Ein Gastbeitrag von Sybille.

„Wann ist der Mann ein Mann?“ Diese Frage, die einst auch nölend Herbert Grönemeyer in die Gesellschaft warf, stellte ich mir am letzten Wochenende, als ich mir ein paar Prospekte, die ich in einem Museum mitgenommen hatte, durchblätterte.

Eines der Prospekte, eine ziemlich dicke Broschüre, hatte fast ausschließlich Selbstfindungs-Seminare zum Thema. Und dies in allerlei Facetten.

Obgleich die Seminare alle in der Region oder in benachbarten Bundesländern stattfanden, waren deren Inhalte fast ausschließlich fernöstlich oder indianisch geprägt – was sehr putzig anmutete.

Denn – mal ehrlich! – Erzgebirge und schamanisches Ritual, so richtig harmonisiert das ja eigentlich nicht…!

Allerdings entpuppte sich die ganze Broschüre voller esoterischer Angebote. Und: diese Angebote richteten sich ausschließlich an Männer.

Männer, die sich finden sollen, die in Balance kommen sollen, die ihre Männlichkeit entdecken sollen.

Dies alles mittels exotischer Rituale.

Ich stellte mir meinen Partner vor, wie er – in einem Lendenschurz indianisch bekleidet – seine innere Mitte sucht.

Ganz ehrlich: würde mein Partner solchen Hokuspokus benötigen, um sich als Mann zu fühlen – ich würde an ihm zweifeln!

Warum? Weil man Männlichkeit entweder hat oder nicht hat. Entweder ist man(n) ein Typ, der Männlichkeit ausstrahlt oder ein Weichei mit Hipster-Dutt und mit dem „Coffee-to-go“-Becher ins „Co-Working“-Space schlurfend. Klar – irgendwo ist das ein Klischee, aber eines, das sich sehr oft bewahrheitet. Letzterer – der Hipster-Typ – ist ganz sicher auch offen für Angebote, die Männern den Weg zur Männlichkeit zeigen. Richtige Männer brauchen das nicht, die sind männlich.

Ohne diese Offerten ins Lächerliche ziehen zu wollen, aber: was soll das alles bringen? Glauben die Teilnehmer wirklich, dass sie in einem Stunden-Workshop oder Wochenend-Seminar herausfinden können, wo ihre Männlichkeit wohnt? Solchen Angeboten – die es ja auch für viele andere Themen gibt – misstraue ich per se.

Zumal ja heutzutage gewisse Berufsbezeichnungen nicht geschützt sind und sich nahezu jeder als Coach verwirklichen kann.

Komischerweise fühlen sich heutzutage sehr viele Leute – Männer wie Frauen – dazu berufen, andere Menschen zu coachen. Diese Schwemme an Coaches ist deshalb auch mit Skepsis zu betrachten. Ebenso wie ihre Arbeitsweise.

Der eine empfängt in der noblen Jugendstil-Etage, der andere mit Lendenschurz im Wald.

Es gibt alles. Und: gerade das sollte misstrauisch werden lassen. Es lohnt sich, hier viele Angebote zu vergleichen und die seriösen von den unseriösen zu trennen.

Aber – um auf das Männerthema zurückzukommen -: mein Mann wäre nicht mein Mann, wenn er Hilfe bräuchte, um sich seiner Männlichkeit zu vergewissern oder sich diese erstmal aneignen müsste. Männlichkeit hat man(n) oder hat man nicht.

Kein Coach oder Esoterik-Schamane kann diese herbeihexen. Insofern sind und bleiben solche Angebote für mich (wohlgemerkt: FÜR MICH!) esoterischer Ringelpietz mit Anfassen. Nicht mehr und nicht weniger.

Bildnachweis: pexels.com

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