Mal eben eine kleine Operation unter örtlicher Betäubung machen lassen? Die Einschränkung an der Hand, am Ohr oder am Bein? Von manchen Eingriffen witzelt man ja bekanntlich, dass sie sogar schon der Pförtner macht und dementsprechend geräuschlos gehen sie zumeist auch über die Bühne. Mit der lokalen Betäubung ist die schmerzende bzw. erkrankte Körperstelle rasch gefühllos gemacht und die Ärzte können ihr Werk verrichten. Aber Achtung: so wie geschildert läuft es immer öfter gerade eben nicht mehr. Denn: lokale Betäubungsmittel sind an manchen Krankenhäusern bereits knapp. Die Folge: Patienten müssen Operationen, die normalerweise unter örtlicher Betäubung durchgeführt werden, in Vollnarkose hinter sich bringen. Was sich anhört, wie Zustände außerhalb Deutschlands wurde in der BILD der FRAU vom 21. Juni 2019 ganz offen thematisiert.
Dort wurde nämlich eine Frau vorgestellt, der genau das passiert ist.
Die porträtierte Rentnerin aus Baden-Baden wollte lediglich ein Karpaltunnelsyndrom operieren und sich dabei lokal betäuben lassen.
Vollnarkose für kleinen Eingriff – nicht ungewöhnlich
Doch das mit der örtlichen Betäubung war nicht möglich. Ihr wurde gesagt, dass sie eine Vollnarkose bekommt.
Die Frau sagte gegenüber dem Blatt BILD der Frau folgendes:
“Aber dann erfuhr ich im Krankenhaus, dass ich eine Vollnarkose bekommen sollte, weil die anderen Betäubungsmittel knapp seien”
Ganz wohl war der besagten Rentnerin nicht dabei, denn die möglichen Nebenwirkungen, die eine Vollnarkose nun mal mit sich bringt, ließen sie aufhorchen. Letztlich hat sie das höhere Risiko – hierunter fallen auch Atemnot und Erstickung – in Kauf genommen. Sie wollte es, wie sie sagte, hinter sich bringen.
Doch alarmiert über dieses Vorgehen wandte sie sich an die Frauenzeitschrift der BILD, die diese Verfahrensweise etwas näher beleuchtete. Das Blatt berichtete denn auch, dass die ältere Frau kein Einzelfall ist. Bundesweit – so wird es laut BILD der Frau geschätzt – gibt es mehrere Tausend Patienten, bei denen kleinere Eingriffe unter Vollnarkose durchgeführt werden. Operationen also, für die man sonst eigentlich nur örtlich betäubt würde.
Benötigte Medikamente für Betäubung werden im Ausland produziert
Die Erklärung, warum das so ist und warum viele Patienten unnötig das hohe Risiko einer Vollnarkose bei eher simplen Operationen eingehen müssen, erklärt der Vorsitzende des Berufsverbandes der Anästhesisten, Professor Doktor Götz Geldner der auch die Anästhesie des Klinikums in Ludwigsburg leitet, in BILD der Frau wie folgt:
“Die nötigen Medikamente werden nicht mehr in Deutschland produziert, viele davon in Indien und China hergestellt. Und da die Firmen keine Lieferverpflichtungen haben, konzentrieren sie sich auf andere Arzneien, mit denen sie mehr Geld verdienen können”.
Tja – da hat man nun im Laufe der Jahre nicht nur fast die gesamte Textilindustrie nach Fernost und in Dritte-Welt-Länder ausgelagert, nein: auch bei so hochsensiblen Produkten wie Medikamenten und Arznei setzt man auf Billiglohnländer. Viele Skandale in der Vergangenheit haben gezeigt, was für Zustände teilweise in Fabriken, die für die westliche Welt produzieren, herrschen. In erster Linie geht es da zwar – zu Recht – um missachtete Menschenrechte, klar.
Aber die Tatsache, dass in Ländern wie zum Beispiel Indien, wo ein Großteil der Menschen nicht mal eine eigene Toilette besitzt, sensible Arzneiwaren, die hierzulande in den Körpern der Patienten landen, produziert werden, sollte jedem, der penibel auf Hygiene setzt, zu denken geben.
Misstrauen gegenüber Standards in Indien und China
Kann man wirklich kontrollieren, ob die Mitarbeiter frei von ansteckenden Krankheiten, Seuchen oder Hautausschlägen sind? Zumal es gerade in Indien keine Sozialstandards wie in Deutschland gibt, wo bei Krankheit das Geld weitergezahlt wird. Oftmals herrschen dort Armut und große Not und es ist davon auszugehen, dass sich vielleicht der eine oder andere, der vielleicht ja eine hochansteckende Krankheit hat, definitiv zu seinem Arbeitsplatz schleppt, koste es, was es wolle! Aber nicht nur die Arbeiter selbst dürften ein Risiko sein. Was ist mit Kontrollen der hergestellten und für den Export bestimmten Arzneimittel? Werden die in Indien und auch in China tatsächlich so penibel ausfallen, wie hierzulande?
Fragen über Fragen. Die sich manche Leute nicht einmal stellen, weil sie um gewisse Tatsachen nicht wissen oder wenn doch, viel zu träge sind, über die Zusammenhänge nachzudenken. Hinzu kommen macht- und geldgierige Konzerne und eine Politik, die das Eigene verachtet und nicht einschreitet, wenn die deutsche Wirtschaft und deutsches Know-How – einst hochgelobt und international anerkannt – Schritt für Schritt ins Ausland verlagert wird.
Auf der Strecke bleibt der Mensch. Sei es im Zusammenhang mit der Billigklamotten-Industrie, bei der man davon ausgehen darf, dass Schadstoffe solcher Kleidung im eigenen Körper landen oder aber beim Spielzeug für den Nachwuchs. Hier ist ja fast nur noch “Made in China” und somit keine hochkarätige, deutsche Qualität angesagt.
Politik befördert diese Zustände
Man könnte viele Beispiele mehr liefern, aber was nützt es? Solange die Masse der Bürger im Lande eine Politik, die die Gier nach BILLIG und eine absurde Globalisierung forciert, unterstützt, wird kein Umdenken einsetzen.
Im Gegenteil: derzeit sieht es sogar noch ganz danach aus, dass sich die einst richtungsweisende Industrienation Deutschland sogar noch von ausländischem Strom abhängig macht. Auch dieser Irrsinn ist freilich nur einer von vielen.
Insofern braucht man zumindest für Deutschland weder eine örtliche Betäubung noch eine Vollnarkose. Das Land legt sich ganz allein ins Koma. Wetten, dass?!
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