DDR-Café
In DDR-Zeiten kam vor dem “Leute gucken” oder speisen das platzieren.

Die Lockerungen der Corona-Regeln betreffen in nächster Zeit auch die Hotels und Gaststätten. Zur Freude der Akteure dieser Branche dürfen wieder Gäste in Restaurants und Kneipen empfangen werden.

Allerdings mit Auflagen. So müssen zwischen den Tischen und Stühlen gebührende Abstände zu anderen Gäste eingehalten und am Eingang von den Gastronomen Desinfektionsmittel ausgereicht werden.

Die Coronakrise bringt aber auch eine ungeliebte DDR-Regelung zurück. Das “platziert werden” nämlich.

Erinnerungen an DDR-Regelung werden wach

So ist es einem Artikel der Leipziger Volkszeitung vom 11.05.2020 zu entnehmen, in dem die neue Regelung veröffentlicht wurde:

“(…)Eine bekannte Praxis aus DDR-Zeiten kehrt dafür zurück. Ab 15. Mai heißt es dann wieder: Bitte warten, Sie werden platziert!(…)”

Bei so manchem Ex-DDR`ler werden in diesem Zusammenhang bestimmt Erinnerungen an die Gastronomie im Mauerstaat hochkommen. War es doch seinerzeit üblich, dass man – egal, ob im Nobel-Restaurant oder in der Bauernstube nebenan – überall platziert wurde. So einfach mal ins Restaurant zu gehen, sich einen Platz auszusuchen und dann auf die Bedienung zu warten war nicht drin.

Vor dem Schweineschnitzel kam das Warten. Allerdings war es nicht so ein angenehmes Warten, wie es heutzutage in internationalen Restaurants gepflegt wird. Denn natürlich wird man in stilvollen Locations von Monte Carlo bis New York auch platziert, aber dieses Prozedere, bei dem man manchmal sogar noch ein Glas Champagner aufs Haus bekommt, hat nichts mit dem “platziert werden” in der DDR zu tun. Das war nämlich eher ein unschönes Warten, in dem das oftmals pampige Personal sich aufspielte und den herrischen Gatekeeper gab.

Servicepersonal bestimmte im Mauerstaat, wann wer essen konnte

Selbst wenn man in der Gaststätte freie Tische sah, hieß das zu DDR-Zeiten noch lange nicht, dass man dort seine Plätze einnehmen konnte. Das bestimmte das Servicepersonal und wenn das schlecht drauf war, stand man schon mal bis zu einer halben Stunde herum. Der Atmosphäre und dem Wohl der Gäste IM Restaurant war das freilich auch nicht zuträglich. Wer kann schon seine Mahlzeit genießen, wenn am Eingang schon eine Menschentraube von einem Bein aufs andere tritt und auf die Plätze lauert?

Manchmal war die Situation aber auch dem Umstand geschuldet, dass alles voll war. Dann kam es häufig vor, dass man aufgeteilt und bei anderen Menschen am Tisch platziert wurde. Etwa die Mutter mit Tochter am Tisch anderer Leute und der Vater mit dem Sohne ebenfalls bei anderen Gästen. Aus dem Gedanken, entspannt in Familie zum Sonntag essen zu gehen, wurde da schnell mal Frust.

Umso mehr dürften es die meisten der ehemaligen DDR-Bürger wohl genossen haben, als nach dem Fall der Mauer der Restaurantbesuch zum Kinderspiel und man selbst dort zum König wurde. Dass der Restaurantbesuch dann aber ein viel teurerer Spaß war, als im Mauerstaat, ist allerdings auch Fakt, aber das ist wieder ein ganz anderes Thema…

Verblüffend ist aktuell, dass mit Corona nicht nur Lieferengpässe bei WtB-Waren (Waren täglichen Bedarfs) zu verzeichnen waren und sind, sondern eben auch die gute alte “Sie-werden-platziert”-Masche wiederkehrt.

Bei manchem Ossi dürfte das glatt Heimatgefühle hervorrufen!

Den Originalbeitrag in der LVZ, in dem weitere Regelungen in Sachen Coronakrise und Gastronomie zu finden sind, finden Sie hier.

Recherche-Nachweis: Leipziger Volkszeitung (Online) vom 11.05.2020

Bildnachweis: (c) dpa – Report

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