Nachdem erst vor kurzem Bundesfamilienministerin Schwesig mit einem Gesetz viele finanziell schwache Alleinerziehende schlechter stellte (diesen Leuten wird nunmehr Geld aus Jobcenter-Leistungen abgezogen, wenn der Nachwuchs sich beispielsweise am Wochenende beim anderen Elternteil aufhält) und damit Entsetzen und Empörung bei Alleinerziehenden-Verbänden und den Betroffenen hervorrief, droht nun auch Gesundheitsminister Gröhe ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das fassungslos macht.

Es geht um den Versand von Medikamenten. Gröhe möchte ihn verbieten und zwar komplett.

Was Apotheken freilich bejubeln, löst bei Betroffenen Entsetzen aus.

Zwei Beispiele finden sich im aktuellen SPIEGEL. Dieser porträtiert die Situation des querschnittsgelähmten Holger Nikelis, der auf spezielle Medikamente zur Blasenkontrolle angewiesen ist. Seine Arznei kommt bislang mit der Post – eine 400 Kilometer entfernte Spezialapotheke liefert sie.

Tritt allerdings das geplante Gesetz, das einen solchen Versand dann verbietet, in Kraft, wäre das für Herrn Nikelis katastrophal, denn nicht eine einzige Apotheke in seinem Umfeld bietet sein Spezialmedikament an!

Er – der bislang vom Versandhändler sterile Fertigspritzen geliefert bekommt – müsste sich nach diesem weltfremden Gesetzes-Beschluss dann viermal täglich (!) beim Apotheker um die Ecke, per Vorbestellung, sein Medikament besorgen und die Spritze dazu selbst aufziehen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Medikament beim Apotheker stets gekühlt sein muss, während die gelieferten Einwegspritzen auch Zimmertemperatur vertragen, wie der SPIEGEL schreibt.

Ebenso dramatisch verschlechtern würde sich die Situation für die Mutter eines behinderten Sohnes, der an Spina bifida („offener Rücken“) leidet.

Der SPIEGEL schreibt dazu: „Was das bedeutet, beschrieb seine Mutter kürzlich in einem Brief an Abgeordnete des Bundestages. Sie habe alle Apotheken im Umkreis von 30 Kilometern abgefragt. Doch keine könne das Medikament so herstellen“.

Das Magazin vermutet, dass Gesundheitsminister Gröhe sich hat vor den Karren der Apothekerlobby spannen lassen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Politiker im Lobby-Sumpf schwimmen – man kennt das.

Nicht anders ist es nämlich zu erklären, was Gröhe zu seinem Gesetz sagt, laut SPIEGEL nämlich folgendes: „Demnach stellt der Versandhandel nicht etwa eine Verbesserung für viele Patienten dar, sondern, im Gegenteil, eine Gefahr für die flächendeckende Versorgung“. Logisch, dass ihn die Apotheken dafür frenetisch feiern!

Da die beiden erwähnten Patienten – der querschnittsgelähmte Mann und der behinderte Sohn der besagten Mutter – exemplarisch für viele andere Betroffene stehen, deren Zahl in die Abertausende gehen dürfte, fragt man sich einmal mehr, woher die Weltfremdheit vieler Politiker kommt? Zumal sie – wenn sie selbst schon nicht im Stoff stehen – doch auf eine Vielzahl von Beratern zurückgreifen können! Sind die etwa auch alle der Realität entrückt? Es scheint so!

Zumal auch das Apotheker-Argument, dass man doch selbst Lieferdienste anböte, nicht greift.

Der SPIEGEL schreibt dazu: „Doch für viele Patienten stellt dieser Lieferservice keine Alternative dar. Zum einen, weil eine Apotheke nur Kunden im Einzugsgebiet beliefern darf. Wenn die Apotheke in der Nähe wie im Fall von Holger Nikelis ein Präparat nicht herstellen kann, bliebe der Patient ohne Medikament. Zum anderen knüpft Gröhes Gesetzentwurf die Lieferung an strenge Bedingungen, die längst nicht jede Apotheke erfüllt. So muss es sich bei den Boten um pharmazeutisches Personal handeln. Doch woher nehmen? Schon jetzt klagt Branche darüber, dass es nicht genug Fachkräfte gibt“.

Selbst einigen Abgeordneten der Großen Koalition dämmert -laut dem Magazin – dass das geplante Gesetz für viele Patienten eine Verschlechterung darstellt und hielten es für besser, wenn Gröhe seinen Plan für das Gesetz stoppt.

Der aber gibt Gas.

„Schnellstmöglich Inkrafttreten sei geboten“ lässt der Bundesgesundheitsminister verlauten…!

Copyright: Bundesregierung/Henning Schacht

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