Young hipster man with backpack waiting for trainIn der letzten SPIEGEL-Ausgabe  blieb ich an einem Bericht über junge Leute hängen, die nach der Schule, ihrem Abi, nicht so richtig wussten, in welche berufliche Richtung es gehen – sich das Leben nun weiter gestalten – soll.

Viele wollten – klar! – „erst mal raus“, meist ins Ausland, den ganzen Schulstress erst mal hinter sich lassen.

Soweit – so einleuchtend.

Dann aber wurden verschiedene junge Leute porträtiert und es wurde beleuchtet, in welchem “Dilemma” sie stecken. Sie können sich nämlich zwischen den vielen Optionen, die das (Berufs)Leben bietet, nicht entscheiden. Und kommen somit in Sachen “Beruf und Karriere” zu keinem wirklichen Ergebnis, hängen erst mal in der Luft.

Mich erstaunt das.

Gut – ich bin viel älter und natürlich möchte ich hier nicht den tumben Spruch á la „die Jugend von heute“ loslassen, weil wohl jede ältere Generation – mal mehr, mal weniger – skeptisch auf die Nachrückenden schaut.

Aber dennoch: ich frage mich, wie die jungen Leute in dieser Welt voller Möglichkeiten zurecht kommen wollen, wenn sie schon in so jungen Jahren den Überblick verlieren oder gar niemals gehabt haben?

Zudem: hier ist von Menschen die Rede, die in dieses System, in diese Gesellschaft hineingeboren wurden!

Ich selbst stamme aus der DDR und hatte seinerzeit bestimmte Vorstellungen von meinem Beruf. Journalistin sollte es sein, oder Dolmetscherin. Beides scheiterte an meinen Eltern, die den diktatorischen Verantwortlichen nicht „systemtreu“ genug waren. Dann war es das erst mal – eine Auswahl gab es nicht.

Ich ergatterte, gerade noch so, eine Stelle im Büro, machte dort meine Ausbildung, irgendwann kam die Wende. Und damit die unendlichen Möglichkeiten, die sich in den letzten zwanzig Jahren freilich noch mehr als vervielfacht haben.

Ich weiß noch, dass auch ich damals wie „erschlagen“ war, von den vielen Dingen und Möglichkeiten, die das neue System mir bot. Man musste sich in der Tat eine Zeitlang konzentriert orientieren, aber wie das so ist: irgendwann blickt man durch (und erkennt auch, dass dieses System in großen Teilen widerwärtig ist, aber das ist ein anderes Thema….!). Man lernt mit der Zeit, sich im Dschungel der Vielfalt mit DEN Dingen zu beschäftigen, die einem wichtig sind, Spaß machen, zu denen man eine Affinität hat.

Man kann ja auch nicht – nur weil es Millionen von Möglichkeiten gibt, sein Leben zu gestalten – ratlos herum hängen und hilflos die Schulter zucken.

Aber genau so waren die erwähnten jungen Leute in der Reportage drauf!

Mit Erstaunen las ich, dass sogar schon pfiffige Geschäftemacher diese Orientierungslosigkeit als Geschäftskonzept entdeckt haben und den ratlosen, in der Luft hängenden, Nachwuchs dahingehend coachen. Wenn die Eltern bereit sind, für diese Art „Coaching“ fürstlich zu zahlen – versteht sich!

Also hier muss ich ganz klar sagen: schlimmer geht nicht.

Und ich finde, wer das nötig hat, als junger Mensch, gibt damit auch eine Art „Bankrotterklärung“ an das eigene Leben ab. Und das, bevor es überhaupt richtig beginnt – Wahnsinn!

Unbegreiflich für mich, denn: wie kann es sein, dass junge, heranwachsende, Leute, im Meer der Möglichkeiten, ihre Linie nicht finden? Wer versagt hier? Das Elternhaus, die Gesellschaft, der Staat, die Jugendlichen selbst oder keiner der Genannten?

Man entwickelt doch im Laufe der Kindheit und des Jugendalters gewisse Interessen und Vorlieben, merkt, was einem Freude bringt und sich mit leichter Hand gestalten lässt, zu welchen Dingen und Thematiken man sich hingezogen fühlt….!

Es geht doch auch kein Mensch wieder aus dem Supermarkt, wenn er Duschgel braucht, nur weil dort zwei lange Reihen lang diverse Duschgels angeboten werden. Es gibt doch eigentlich immer etwas, worauf man sich konzentriert, was man bevorzugt. Wenn nun also 897 Sorten Duschgel angeboten werden und ich mag den Geruch von Frische – nun dann nehme ich eben die Sorte „frische Brise“ (mal als Beispiel). Wo liegt das Problem?

Kein normaler Mensch würde doch stehenden Fußes deshalb das Einkaufscenter verlassen und sich erst mal ins nächste Café setzen, um zu überlegen, welche Sorte Duschgel er, ob des Überangebotes, kaufen soll!

Wie gesagt: ich verstehe diese Orientierungslosigkeit vieler Jugendliche dahingehend überhaupt nicht.

Haben die kein Bauchgefühl, spüren sie sich selbst gar nicht (mehr)? Was kommt da an einer Generation nach, die sich lieber erst mal „eine Auszeit“ nimmt, als vollen Kurs auf den sogenannten „Ernst des Lebens“ zu nehmen?

Ist es vielleicht der Wunsch, die mehr oder weniger freie und leichte Jugendzeit noch ein wenig zu verlängern? Herrscht hier Angst davor, Verantwortung zu übernehmen – sich auch den wirklich ernsten Fragen des Lebens stellen zu müssen?

Man weiß es nicht.

Ich für meinen Teil finde es schade und erschreckend zugleich, dass es offenbar so viele junge Menschen gibt, die zwar in einer Gesellschaft leben, die ihnen – Intelligenz und Ehrgeiz mal vorausgesetzt – alles bietet, aber denen diese Möglichkeiten scheinbar Angst machen.

Dass dieses Gefühl – Angst – ein schlechter Ratgeber ist, ist ja hinlänglich bekannt, aber sie kann einen auch selbst befallen. Wenn man mitbekommt, wie zaudernd ein Großteil der Jugendlichen die Herausforderungen der Zukunft angeht oder sich ihnen gar nicht erst stellt.

Traurig – wenn man bedenkt, wie viele Milliarden Menschen weltweit nicht den Hauch einer Chance auf Bildung haben.

Insofern sollten die Zauderer ja vielleicht mal für ein Jahr zwangsverpflichtet werden? Zu sozialen Diensten, in Ländern mit null Komma null Möglichkeiten? Nun gut – das wäre wahrscheinlich zu krass und ist auch nur mal „laut gedacht“.

Oder – auch eine Möglichkeit – man schickt die unschlüssige Jugend in die noch immer „neuen Bundesländer“ oder – sofern die Zauderer dort schon leben – verschafft ihnen Zugang zu Leuten in diesen Regionen, die ihre Chance nach der Wende genutzt haben.

Denn zu dieser Zeit haben Millionen Menschen, die über Nacht von einer Gesellschaft mit „kaum Möglichkeiten“ zu „Hunderttausende Möglichkeiten“ katapultiert worden sind, die Gelegenheit beim Schopf gepackt und das Wichtigste überhaupt getan: sich auf ihre Fähigkeiten konzentriert.

Im Zusammenspiel mit den neuen Möglichkeiten, die ab 1989/1990 vorhanden waren, ist da was ganz Großes entstanden.

Vielleicht sollte ja diese Art „anschaulicher Unterricht“ bei der „Generation orientierungslos“ auch auf den schulischen Lehrplan?

Besser als das ganze Gender-Gewäsch wäre das – meiner Meinung nach – allemal!

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