Ein Gastbeitrag von Andrea.

Die deutsche Frau muss ja in vielen Bereichen Kritik einstecken: Kindererziehung, Lebensstil, Job und so weiter.

Mal ereifert man sich, weil weibliche Wesen partout nicht in Heerscharen in Vorstandsjobs wollen und die Geifererinnen, Dauer-Ermahnerinnen und Quotenbefürworterinnen (freilich oft kinderlos) schäumen bei jeder weiblichen Zeitgenossin, die auch mal (eine Zeitlang) daheim bleiben und sich der Kindererziehung widmen möchte. Mittlerweile ist ja selbst sowas profanes und normales schon halb verpönt!

Dem nicht genug, werden deutsche Frauen nun offenbar auch noch in Sachen Mode verächtlich gemacht.

Denn in der Online-Ausgabe der INSTYLE hat sich eine angebliche Modeexpertin zu Wort gemeldet, die den deutschen Frauen in Bezug auf Mode ein derart vernichtendes Urteil ausstellt, das man fast schon als diskriminierend ansehen kann.

Lesen Sie mal, was Bianca Stäglich  –  die besagte Mode“expertin“, die ohnehin kaum jemandem bekannt sein dürfte, auf instyle.de so loslässt:

„(…)Für unseren Modemut werden wir wohl nie gefeiert werden (schnief…). Das weiß auch Stilberaterin Bianca Stäglich. Sie berät Frauen in allem, was zu einem positiven Auftreten dazu gehört. Die besten Farben, die schmeichelndsten Schnitte – Bianca weiß, was guter Stil ist und hat uns exklusiv verraten, warum Frauen in Deutschland ein Problem mit Mode haben.(…)

Die deutschen Frauen wollen unsichtbar sein! Ja, du liest richtig. Frauen in Deutschland haben es am liebsten, wenn sie nicht auffallen, wenn sie in der Masse untergehen und nicht herausstechen. “Es fällt mir leider immer wieder auf, dass die meisten Frauen gar keine Lust haben, in ausgefallenen Klamotten oder Farben mit einem guten Beauty-Make-Over aufzutreten”, sagt Bianca.

Sie schwimmen lieber mit dem Strom und fühlen sich nur wohl, wenn sie nicht sichtbar sind. Sie verstehen die Notwendigkeit von Mode und deren Auswirkungen nicht – egal ob das nun im Job, als Mutter, Ehefrau, Geschiedene oder Single ist. Oftmals haben Frauen Angst davor, sich modisch zu kleiden, weil sie kein Selbstwertgefühl haben. Wertschätzung fängt aber genau da an. Bei sich selbst.(…)”

Liest man sich diese Zeilen mehr als einmal durch, könnte man glatt wütend darüber werden, wie viele Diskriminierungen sich Frau Stäglich in ein paar wenigen Absätzen erlaubt!

Zunächst ist das mit dem „unsichtbar sein” eine mehr als lächerliche Behauptung. Möchte doch niemand unsichtbar sein, der sich nicht aufputzt wie ein Zirkuspferd! Aber: die sogenannte Expertin keilt gleich weiter und unterstellt Frauen, die sich im Wohlfühl-Look aus dem Hause begeben ein „Nichtverständnis der Notwendigkeit von Mode und deren Auswirkungen“.

Nun – wahrscheinlich hat die Otto-Normalo-Frau – von der Verkäuferin über die Pflegefachkraft bis hin zur freiberuflichen Texterin – ja einen anderen Bezug zu Mode als eine Frau, die sich „Modeexpertin“ nennt und sich wohl schon von Berufs wegen extravaganter kleidet, als die Frau von nebenan? Hier sogleich eine Art Nichtwissen zu unterstellen, ist – ehrlich gesagt – an Arroganz kaum zu überbieten.

Ich zum Beispiel bin Online-PR-Expertin, mein Büro: daheim.

Logisch, dass ich vorm Rechner eher im Wohlfühl-Look sitze und mich auch bei nachmittäglichen Einkäufen oder Unternehmungen eher lässig kleide. Ganz bewusst.

Selbst Make-up benutzte ich kaum noch. Viele Jahre lang habe ich meine Haut morgens schon zugespachtelt, bin nicht mal ungeschminkt zum Briefkasten gegangen.

Heute genieße ich es, ungeschminkt zu bleiben, ich fühle mich wohler damit. Und – nein – ich bin keine „Ökotussi“, mein PR-Gebiet ist Lifestyle. Ich bin also durchaus informiert auf dem Parkett des (gehobenen) Lebensstils, aber es ist meine freie Entscheidung, lässig und ungeschminkt durch die Welt zu laufen.

Das heißt nicht, dass nicht in meinem Kleiderschrank auch Teile von Chanel bis Gucci hängen, aber man (FRAU) kommt eben mit den Jahren in Lebensphasen, in denen das Aufmotzen eher in den Hintergrund gerät.

Nichtsdestotrotz aber – und es verwundert, dass Frau Stäglich dies offenbar entgangen ist – gibt es in Deutschland -zigtausende Mode- und Beautyblogs, in denen sich Frauen der Mode- und Schönheitswelt widmen.

Vor allem Fashion-Blogs gibt es wie Sand am Meer – Frauen porträtieren dort ihren eigenen modischen (oft ausgefallenen) Stil und auch den Stil anderer Frauen. Auf vielen Blogs wird zudem die sogenannte „Streetwear“ präsentiert, also der Look der Straße, der oftmals an Orginalität kaum zu überbieten ist. Und: bunte Kleider sehe ich bei vielen Frauen – unverständlich, dass die Modeexpertin Bianca Stäglich diese Frauen um sich herum offenbar nur als graue Mäuse wahrnimmt!

Alles in allem ist es ein absolut dummes, ignorantes und obendrein auch diskriminierendes Statement der Mode“expertin“.

Denn – und das begreifen oftmals viele selbsternannte Frauen-Belehrerinnen nicht -: es ist Teil der weiblichen Selbstbestimmung, wie sich eine Frau kleidet. Und wie nicht.

Und: ein dezenter Wohlfühl-Look ist weder die Abwesenheit von modischer Kenntnis noch drückt er den Wunsch aus, unsichtbar zu sein.

Zudem: selbst, wenn ich in Grautönen meiner Wege gehe, erkennen mich Freunde und Bekannte auf der Straße! Nix mit Unsichtbarkeit, Frau Mode“expertin“ – machen Sie einfach erstmal Ihre Hausaufgaben!

Zum Nachlesen – hier der Artikel im Original:  instyle.de

Bildnachweis: pexels.com

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