Gut geratene & erzogene Kinder – ein Auslauf-Modell?

Im Netz geistern ja bekanntlich unzählige Ansichten zur Erziehung von Kindern herum. Die einen erziehen die Kinder nach bestimmten Maßstäben, die anderen pflegen den „Erziehungs“Stil „unerzogen“, wieder andere widmen sich der antiautoritären Erziehung. Mit dieser Aufgabe ist es wie mit allem im Leben: es ist vor allem eine Aufgabe, die sich sehr verschieden und individuell gestaltet.

In den allermeisten Fällen ist die Erziehung geprägt von DER Erziehung, die die Erziehungsberechtigten oder die oder der einzelne Erziehungsberechtigte selbst erfahren haben. Sowohl negativ als auch positiv.

Sprich: hat jemand als Kind Schläge erfahren müssen und eine von Gewalt geprägte Kindheit in grauenhafter Erinnerung, wird sie oder eher wohl bei der Erziehung des eigenen Nachwuchses garantiert nicht auf Schläge setzen. Andersherum gibt es allerdings leider auch Leute, die eine gewaltvolle Kindheit erfahren haben und dies bei den eigenen Kindern auch fortsetzen.

Ebenso gibt es unzählige Personen, die eine liebevolle Kindheit hatten und dies – logisch! – auch dem eigenen Nachwuchs angedeihen lassen.

Thema Erziehen online und offline präsent

Und genauso logisch ist auch, dass es unterschiedliche Erziehungsstile gibt und die Meinungen, was man einem Kind durchgehen lassen kann oder nicht, deshalb natürlich auch weit auseinanderdriften. Unzählige Blogs im Internet und spezielle Online- und Offline-Medien zum Thema zeugen davon.

So weit – so gut.

Ob es allerdings so gut ist, was das wohl bekannteste Magazin für Eltern (ELTERN), für Mamas und Papas, kürzlich veröffentlichte, ist fraglich.

Denn das etablierte Heft veröffentlichte doch tatsächlich – sowohl online als auch offline, wie es auf Nachfrage unsererseits hieß – drei Worte, die es in sich haben.

Und zwar folgende: „Erziehen ist Gewalt“.

Dieser ungeheuerliche Satz – und vieles mehr, worüber man nur den Kopf schütteln kann – fiel im Rahmen eines Interviews, das die Berliner Bloggerin und Kinderrechtsaktivistin Aida S. de Rodriguez der Zeitschrift ELTERN gab. Geführt hat das Interview Nora Imlau, die im Netz auch immer mal mit kruden Aussagen im Rahmen des Themas „Kinder erziehen“ von sich reden macht, aber in dem besagten Interview erstaunlich normale Fragen stellte.

Die typische Blogger-Mama mit weltfremder Einstellung?

Die vorgestellte Bloggerin selbst – Aida S. de Rodriguez – betreibt im Netz eine Website, auf der man zunächst erfährt, dass sie sich dem Erziehungsstil „unerzogen“ verschrieben hat und irgendwie überall zuhause ist. Man kennt das ja von Leuten ihres Schlages. Klingt ein bisschen nach „Mama geworden, bloggt jetzt und reist in der Welt herum“. Ob das Klischee stimmt, muss jeder selbst herausfinden, ich habe die Website ganz schnell wieder verlassen, nachdem mir Themen á la „Das Trauma der Erziehung“ entgegen blinkten.

Ich halte nämlich nichts vom Erziehen dieser Art. Und dass man mit derlei Methode auch nicht ganz auf dem rechten Erziehungsweg sein kann, beweist das eingangs erwähnte Interview ganz hervorragend.

So vertritt Frau S. de Rodriguez tatsächlich die Ansicht „Erziehen ist Gewalt“.

Gleich zu Beginn des Interviews, bei dem die Fragestellerin darauf eingeht, dass es für viele Menschen absurd erscheint, wenn gesagt wird, man solle Kinder nicht erziehen und ihre Interviewpartnerin fragt, warum das Erziehen gemein ist, legt sie los und äußert sich so:

„Weil Erziehung Kinder diskriminiert. Der Gedanke, dass ein Mensch einem anderen Menschen vorschreiben darf, wie er zu sein hat, nur weil zwischen diesen beiden Menschen ein Altersunterschied besteht, ist in unserer Gesellschaft so tief verankert, dass uns die tiefe Ungerechtigkeit darin oft gar nicht mehr auffällt.”

„Altersunterschied“?, „Vorschreiben“?

Wer Kinder hat und solche Äußerungen hört oder liest, der wird sich wahrscheinlich mehrfach fragen, ob es tatsächlich Leute gibt, die solche Aussagen tätigen, denn sie sind – ganz ehrlich – mehr als krude!

Seit unzähligen Jahren bereiten Eltern Nachwuchs auf`s Leben vor

Immerhin ist es seit Abertausenden von Jahren die naturgemäße Aufgabe einer jeden Mama, eines jeden Papas, den Nachwuchs mit Erziehung auf das Erwachsenenalter und auch auf das Leben – auf die Welt – vorzubereiten. Und diese Aufgabe muss nicht mal jemand stellen, nein:

jeder Mensch, der Kinder und einen gesunden Menschenverstand hat, widmet sich dieser Mission mit der Geburt seines Nachwuchses ganz automatisch.

Und an Diskriminierung im  Zusammenhang mit „Kindern etwas vorschreiben“ auch nur zu denken, zeugt von einem wahrhaft verdrehten Weltbild. Und von – sorry – Dummheit und Unkenntnis sowieso.

Sehen wir uns doch dazu einmal kurz die Definition zum Begriff „Diskriminierung“ an. Wikipedia gibt dazu wie folgt Auskunft:

„Diskriminierung bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen nach Maßgabe bestimmter Wertvorstellungen oder aufgrund unreflektierter, z. T. auch unbewusster Einstellungen, Vorurteile oder emotionaler Assoziationen.“

Wie also Frau S. de Rodriguez darauf kommt, dass man ein Kind beim Erziehen benachteiligt oder gar herabwürdigt, ist nicht nachvollziehbar. Nehmen wir doch nur mal das Stichwort „Mahlzeiten“ – ein Bestandteil in Sachen Erziehung.

Mahlzeiten werden – im Normalfall – in der Familie nach einem bestimmten Rhythmus eingenommen und es kommen auch ganz bestimmte Sachen auf den Tisch.

Schon das gemeinsame Mahl gibt Orientierung

Und was genau, das bestimmt, wenn die Kinder klein sind, ganz klar die Mutter oder der Vater. Sprich: zum Frühstück stehen  zumeist Brötchen, Toast oder Eier auf dem Speiseplan und zum Mittag (bzw. oft auch zum Abendessen) Nudeln, Schnitzel oder Auflauf.

Dass ein Kind diesen Mahlzeiten beiwohnt und mahlzeitengerecht isst, ist Erziehung. Und auch Orientierung.

Ließe man diese weg und würde man seinem Kind hier überhaupt nichts vorgeben, liefe es wohl darauf hinaus, dass das Kind den ganzen Tag über Gummibären isst oder sich Wiener Würstchen aus der Packung angelt und es hier nicht mal für nötig erachtet, am Tisch Platz zu nehmen.

Schon dieses simple Beispiel zeigt, wie absurd es ist, zu sagen, dass Erziehung Kinder diskriminiert. Weder findet im Vorleben solcher „Basic-Handlungen“ eine Herabwürdigung des Nachwuchses statt, noch eine Benachteiligung.

Aber es kommt – man ahnt es – noch schlimmer.

Die Autorin Nora Imlau sagt im Interview, auf die Ausführungen von S. de Rodriguez, zur Umstellung vom Erziehen zum Nicht-Erziehen, folgendes:

„Natürlich ist das eine schöne Vorstellung: alles im Konsens zu lösen. Doch wer mehrere Kinder hat, kennt genug Situationen, in denen das einfach nicht geht. Beispiel: Ich muss meine Tochter aus der Kita abholen, mein Zweijähriger will gerade aber partout nicht das Haus verlassen. Irgendwann schnappe ich ihn mir dann einfach und gehe mit ihm los – freundlich, aber bestimmt.“

Eine Situation, die so oder ähnlich wohl jeder kennt, der Kinder hat.

Die Bloggerin S. de Rodriguez antwortet daraufhin wie folgt:

„Und übergriffig. Denn mit einem Erwachsenen würden wir das niemals machen: ihn einfach schnappen. Das fänden wir respektlos. Und bei einem Kind soll das in Ordnung sein, nur weil es kleiner ist? Natürlich kenne ich solche stressigen Alltagssituationen auch, und gerade als meine Zwillinge noch klein waren, war ich vor Terminen mit ihnen oft schweißgebadet, weil beide partout nicht in den Buggy wollten. Gleichzeitig war für mich klar: Gewalt ist keine Lösung, und sie einfach reinzusetzen und festzuschnallen ist Gewalt.“

Eigentlich kann man bei derlei dummen Äußerungen aufhören, das Interview zu lesen. Ich habe es aber dennoch bis zum Ende getan und – Sie ahnen es sicherlich! – es geht bis zum Schluss in diesem weltfremden Stil weiter.

Weltfremde Vorschläge zum Thema Erziehen

Und gipfelt zudem noch in völlig abstrusen Tipps bezüglich des Zähneputzens bei Kindern. Eine Tätigkeit, die von den Kleinen ganz gern mal vergessen wird – bewusst oder unbewusst. Frau Imlau fragt denn auch zum Thema Zähneputzen folgendes:

„(…)Anderes Beispiel, Zähneputzen: Da finden sich im Internet Berichte von Eltern, die „unerzogen“ leben und ihrem Kind seit Wochen nicht die Zähne geputzt haben, weil es das nicht will. Ist das noch Selbstbestimmung oder schon Vernachlässigung?“

Die Antwort von Frau S. de Rodriguez lautet: „

„Wenn Eltern sich entscheiden, nicht mehr zu erziehen, fallen bestimmte Handlungsoptionen einfach aus. Ein Kind zum Zähneputzen zu zwingen ist ein solches Beispiel. Das ist Gewalt, und Gewalt ist indiskutabel – egal, welche Gründe dahinterstehen. Doch „unerzogen“ zu leben bedeutet nicht, einfach aufzugeben und zu sagen: dann eben nicht. Sondern mit meinem Kind in Beziehung zu treten und zu schauen: Was kann ich jetzt tun, um ihm diese Sache, die mir wirklich wichtig ist, zu erleichtern? Woran liegt seine Scheu, seine Abwehr?“

Daraufhin wieder Fragestellerin Imlau:

„Und wenn ich alles ausprobiert habe und trotzdem nichts funktioniert?“

Und Bloggerin S. de Rodriguez` Antwort:

“Dann muss ich das Thema vielleicht wirklich erst mal eine Weile ruhen lassen. Zahnhygiene ist wichtig, aber Schäden an den Zähnen lassen sich leichter reparieren als Schäden an der Seele.“

Wer sich nach solchen verdreht-realitätsfremden Äußerungen zu Recht fragt, wie denn Kinder, die so „erzogen“ worden sind, später mal im Leben zurecht kommen sollen, nun – auch für den hat Frau S. de Rodriguez eine Antwort.

Nämlich diese – auch getätigt in dem besagten Interview:

„Ich halte es für eine Illusion, unsere Kinder auf die Welt von morgen vorbereiten zu können. Wer weiß schon, welche Fähigkeiten sie in 20 oder 30 Jahren dringend brauchen?“

Offenbar ist der träumerischen Mama-Weltenbummlerin entgangen, dass es schon seit mehreren Hundert Jahren ein gewisses Benehmen, entsprechende Werte, Handlungen und auch Tugenden gibt, die es mit Sicherheit auch zukünftig geben wird.

Unerzogene Taugenichtse in der Welt von morgen?

Körperpflege gehört ebenso dazu, wie die Tradition, zu gewissen Tageszeiten gewisse Mahlzeiten einzunehmen – wenn irgend möglich, im Kreise der Familie. Schon vor zig Tausenden von Jahren haben Männer, Frauen und Kinder ihr Mahl gemeinsam vor oder in der Steinzeit-Höhle eingenommen und wann immer es möglich war, haben selbst unsere Vorfahren Wert auf Hygiene gelegt. Zwar war das zu gewissen Zeiten nur mit mäßigem Erfolg verbunden, aber nicht umsonst macht ja der Mensch im Laufe der Jahre zivilisatorische Fortschritte.

Wie die Zukunft aussehen könnte, wenn Eltern sich der bedeutsamen Aufgabe der Erziehung ihrer Kinder verweigern, mag man sich deshalb gar nicht wirklich ausmalen.

Ungeputzte Zähne und sich – im Schlurfgang – rund um die Uhr Gummibärchen einwerfen, dürften dereinst wohl das kleinere Übel der Generation „Unerzogen“ sein…

Wenn Sie sich den Artikel durchlesen möchten, Sie finden ihn hier.

Bildnachweis (Symbolbild): pixabay.com

 

 

7 Gedanken zu „Bloggerin im ELTERN-Magazin: „Erziehen ist Gewalt““
  1. Hallo Katja,
    Ich bin echt verwundert über die Oberflächlichkeit deiner Recherche und die Negativität deines Textes.
    Aida ist keine weltfremde Weltenbummlerin-Mama. Sie steht mit beiden Beinen im Leben, arbeitet als Coach, Seminarleitern und hat eine Schule gegründet, während sie sich sehr liebevoll um ihre 3 noch relativ kleine Kinder kümmert.
    Dazu gehören u.a. gemeinsame Mahlzeiten. Denn bei „unerzogen“ (übrigens: KEIN Erziehungsstil) geht es um Beziehung und um Vorleben. Und wenn die Eltern sich an den Tisch setzen und die Kinder liebevoll dazu einladen und diese mitessen (wenn sie Hunger haben) dann hat es nichts mit klassischer Erziehung zu tun…
    Ich frage mich tatsächlich ob du das Schreiben solcher Texte deinen Beruf nennst. Dann würde ich dir empfehlen, die Arbeit ernster zu nehmen und eine professionelle Recherche zu machen, statt aus lauter Empörung oberflächlich und eher lächerlich zu reagieren…

  2. Tatsächlich könnte ich kotzen, wenn ich lese wie katja hier über und gegen eine andere frau wettert. solange wir uns immer einfach gegenseitig negativ beurteilen, statt zu versuchen einander zu verstehen, wird die welt nicht besser. vielleicht will katja das auch gar nicht, sondern nur hetzen?
    und am besten noch „mir hat meine erziehung auch nicht geschadet…“ nein? dann frag dich mal, wieso du nicht wertschätzend anderen gegenüber bist…

  3. Eigentlich hätte ich bei dem Artikel vorher zu lesen aufhören sollen – hab ihn dennoch bis zum Ende gelesen. Was für schwachsinnige Ausführungen. Festgesetzte Essenszeiten – alles recht und gut. Warum soll aber jemand essen, wenn er keinen Hunger hat? Ach ja, weil man das ja schon immer so gemacht hat. Sinnvolle Argumentation!
    Zum Glück ändert sich vieles – sonst würden unsere Kinder in der Schule immer noch geschlagen werden, Frauen (noch mehr) unterdrückt werden, etc.

  4. Ich zitiere hier noch so eine “träumerische Mama” mit einer “dummen Äußerung” und einem “weltfremden Stil”:
    “…Lasst eure Kinder mal was dazu sagen
    Hört ihnen richtig zu.
    Die spür’n sich noch, die ham Feeling für die Welt,
    Die sind klüger als ich und du.

    Und denkt dran, bevor ihr antwortet:
    Ihr seid auch bloß verletzte Kinder.
    Am Ende gibt’s wieder ganz neue Symptome, und ihr wart die Erfinder.
    Und dann sagt ihnen wieder, wie’s richtig geht:
    „Werd erwachsen” und „bist du naiv”, Predigt Formeln, lasst alles in Hefte schreiben,
    Die Götter lachen sich schief…”
    https://www.youtube.com/watch?v=pBLJNe8hsKE

  5. Hallo Katja,
    auch ich bin vor ca. 2,5/3 Jahren auf ein Video von Aida gestoßen, in dem sie sagte Erziehung ist Gewalt. Mir ist zunächst alles aus dem Gesicht gefallen. Und ich dachte, man kann doch liebevoll erziehen usw.
    Aber es ließ mich nicht los. Und ich las und lernte. Nicht nur von Aida, sondern auch von vielen anderen wie Herbert Renz-Polster, Alfie Kohn, Katja Saalfrank und vielen mehr. Und ich habe erkannt, dass ich Aida zustimme und bin sehr dankbar für Ihre Worte.
    Und ich bin mir sicher, dass Aida gerne mit ihrer Familie gemeinsame Mahlzeiten einnimmt, aber nicht, weil es sich so gehört, sondern weil alle beteiligten Familienmitglieder dabei Freude haben. Und das wiederum liegt in der Verantwortung der Eltern: Gemeinsame Mahlzeiten so zu gestalten, dass alle Bedürfnisse erfüllt werden. Und nicht einfach eine Regel fest zu setzen.
    Ich verstehe Ihren Schock. Und dennoch bitte ich Sie, tiefer zu gehen. Sowohl in Ihrer Recherche als auch in Ihrer eigenen Selbstbeobachtung.

  6. Was an einem Familienessen erzieherisch sein soll, hab ich nach ihrem Artikel allerdings nicht verstehen können. Außer Sie geben non Stop Anweisungen.
    Erziehung ist Beispiel und Liebe – sonst nichts. Das wußte schon Fröbel 🙂

  7. Liebe Katja!

    Schade, dass du die Seite von Aida so schnell verlassen hast. Sehr Schade ist deshalb auch,dass diese Meinung hier eine Meinung bleibt. Leider mit wenig Substanz. Oberflächlich. Das ist in so fern traurig, weil in all den was Aida auf Ihrer Seite veröffentlichtlicht so viel wertvolles weiterbringendes steckt. Ich bin sicher,du hättest etwas gefunden,dem du Zustimmen kannst. Was hat dieser o.g.”Artikel” dann für einen Zweck? Willst du Eltern aufrütteln ihre Kinder nicht nicht zu erziehen? Leider,liest es sich für mich eher wie eine Defamierung,weil du es “ungeheuerlich” findest….und das gehört für mich in die Kategorie “Mama Bashing”. Schade. Echt. Ich bitte dich, nochmal in aller Ruhe die Seite von Aida zu lesen und das zu spüren was in die passiert. Ist es “deins” also deine Erziehung? Oder geht Aida da wirklich zu weit?

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