Wer sich derzeit mit dem deutschen Gesundheitssystem beschäftigt, der könnte schon – wüsste er es nicht besser – meinen, so mancher Bericht handele von Kliniken in Mali oder im Kongo, aber doch nicht von einem Krankenhaus in Deutschland!

Und doch ist es immer öfter so – vor allem im Bereich der Geburten.

Seit einiger Zeit schon ist die fatale Lage der Hebammen in den öffentlichen Fokus gerückt, gab es für die Geburtshelferinnen Aktionen, Petitionen & Co.

So wirklich passiert ist bislang jedoch wenig. Immer mehr Hebammen geben – ob der horrend hohen Versicherungsbeiträge – auf und immer mehr Schwangere müssen sich in mehr als einer Klinik zur Entbindung anmelden, da sie ansonsten Gefahr laufen, zur Geburt abgewiesen zu werden, wenn es in der Wunschklinik nicht klappt.

Zustände, die haarsträubend und skandalös sind, auch irgendwo menschenverachtend. Wird doch so schon dem werdenden Leben keine Wertschätzung entgegengebracht!

Die Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT beschäftigte sich in einer ihrer letzten Ausgaben mit diesem Thema und förderte unglaubliche Informationen zutage.

Lage für werdende Mütter immer prekärer

Neben der Situation der Hebammen wird auch die Situation werdender Mütter und der Babys laut JUNGE FREIHEIT immer prekärer. Eben deshalb, weil die Geburtenzahlen steigen, Frauen jedoch Probleme haben, ein Bett für die Entbindung im Krankenhaus zu ergattern.

Die Hebamme Maja Augustin aus Berlin warnt in dem Blatt drastisch und sagt: „Die Situation für Frauen und Neugeborene ist gefährlich geworden.“ Was die Überbelegung vieler Kliniken in Sachen Entbindung mit sich bringt, zeigt ein Fall, den die Hebamme schilderte. Hier fuhr ein Krankenwagen drei (!) Kliniken an, bis die werdende Mutter aufgenommen wurde – sie war mit Zwillingen schwanger.

Ein hausgemachter Irrsinn, zumal vor dem Hintergrund, dass die Geburtenzahlen steigen und steigen.

Die JUNGE FREIHEIT veröffentlichte hier aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes: „Die Zahl der Neugeborenen stieg zwischen 2011 und 2015 um 75.000 auf rund 738.000.“

Aber: trotz dem die Geburtenzahlen steigen – immer mehr Entbindungsstationen in den Kliniken schließen. Man kennt das von den alltäglichen Meldungen in den Nachrichten. Schuld am Dilemma ist das Streben der Kliniken nach Gewinn – ein obszöner Auswuchs des immer gieriger werdenden Kapitalismus.

Gewinnorientierung zulasten Schwangerer

Hebamme Augustin sagte dazu der JUNGEN FREIHEIT: „Kliniken sind doch hier darauf angewiesen, Gewinne zu erwirtschaften.“  Und weiter: „Geburtshilfe ist, wenn die Geburt normal verläuft, defizitär.“

Nach Aussage der erfahrenen Hebamme, die bereits seit zwei Jahrzehnten Kinder auf die Welt holt, werden Kaiserschnitte besser bezahlt. In diesen Fällen wird die frischgebackene Mutter schon nach zwei bis drei Tagen aus der Klinik entlassen.

Wenn das nicht effizient ist! Aber: Ironie aus, denn die Lage ist tatsächlich sehr ernst.

Das spürt man an weiteren drastischen Worten von Maja Augustin, die sich klar und deutlich zu den Intentionen der Krankenkassen äußert und zwar so: „Die Kassen haben kein Interesse, eine normale Geburt stattfinden zu lassen.“

Der Hintergrund ist die lange Dauer einer Geburt, die bei einer Erstgebärenden schon mal bis zu 18 Stunden dauern kann. Dagegen rechnen Krankenkassen Kaiserschnitte wie eine Blinddarm-Operation ab – hier geht es ruck-zuck und planbar ist es auch noch.

Wie zynisch!

Auch für diese makabre Situation im deutschen Gesundheitswesen hat die Geburtenfachfrau die richtigen Worte und sagt in der JUNGEN FREIHEIT: „(…)wenn es gewollt wäre, dass wir aus dem Bauch rauskommen, hätten wir da einen Reißverschluss.“

Finanzielle Belastung manövriert viele Hebammen ins Aus

Zusätzlich bringt sie die monetäre Belastung der Hebammen ins Spiel und gibt diese als Grund dafür an, dass viele ihrer Kolleginnen aufgehört haben, zu arbeiten. Denn für viele der Frauen, die als Hebamme arbeiten, sind die hohen finanziellen Ausgaben, die die verpflichtende Berufshaftpflicht für ihren Berufsstand mit sich bringt, nicht zu schaffen.

Laut JUNGE FREIHEIT zahlte eine Hebamme im Jahr 2002 noch 435,00 €, aktuell stieg der Satz auf 7.639,00 € an und das bei weiterhin steigender Tendenz! Die Hebammen selbst bekommen laut der Wochenzeitung gerade mal eine Pauschale von 160,00 € pro Geburt – eine einzige Farce. Und – wie eingangs schon erwähnt: hausgemacht.

Das wird in den Sätzen von Frau Augustin gegenüber der JUNGEN FREIHEIT deutlich – sie sagt: „Das System ist das Problem. Die Gesundheit ist von der Politik ins Geldsystem verabschiedet worden.“

Dem ist – leider – nichts mehr hinzuzufügen!

Bildnachweis: pexels.com

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