Der Hebammen-Mangel ist in aller Mütter-Munde. Immer noch – und das nicht erst seit gestern. Der Zustand, dass viele werdende Mamas nur mit Mühe oder gar keine Hebamme finden, dauert nun schon eine ganze Weile an.

Welche Probleme das mit sich bringt, wurde vor einigen Monaten in einer Studie herausgearbeitet, die den Status Quo in der Geburtshilfe aus Sicht der Mütter mit Fokus auf die Wochenbettbetreuung untersucht hat.

Mitarbeiterinnen der Kartenmacherei.de initiierten Studie

Initiiert wurde die Studie von Mitarbeiterinnen des Unternehmens Kartenmacherei.de, in dem viele Frauen, die Kinder haben oder Familie gründen wollen, tätig sind. Mit dem Marktforschungsinstitut SKOPOS als Partner wurden 1.000 Frauen zu ihrer Suche nach einer Hebamme befragt.

Studie liefert 5 wichtige Fakten im Zusammenhang mit Hebammen-Mangel

Anhand der Antworten aus der Studie kristallisierten sich folgende Fakten in Sachen Hebammen-Mangel heraus:

1. Jede 5. Mama nimmt keine Nachsorgehebamme in Anspruch.

2. Der häufigste Grund dafür: fehlende Verfügbarkeit im näheren Umfeld der Frau.

3. Jeder dritten Frau, die keine Nachsorgehebamme hatte, war der gesetzliche Anspruch auf eine Hebamme nicht bekannt.

4. Jede 5. Frau ist zwei Monate oder auch länger auf der Suche nach einer Hebamme.
Erst im sechsten Schwangerschaftsmonat oder später beginnen über 20 % der werdenden Mütter mit der Hebammensuche.

5. Für Mütter sind medizinische Fragen zur Kindergesundheit wichtigstes Beratungsthema bei der Nachsorge durch die Hebamme.

Ergebnisse, die aufhorchen lassen. Wir haben uns deshalb mit den Machern der Studie in Verbindung gesetzt und Angela Puschner, Mitarbeiterin bei kartenmacherei.de und in die Studie involviert, als Gesprächspartnerin gewinnen können:

FP: Die Studie über den Hebammenmangel findet bis heute große Beachtung. Initiiert wurde sie von einem Unternehmen, das sich Papeterie-Produkten widmet. Wie kam es dazu?

Angela Puschner: Bei der kartenmacherei arbeiten viele Frauen, die selbst Mutter sind und den Hebammenmangel am eigenen Leib zu spüren bekommen. Gerade an unseren Standorten in München und Hamburg haben wir immer wieder festgestellt, wie schwierig es ist, eine Hebamme zu finden, insbesondere für die Wochenbettbetreuung.

Da ist es keine Seltenheit, dass man wochen- oder sogar monatelang sucht, teilweise bleibt der Erfolg komplett aus. Darüber hinaus sind natürlich auch ein Großteil unserer Kunden Frauen und Mütter, die die Problematik ebenfalls kennen. Im Internet findet man zahlreiche Interviews mit Müttern und Hebammen, die von der untragbaren Situation berichten – valide Zahlen findet man jedoch nur wenige. Mit der Studie wollen wir ein wenig Licht ins Dunkel bringen und zeigen, dass sich etwas tun muss. Sämtliche Ergebnisse sind daher öffentlich einsehbar (hier).

Hebammen-Mangel setzte schleichend ein

FP: Der Hebammen-Mangel hat schleichend eingesetzt, war dann aber ein großes Thema im öffentlichen Diskurs. Das liegt sicher auch an den hohen Versicherungsprämien,die Hebammen zahlen müssen und die irgendwann auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden. Wie kann es aber sein, dass niemand aus der Politik frühzeitig gegengesteuert hat?

Angela Puschner: Die Ursachen für den Hebammenmangel haben ja ganz unterschiedliche Ursachen – von hohen Haftpflichtprämien über die sicherlich nicht beste Bezahlung bis hin zur schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der Hebammenmangel ist zudem offenkundig kein Thema, das sich von allein erledigen wird. Wichtig ist in meinen Augen daher, dass es nun allen klar ist – von der werdenden Mutter bis hin zur von Ihnen angesprochenen “Politik”- dass es Handlungsbedarf gibt, um diesen so wichtigen Beruf wieder attraktiver zu machen.

FP: Die Studie offenbart, dass viele Frauen, die schwanger waren oder sind bzw. ein Kind geboren haben, gar nichts von ihrem gesetzlichen Anspruch, eine Wochenbetthebamme in Anspruch zu nehmen, wussten bzw. wissen. Was läuft hier schief? Wird das Thema von den verantwortlichen Stellen zu wenig kommuniziert oder beschäftigen sich schwangere Frauen bzw. frisch gebackene Mütter einfach nicht ausreichend damit?

Angela Puschner: Das ist eine gute Frage, denn dieses Ergebnis der Studie hat uns ebenfalls überrascht. Ich könnte mir vorstellen, dass viele Mütter sich durch die frustrierende Suche nach einer Hebamme frühzeitig entmutigen lassen und sich deswegen vielleicht gar nicht erst weitergehend informieren.

FP: Aber selbst, wenn alle Frauen um diesen gesetzlichen Anspruch wüssten: Viele von ihnen würden gar keine Nachsorge-Hebamme bekommen, weil so viele Hebammen nicht verfügbar sind. Wie sehen die Verfügbarkeiten aktuell bundesweit aus? Gibt es hier regionale Unterschiede oder gestaltet sich der Mangel in ganz Deutschland gleich?

Angela Puschner: Den Studienergebnissen zufolge nehmen deutschlandweit 79,8 Prozent der Frauen eine Wochenbetthebamme in Anspruch. Beim Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt sich, dass in Niedersachsen die meisten Frauen (92 Prozent) eine Hebamme für die Nachsorge haben. Die wenigsten Mütter (74,3 Prozent) werden in Schleswig-Holstein im Wochenbett durch eine Hebamme betreut. Mit 75 Prozent und 75,5 Prozent weisen Berlin und Nordrhein-Westfalen ebenfalls vergleichsweise niedrige Prozentsätze auf.

Allerdings ist bei den Werten zu beachten, dass die Anzahl der Befragten pro Bundesland daran orientiert ist, welchen Anteil das Land an der Gesamtbevölkerung hat. Dementsprechend wurden in Berlin bspw. vergleichsweise wenige Mütter befragt, so dass sich Ausschläge hier deutlicher bemerkbar machen.

FP: In der Studie haben Sie auch herausgefunden, ab wann schwangere Frauen sich auf die Suche nach einer Hebamme begeben – das ist durchaus sehr unterschiedlich. Die bekannte Hebamme Ingeborg Stadelmann, die auch Autorin des Buches „Die Hebammensprechstunde“ ist, gibt zu bedenken, dass die frühe Suche nach einer Hebamme nicht unbedingt besser ist, da sich vor allem Erstgebärende mit ihren Fragen, Vorstellungen und Gedanken oftmals selbst belasten. Gibt es eigentlich einen idealen Zeitpunkt, sich eine Hebamme zu suchen und wenn ja, wann ist der?

Angela Puschner: Ich denke, einen allgemein gültigen “idealen” Zeitpunkt gibt es im Grunde nicht. Jede Frau hat ganz individuelle Bedürfnisse, Fragen oder vielleicht Ängste und damit auch einen unterschiedlichen Betreuungsbedarf. Leider ist die aktuelle Suche nach einer Hebamme jedoch so schwierig und zeitintensiv, dass Frauen unter einem gewissen Zeitdruck stehen bzw. die Gefahr droht, im schlimmsten Fall keine passende Hebamme mehr zu finden. Das bestätigen auch die Studienergebnisse: Jede sechste Frau beginnt sofort mit der Suche nach einer Hebamme, sobald sie erfahren hat, dass sie schwanger ist.

Die meisten Frauen – über 20 Prozent – beginnen im dritten Schwangerschaftsmonat mit der Suche. Trotzdem gibt es aber auch das andere Extrem: Knapp 6 Prozent kümmern sich erst im neunten Schwangerschaftsmonat um eine Hebamme. Das ist natürlich reichlich spät.

FP: Welche Ratschläge erbitten schwangere Frauen bzw. junge Mütter von den Hebammen?

Angela Puschner: Da ich keine Hebamme bin, kann ich natürlich nur für mich selbst als Mutter sprechen und sagen, dass meine Hebamme für mich ein unersetzlicher Wegbegleiter gewesen ist. Dabei geht es nicht nur um fachlichen Rat. Ich war ganz einfach froh, im Wochenbett einen persönlichen und hochkompetenten Ansprechpartner zu haben. Zwar waren mein Partner, Familie und Freunde auch jederzeit für mich da, aber es ist noch einmal etwas ganz anderes, jemanden mit einer gewissen professionellen Distanz, der trotzdem einfühlsam und empathisch ist, ins Vertrauen ziehen zu können.

Wie wichtig Wochenbetthebammen als persönliche Bezugspersonen sind, spiegeln auch unsere Studienergebnisse wider: Gesundheitliche Fragen zum Kind sowie das Thema Säuglingspflege und Stillen sind zwar die an erster Stelle genannten Themen. Für 64 Prozent der Frauen ist die Hebamme in der Wochenbettbetreuung aber vor allem auch emotionaler Beistand und Vertrauensperson.

Und die Probleme in der Praxis?

FP: Wie gestalten sich die Probleme, die der Hebammen-Mangel mit sich bringt, in der Praxis?

Angela Puschner: Auch hier kann ich natürlich nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten. Ich wohne in München und als ich 2014 schwanger wurde, habe ich den Hebammenmangel am eigenen Leib zu spüren bekommen. Ich habe bestimmt 20 Hebammen kontaktiert und immer die gleichen Absagen bekommen: „Ich bin leider schon ausgebucht.“

Das war unglaublich frustrierend und beängstigend. Letzten Endes habe ich dann über einen Tipp meiner Nachbarin doch noch eine tolle und sehr kompetente Hebamme mit einem freien Platz für mich gefunden. Aber da habe ich auch wirklich sehr großes Glück gehabt …

FP: Was sollte Ihrer Meinung nach in Sachen Hebammen-Mangel sofort angegangen werden?

Angela Puschner: Es muss dafür gesorgt werden, dass der Beruf für Frauen wieder attraktiver wird. Welche Faktoren hierfür ausschlaggebend sind, kann ich nur vermuten, aber eine angemessene Bezahlung dürfte wahrscheinlich ein guter Anfang sein.

FP: Welchen Rat haben Sie für schwangere Frauen, die auf Hebammensuche gehen wollen?

Angela Puschner: Ruhe bewahren und sich nicht entmutigen lassen. Auch wenn es Absagen hagelt und die Suche noch so frustrierend ist, im Nachhinein lohnt es sich! Eine Hebamme vor, während und nach der Geburt an seiner Seite zu wissen, ist einfach unersetzlich.

Bildnachweis (Symbolbild): (c) dpa

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