Mit Balkonen versehen oder ohne, naturfarben oder schweden-rot: Tiny-Häuser – die kleinen, putzigen Holzappartments mit und ohne Räder – gibt es mittlerweile in allen erdenklichen Ausführungen und Stilen. In den letzten Jahren avancierten die Mini-Häuser fast zu Kultobjekten, unzählige Internetseiten und Wohnblogs dazu gibt es bereits. Der Tenor zu dieser Tiny-Houses ist zumeist wohlwollend und bejubelnd, nicht zuletzt, weil das Wohnen auf so wenigen Quadratmetern oft auch die Abkehr von jedwedem Überfluss bedeutet. Nicht zuletzt ist so eine Lebensform ja immer häufiger angesagt. Dagegen spricht auch überhaupt nichts – im Gegenteil.

Allerdings: mit der eher negativen Seite dieser Form des Lifestyles hat sich bislang kaum jemand beschäftigt. Umso interessanter kommt ein Artikel in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT daher, der sich mit den Schattenseiten der winzigen Behausungen beschäftigt. Und die haben es in der Tat in sich!

Tiny-Houses bergen sehr wohl auch Schattenseiten

Schon am Anfang des Beitrages wird nicht um den heißen Brei herum geredet, es geht um die andere Seite des Minimalismus. Hier heißt es dazu:

„Andererseits erledigt  Minimalismus aber auch das Geschäft der Globalisierung. Er kann dazu beitragen, dass die Mittelschicht, deren Wohlstand ohnehin bereits nach oben und unten umverteilt wird, an ein Leben in der Verarmung gewöhnt wird.“

Nun – das klingt schon nicht mehr ganz so hip und verdient weitere Gedankengänge zum Leben auf nicht mal zehn Quadratmetern (viele der Mikroappartments haben nur um die sechs Quadratmeter)!

Denn spätestens seit in den Medien vermehrt Architekten auftauchten, die sich mit dem Thema  „Tiny-Wohnen“ beschäftigen und tausendundeine Idee dazu haben (noch effizienter, noch platzausnutzender, noch hipper…) sind kritische Gedanken zur Kehrseite dieser Wohn- und Lebensart durchaus nicht verkehrt.

Und so geht es in dem erwähnten Artikel weiter:

„Seit geraumer Zeit beschäftigen sich Architekten deshalb mit der Gestaltung von Containersiedlungen und Mikroappartments. Hierbei gehen, wie so oft in der Welt der Globalisierung, Schrumpfung und Wachstum eine enge Verbindung ein. Wer es als Naturgesetz sieht, dass Bevölkerungswachstum, Zuwanderung, steigende Mieten und Bauboom letztlich  grenzenlos voranschreiten, ohne dass regulierend eingegriffen werden kann oder darf, muss die Schrumpfung auf der anderen Seite, bei der Wohnfläche, planen. „

Klingt nicht gut? Ist es auch nicht! Denn was bislang in Wohnzeitschriften und –blogs regelmäßig große Begeisterung hervorruft, kann tatsächlich mal zu einem Normalzustand führen, den sich SO keiner wünscht.

Durchschnittlich 50 Quadratmeter pro Europäer zu viel?

Im Beitrag der JUNGEN FREIIHEIT wird das klar, dort steht nämlich:

„Einer der Planer ist Van Bo Le-Mentzel. Dieser wies unlängst darauf hin, dass ein Europäer durchschnittlich fast 50 Quadratmeter Wohnraum nutze. Diese Feststellung beinhaltete den Vorwurf, dass die Europäer im Weltmaßstab in unangemessenem Wohlstand leben. Denn für die gesamte Weltbevölkerung gebe es angeblich gar nicht so viel Platz, um einen derartigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten, so der 1977 in Laos geborene Architekt. Deshalb erforscht er nun mit Gleichgesinnten auf dem Bauhaus-Campus n Berlin Wohnformen der Zukunft. „

Dieser Architekt – so ist es den Zeilen der Berliner Wochenzeitung zu entnehmen – hat nun ein Konzept für mega-kleine Appartments geschaffen.

6,4 Quadratmeter ist es denn auch nur groß, das sogenannte „100-Euro-Haus“ des besagten Architekten.

Ausgestattet ist die Herberge mit Küchenzeile, Bett, Sofa, Tisch, Schreibtisch, Toilette und Dusche. Was als Nebenwohnsitz, Wochenendhaus oder auch Beherbergungsstätte für Freunde ja mal für eine Zeitlang geht, ist aber auch – so konstatiert es die JUNGE FREIHEIT – als eine Art Wohnen der Zukunft für westliche Städte gedacht.

Denn dort, wo sich in Ballungsgebieten mehr und mehr Singles niederlassen, wird es wohl zukünftig auch eine große Nachfrage nach Wohnformen dieser Art geben (müssen).

Entwurzelte Menschen in Tiny-Houses?

Es ist jedoch stark zu bezweifeln, dass die zukünftigen Bewohner der kleinen Herbergen in selbigen einen hippen Lifestyle zelebrieren – eher wird es das Zuhause von „ungebundenen, ausgebeuteten Arbeitsbienen sein, deren Leben von Niedriglohn und sozialer Vereinsamung geprägt ist“.

Der Autor des erwähnten Artikels, Claus-M. Wolfschlag, geht sogar noch ein Stück weiter und bezeichnet den Charakter dahingehender Architekturexperimente als „menschenverachtend“. Denn: 6,4 Quadratmeter – also die Größe des „100-Euro-Hauses“ – entsprechen der Mindestfläche, die für die menschenwürdige Unterbringung von Strafgefangenen in Deutschland festgelegt ist.

Wolfschlag schreibt:

„Das Niveau (des besagten Mini-Hauses – die Redaktion) ist sogar noch unter dem der heutigen Häftlinge, denn in einer Gefängniszelle fehlt die Kochnische. Die minimalistische Romantik und der Überdruß mancher Jung-Kreative an der Konsumwelt geht somit eine unheilige Allianz mit der Wachstumsideologie ein. Statt sich Gedanken zu machen, wie man das menschliche Bevölkerungswachstum im globalen Süden drastisch einschränken oder gar umkehren kann, bleiben die Ideen systemkonform. Es geht nur um die Verwaltung von Alternativlosigkeit.“.

Tja – das ist schon mehr als deutlich! Und: schöner wohnen (jetzt und in Zukunft) sieht fürwahr anders aus!

Bildnachweis: Fotolia /  View of tiny house with porch Datei: #124637445 | Urheber: lowphoto 

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