Heutzutage ist es für die meisten Menschen recht normal, wenn der Mann in Elternteilzeit geht und die Frau beispielsweise für die neue Autoversicherung Fakten recherchiert – zum Glück. In Sachen Gleichberechtigung wurden im noch jungen 21. Jahrhundert bereits entscheidende Fortschritte gemacht. Dennoch würden wohl viele der Behauptung widersprechen, dass die Benachteiligung der Frauen damit aus unserem Alltag verschwunden sei.

Digitaler Feminismus

Die Digitalisierung unseres Lebens bringt tiefgreifende Veränderungen mit sich, auch für die Feminismus-Debatte. Social-Media-Phänomene wie die zuletzt in die Schlagzeilen geratene #metoo-Kampagne entpuppen sich jedoch häufig als wenig konstruktiv.

Unter anderem haben beispielsweise mehr oder weniger berühmte Frauen nicht selten versucht, die Opferrolle schlicht dafür zu nutzen, Aufmerksamkeit zu erheischen. Ist es also sinnlos, die Feminismus-Debatte ins Internet zu verlagern? Keinesfalls. Denn die digitale Form des Kampfes um Gleichberechtigung kann von der Vielzahl der Kanäle profitieren – und erreicht so ein größeres Publikum. Sie darf nur nicht vom Thema abkommen. Vielleicht ist das Bild in der Badebekleidungswerbung eben doch kein schlecht versteckter Sexismus, sondern einfach nur ein Bild für Badebekleidung.

Linguistischer Feminismus

In unserer Alltagssprache verstecken sich überlieferte frauenfeindliche Sprachgewohnheiten, die den meisten Menschen nicht einmal auffallen. Obwohl Sprache etwas Lebendiges ist und sich auf natürliche Weise im Laufe der Zeit verändert, kann ein solcher Wandel doch immer nur langfristig erfolgen. Es kann also dauern, bis eine sprachliche Veränderung wirklich den Weg in alle Gesellschaftsschichten gefunden hat. Deutsche Feministinnen setzten deshalb im Kampf für ein geschlechtergerechtes Deutsch in den 80er-Jahren erfolgreich die Abschaffung der Anrede “Fräulein” durch. Sie griffen zu sprachpolitischen Maßnahmen, da ihnen ein natürlicher Wandel hin zu einer feministischeren Sprache zu lange gedauert hätte.

Heute wird Feministische Linguistik als Teilgebiet der Linguistik gesehen und einige deutsche Universitäten bieten mittlerweile Seminare zum Thema an, etwa im Studiengang Gender Studies. Eine Debatte, die schon seit einigen Jahren im Gange ist, konzentriert sich auf die Personenbezeichnungen. Unsere Sprache greift auf das kontroverse generische Maskulinum zurück:

Immer wenn das Geschlecht unbekannt ist oder eine Pluralbezeichnung männliche und weibliche Personen gleichermaßen einschließt, wird im Deutschen einfach das Maskulinum verwendet. Schlicht harmlose Tradition oder doch Machismus? Feministische Sprachkritikerinnen entwickelten Lösungsvorschläge wie den als Gender Gap bezeichneten Unterstrich (Helfer_innen), den Schrägstrich (Helfer/innen) oder das Binnen-I – von denen sich nur die letztere Lösung etabliert hat. Aber selbst sie wird nicht konsequent angewandt, da dies den meisten Menschen dann doch zu umständlich ist. Das Englische hat es da mit seinem Universalartikel the viel leichter.

Charakteristisch für unsere Zeit ist, dass selbst die vermeintlichen Errungenschaften der Feminismus-Debatte nicht leicht in die Gut- oder Böse-Kategorie einzuordnen sind. Sind Frauenparkplätze eine praktische Errungenschaft oder glatt entwürdigend? Keiner wird bestreiten, dass es sie noch gibt, die Benachteiligung von Frauen. Auch im Internet. Auch in der Sprache. Aber es wird daran gearbeitet.

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