Ich denke, auch das war ein Grund, dass wir uns immer mehr voneinander entfernten. Ich erinnere mich an ein Treffen in den letzten Zügen unserer Freundschaft. Wir hatten uns zum Abendessen in einem Restaurant am See, vor unserer Stadt, verabredet.
Und uns überhaupt nichts mehr zu sagen. Wir merkten es beide und versuchte die Situation mit Belanglosigkeiten zu überspielen. So richtig gelang es nicht.
Es war ähnlich einem (Ehe)Paar, dessen Beziehung am Ende war.
Zuhause angekommen dachte ich mir, dass man in einer solchen Situation ja eigentlich genau dasselbe machen sollte, was auch Männer und Frauen machen, die eine Beziehung beenden. Oder wo zumindest einer der Beteiligten die Absicht der Trennung ausspricht.
Ich rief Rita, so der Name dieser einstigen Freundin, kurzerhand an und sprach Klartext. Sagte ihr, dass ich die gemeinsame Basis von früher vermisse, dass ich das Gefühl habe, die Freundschaft ist einfach nicht mehr das, was sie mal war.
Rita war überrascht ob meines Anrufes, aber schnell stellte sich heraus: sie empfindet ebenso.
Wir verständigten uns also über unsere „Trennung“ und legten kurz danach auf.
Bis heute habe ich nichts mehr von ihr gehört, aber wie auch schon bei der anderen, oben erwähnten, Freundin, hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass ich sie vermisse.
Insofern kann ich nur allen Geschlechtsgenossinnen, denen es in Frauenfreundschaften ebenso ergeht (für Männer kann ich nicht sprechen – keine Ahnung, wie die das händeln…) dazu raten, auch bei einer Frauenfreundschaft den Schlusspunkt ganz klar und offen zu kommunizieren.
Wenn man das Gefühl hat, es geht nicht mehr. Wie eben in einer Partnerbeziehung auch.
Denn: wie heißt es so schön?! „Wenn`s nicht einfach geht, geht`s einfach nicht“.
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