Frauen finden sich in einer Opferrolle: Opfer schmerzender Schuhe und überhöhter Schönheitsideale, Opfer gescheiterter Beziehungen und enttäuschender Datingversuche. Frauen sind Opfer gesellschaftlicher Rollenzuweisungen, erniedrigender Beschäftigungsverhältnissen und unfairer Lohnstrukturen. Folgt daraus, dass Männer Täter sind? Nicht unbedingt. Was Frau nun tun kann – und muss.

Es mag wahr sein, dass Frauen strukturell benachteiligt werden. Und es mag wahr sein, dass einige Männer diese Macht ausnutzen und Frauen aktiv unterdrücken. Aber das Verhältnis zwischen Mann und Frau im Allgemeinen ist keines zwischen Täter und Opfer – auch wenn unzählige Artikel uns das weismachen wollen. Warum wir Frauen selbst auch Täter im Kampf um Geschlechterzuweisungen sind – und was wir dagegen tun können.

Wie man mit Mode Geschlechterrollen bekämpft

Durch unsere modischen Entscheidungen sind wir mit dafür verantwortlich, wie Geschlechter gesehen werden. Schon mit unseren alltäglichen Modeentscheidungen können wir deswegen für mehr Gleichberechtigung eintreten: So sind etwa gemütliche Kapuzenpullover als Männermode vermarktet, aber gerade durch ihren legeren Schnitt auch wunderbar für Frauen geeignet. Weshalb also sollte man sich auf sogenannte Frauenmode beschränken? Und andersherum: Wieso sind bestimmte Farben, Schnitte, ja ganze Kleidungsstücke Frauen vorbehalten? Es mag unbedeutend scheinen, aber wenn wir anfangen, Mode als Ausdruck der Persönlichkeit abseits der Geschlechterzuschreibungen zu betrachten, ist ein großer Schritt für die Gleichberechtigung getan.

Das soll keineswegs heißen, dass Frauen auf schöne Kleidung oder Make-up verzichten und mehr wie Männer werden sollen – ganz im Gegenteil: der modische Ausdruck liegt im Idealfall jenseits von Geschlechterbildern. Das Zarte, das Schöne, das Praktische, das Macherische: All das werden genderneutrale Zuschreibungen, die sich gegenseitig nicht ausschließen. Die Mode ist dabei lediglich ein Sinnbild für die verinnerlichten Geschlechterrollen. Letztendlich müssen wir unsere Verhaltensweisen und Denkmuster ändern.

Eigene Verhaltensweisen und Denkmuster reflektieren

Sich nicht von Rollenklischees zurückhalten lassen – das ist leichter gesagt, als getan. Vor allem da uns oft nicht einmal bewusst sind, wie vorgegebene Geschlechterrollen unser alltägliches Verhalten beeinflussen. So gelten Verhaltensmuster wie Bescheidenheit, Unsicherheit oder Passivität als typisch weiblich – doch sind sie wohl eher dem Nachleben einer Geschlechterrolle geschuldet, als persönlichen Charakterzügen.

Auch kann man immer wieder beobachten, wie Frauen sich über Häuslichkeit, Begehrtheit und insbesondere auch ihr Liebesleben definieren. Der Schluss liegt nahe, dass auch dieses Phänomen eher mit Geschlechterrollen als der individuellen Persönlichkeit zu tun hat. Das soll nicht bedeuten, dass diese Faktoren im Leben einer Frau keine Rolle spielen sollen, jedoch schwellen sie oft zu Denkmustern an, die das gesamte Leben vereinnahmen können. Deswegen steht jede Frau in der Verantwortung, diese Denkmuster individuell zu ergründen, um so herauszufinden, welcher Lebensentwurf wirklich ihren eigenen Interessen und Vorstellungen entspricht.

Mit gutem Beispiel vorangehen: Von #MeToo zu #OhneMich

Die Zahl weiblicher Vorbilder steigt stetig: Insbesondere auf Social Media Plattformen eröffnen Frauen einen Raum außerhalb der Geschlechternormen. Die Infragestellung von Geschlechterrollen ist allerorts präsent. Kaum etwas verbildlicht das passender als die Tatsache, dass #MeToo es auf das Cover des TIME Magazine geschafft hat. Das Aufzeigen der alltäglichen Unterdrückung und Erniedrigung von Frauen ist wichtig, jedoch darf die Debatte hier nicht stehenbleiben. Denn im gesamtgesellschaftlichen Kontext sind Frauen nicht bloß die Opfer. Sie sind selbst auch Täter, wenn sie durch ihr eigenes genderkonformes Verhalten und Verurteilen anderer Stereotype am Leben erhalten und verfestigen.

Es braucht deswegen eine neue Bewegung, die sagt: #OhneMich. Eine Bewegung, in der alle gemeinsam für mehr Geschlechtergerechtigkeit kämpfen, indem alle die oft bequemen Geschlechterrollen hinterfragen und fallen lassen. Diese Bewegung muss zu der Akzeptanz führen, dass kein Mensch und schon gar nicht ganze Menschengruppen bloß als Mann oder Frau, Täter oder Opfer zu begreifen sind – und dass jeder Einzelne die Verantwortung hat, sich und alle anderen von diesen Rollen zu befreien.

Bild: ©istock.com/Jacob Ammentorp Lund

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