Mitte 40 – eine Zeit inmitten des prallen Lebens. Man widmet sich dem Beruf, der Familie – oft bringt man beides unter einen Hut. Trotz des vielen Stresses, den so manche von uns täglich hat, denkt man nicht im Traum daran, dass einem mal eine ernsthafte Krankheit oder gar ein Unfall ereilt.
Sind wir ehrlich: nicht selten geht man davon aus, dass uns “DAS” nicht ereilt. Von wegen! Wie schnell die Normalität in den Wahnsinn abgleiten kann, zeigt das Beispiel von Karin Büchel. Mit Mitte 40 erlitt die vierfache Mutter einen Schlaganfall. Sie kämpfte sich mit einem eisernen Willen ins alltägliche Leben zurück und widmet sich heute mit Leidenschaft dem Schreiben.
Wir haben mit ihr gesprochen, hier das Interview:
FP: Sie erlitten mit Mitte 40 einen Schlaganfall – in welcher Lebenssituation befanden Sie sich damals gerade?
KB: Ich stand voll im Leben. Verheiratet, vier Kinder, Berufstätigkeit. Das Übliche, was ich als Frau alles unter einen Hut bringen musste und auch wollte.
FP: Dürfen wir fragen, wie Sie diese dramatischen Stunden erlebt haben – wie muss man sich das vorstellen – einen Schlaganfall zu bekommen?
KB: Ich merkte eine gewisse körperliche Veränderung. Meine Beine gehorchten nicht so wie sie sollten, mein Kopf drohte zu platzen und meine Sprache war anders. Linksseitig spürte ich es verstärkt, konnte es aber in keinster Weise einordnen. Das Ganze begann am Nachmittag auf einem Elternsprechtag. Ich bin dann noch mit dem Auto nach hause gefahren, obwohl ich die Kupplung kaum betätigen konnte. Ich ratterte im ersten Gang durch unseren Ort und legte mich zu Hause auf die Couch. „Eingeklemmter Nerv“ schoss es mir durch den Kopf. An einen Schlaganfall habe ich nicht im Traum gedacht.
FP: Wie ging es dann weiter, wie erlebten Sie diese schlimme Zeit?
KB: Eigentlich so ein bisschen wie in Trance. Mein Mann rief den Rettungswagen. Dann nahm alles seinen Lauf. Ich kam sehr schnell in die Klinik, die für Schlaganfallpatienten die Beste hier im Umkreis ist. Viele kompetente Ärzte, Schwestern… kümmerten sich um mich. Ich fühlte mich in guten Händen.
FP: gab es einen bestimmten Zeitpunkt oder einen Auslöser / ein Erlebnis, ab dem Sie wussten, dass Sie eine Chance auf Genesung haben?
Ich habe nie daran gedacht, nicht mehr gesund zu werden. Nie! Wahrscheinlich lag es daran, dass vier Kinder auf mich warteten. Vielleicht lag es auch an meiner Grundeinstellung zum Leben, denn aufgeben und sich dem Schicksal einfach ausliefern, liegt mir nicht. Ich bin ein absolut positiv denkender Mensch. Ich wollte mich dem Schlaganfall nicht fügen.
FP: hatten Sie eine Vorstellung davon, wie Sie Ihr Leben „danach“ gestalten wollten?
KB: Nein! Habe auch nicht darüber nachgedacht. Man sagte mir im Krankenhaus, die Chance dass ich wieder laufen könnte, wäre sehr gering. Ich durfte dort drei Wochen nicht aufstehen. Aber ich glaubte fest daran wieder gehen zu können. – Und ich konnte es. Man sagte mir auch, dass ich mit der linken Hand nicht normal arbeiten könnte. Jeden Tag im Krankenhaus habe ich Fingerübungen gemacht und merkte, dass es mir geholfen hatte. Ich kann heute alles machen, nur kenne ich auch meine Grenzen.
FP: Wie leben Sie heute?
KB: Ganz normal. Ich arbeite Teilzeit und schreibe viel. Ein brachliegendes Hobby, welches ich nach dem Schlaganfall wieder zum Leben erweckt habe. Im Krankenhaus hatte ich die Idee zu dem Buch „Einen Schritt langsamer“, welches unmittelbar mit dem Schlaganfall zu tun hat.
Mittlerweile hat sich das Genre total geändert: Ich schreibe mit großer Leidenschaft Kriminalgeschichten mit Lokalkolorit und Kurzgeschichten, die skurril, schwarzhumorig aber auch amüsant sind. Mein neustes Buch heißt „Mord(s)geflüster“. Kurzgeschichten für Unterwegs, für Leute, die kaum Zeit für einen dicken Schmöker haben.
http://www.bod.de/buch/karin-buechel/mordsgefluester/9783734785979.html
Nebenbei halte ich Lesungen. Demnächst geht es nach Berlin, wo ich eine von fünf Autoren bin, die an einem Autorengesprächskreis von ANUAS e.V. teilnehmen. Im Herbst lese ich auf der Nordseeinsel Juist. Infos sind auf meiner Homepage zu finden: http://karinbuechel.jimdo.com/
Der einzige Unterschied zu der Zeit vor dem Schlaganfall ist der, dass ich mir zwischendurch öfter eine Pause gönne und durchatme.
FP: Wer unterstützte Sie in der schweren Zeit?
KB: Meine Familie! Ich habe einen tollen Partner und vier Kinder, auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann.
FP: was war das Schlimmste, was sie in der Zeit nach dem Schlaganfall erlebt haben? Oder auch das Schwierigste?
KB: Eigentlich nichts…
FP: >Haben Sie einen Rat an Frauen, wie man das Risiko eines Schlaganfalls minimieren kann?
Ich hatte einen Schlaganfall, obwohl ich weder Raucherin bin noch Unmengen an Alkohol trinke. Auslöser war wohl, neben der genetischen Veranlagung, der tägliche Stress.
Mein Rat: Einen Schritt langsamer durch das Leben gehen, auch dann kommt man an das Ziel. Dauert vielleicht etwas länger, aber das ist egal.
FP: Gibt es ein bestimmtes Lebensmotto für Sie?
KB: Ja, ich lebe nach folgendem Zitat: „Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden.“ (Mark Twain).
Das klappt natürlich nicht immer, aber der Versuch ist es wert. Jeden Tag aufs Neue.