Kind in Kambodscha
In Kambodscha sind viele Menschen sehr arm.

Die fragwürdige Marotte, in der Elternzeit mit Kleinst- und Kleinkindern in ferne – zumeist bitterarme – Länder zu reisen, hat in den letzten Jahren einen Hype erfahren. Ganze Heerscharen von Müttern und Vätern machten sich, kaum aus dem Kreißsaal zurück, auf, um mit dem Baby im Tragetuch ferne Länder zu bereisen.

Auffällig ist, dass viele Eltern für ihren Elternzeit-Trip Länder auswählen, die rückständig, bitter arm und vom Gesundheitswesen her indiskutabel sind. Der Grund, warum viele Familien das tun, ist klar: Die Elternzeit bietet – zumindest für einen Partner – die Möglichkeit, daheim zu sein und dazu noch eine monatliche Einnahme zu erhalten. Das Elterngeld nämlich. Viele Familien nehmen das zum Anlass, die Welt zu entdecken. Mit dem frisch geborenen Nachwuchs, für den ja vielleicht erst mal das Ankommen in den eigenen vier Wänden wichtig wäre, geht es in die Ferne – je exotischer, desto besser. Und nicht selten für viele Monate.

Elternzeit in fernen Armutsländern – keine Seltenheit!

Dass es so viele frischgebackene Mamas und/oder Papas (auch viele Alleinerziehende zieht es mit kleinem Kind in die fragwürdigsten Gegenden der Welt) weg von zu Hause treibt, wo man doch eher am gewohnten Ort das neue Familienmitglied mit allem vertraut machen könnte, ist eigentlich ziemlich traurig. Und zeugt ein Stück weit auch vom Egoismus der verantwortlichen Erziehungsberechtigten. Man will die Welt sehen, andere Länder kennenlernen und nimmt sich dafür eben mal die Elternzeit. Deren Sinn es eigentlich nicht ist, mit wenigen Monaten alten Kindern in Regionen zu reisen, die im Ernstfall noch nicht mal ein gutes Gesundheitssystem haben. Von Kriminalität und Armut in Ländern, die viele Eltern gern als Reiseziel für die Elternzeit auswählen, ganz zu schweigen.

Man kann zumeist nur den Kopf darüber schütteln und sich darüber wundern, warum Menschen mit gerade geborenem Nachwuchs Ziele ansteuern, die – zum Beispiel – Trump als “Shithole” bezeichnet.

Vielleicht spielt ja auch hier die irritierende Faszination für rückständige Staaten und ihre Bewohner eine Rolle, die viele Deutsche (Frauen) auch in Sachen Massenzuwanderung von  “Flüchtlingen” an den Tag legen. Immerhin hört man irgendwie nie davon, dass sich frischgebackene Eltern mit Kind und Kegel – beispielsweise – auf dem Darß an der deutschen Ostsee einquartieren.

Coronavirus macht der Familie nun Strich durch die Rechnung

Wäre das so, dann würde so manche Reise in der Elternzeit wohl entspannter ablaufen. Und nicht im Horror enden, so wie es derzeit einem Paar mit kleinen Kindern geschieht, das in Kambodscha gestrandet ist. Das Land, in dem der Großteil der Bevölkerung bitter arm ist und man vom Gesundheitssystem wohl gar nicht erst zu reden braucht, muss allerdings irgendwas gehabt haben, das Matthias und Nancy Nerlich – so der Name des Paares – dazu bewogen hat, ausgerechnet hier mit sehr kleinen Kindern Station zu machen. Das Coronavirus machte der Familie jetzt einen Strich durch die Rechnung und so besinnt man sich wieder, was man am – oftmals als spießig verächtlich gemachten – deutschen Heimatland hat. Die Nerlichs setzten nämlich in den sozialen Netzwerken einen Hilferuf ab, über den Focus Online am 25. März 2020 wie folgt berichtet:

“(…)Nancy und Matthias Nerlich sitzen mit ihren kleinen Kindern in Kambodscha fest und haben große Angst. Wegen der weltweiten Corona-Pandemie können sie nicht zurück nach Deutschland. Niemand hilft ihnen, auch nicht die Bundesregierung. In einem emotionalen Facebook-Post wenden sich die Eltern an die Öffentlichkeit: “Wir wissen nicht weiter und sind verzweifelt!”

Mit einem verzweifelten Appell auf Facebook hat eine junge Familie aus Stuttgart  auf ihre kritische Lage aufmerksam gemacht und Hilfe erbeten. Die Eltern sitzen mit ihren beiden Kindern (ein und vier Jahre alt) in Kambodscha fest und können wegen der weltweiten Corona-Epidemie nicht zurück nach Deutschland. Sie haben große Angst.(…)

“Liebe Bundesrepublik Deutschland“ – mit diesen Worten beginnt der Facebook-Post, den die 35-jährige Nancy Nerlich geschrieben hat. Gemeinsam mit ihrem Mann Matthias (33) und ihren beiden Söhnen Jaron und Jonas war sie vor drei Monaten nach Asien aufgebrochen, um dort die Elternzeit zu verbringen. Seit Ende Februar befindet sich die Familie in Kambodscha. „Wir stecken in Kambodscha fest und wollen in einer ungewissen Situation wie dieser nach Hause“, schreibt Nancy Nerlich auf Facebook. In den vergangenen zwei Wochen habe die Familie „extrem viele Stunden telefoniert“, auch die Eltern in Deutschland hätten sich für sie eingesetzt. Allerdings: „Unsere Reiseagentur hat uns mehrmals eine Flugumbuchung zugesagt, aber nie kam eine Bestätigung. Alle Airlines weisen uns ab. Transitflughäfen für uns finden wir nicht mehr.“(…)Die Familie aus Baden-Württemberg ist mit den Nerven am Ende: „Wir wissen nicht weiter und sind verzweifelt! Wir haben Angst, da das Gesundheitssystem hier wesentlich schlechter ist als in Deutschland. Was ist, wenn unsere Kinder krank werden?“

Natürlich habe man sich längst mit den zuständigen Stellen in Verbindung gesetzt. „Die Deutsche Botschaft in Phnom Penh hilft uns nicht weiter, da wir nur die Aussage bekommen uns einen Flug zu suchen. Wir finden keinen!!!“, so die Familie. „Wir bitten sehr dringend um Hilfe!!!! Bitte melden Sie sich!“(…)Am Schluss des Facebook-Eintrags verweisen die Nerlichs darauf, dass sie nicht die einzigen Deutschen in Not sind. „In unserem Hotel gibt es eine weitere deutsche Familie mit Kindern, die genau das gleiche Problem haben und nach Hause möchten.“ FOCUS Online nahm Kontakt mit den Stuttgartern auf. Eigentlich wollten sie bis zum 29. März in Kambodscha bleiben, dann nach Vietnam reisen und von dort aus am 20. April nach Deutschland zurückfliegen. Doch wegen der Corona-Pandemie hat Vietnam die Grenzen für Europäer geschlossen.(…)Alle Versuche der Familie, mit anderen Airlines aus Kambodscha rauszukommen, scheiterten. Schließlich wendeten sie sich an ihre Reiseagentur. Nancy Nerlich: „Wir haben unsere Flüge über Opodo gebucht.“ Doch die Agentur sei völlig überfordert gewesen, berichtet sie.

Stundenlanges Warten in der Hotline, gescheiterte Umbuchungs-Versuche, unvorbereitetes Personal. Einmal gerieten die Nerlichs an einen Mitarbeiter, der nicht einmal das Flughafenkürzel von Phnom Penh wusste. „Das mussten wir ihm erst raussuchen“, so Nancy Nerlich. Das dritte Telefonat habe die Familie abgebrochen, weil es schier aussichtslos war.(…)Schließlich fuhr die Familie auf eigene Faust zum Flughafen in die kambodschanische Hauptstadt, doch viele Büros waren geschlossen. „Wir haben jede denkbare Fluggesellschaft angerufen. Doch alle Airlines haben entweder den Flugverkehr nach Kambodscha eingestellt oder die Transitflughäfen erlauben uns kein Flug“, sagt Nancy Nerlich zu FOCUS Online.

Die Familie aus Süddeutschland steht mit ihrem Problem nicht allein da. Dutzende deutsche Touristen befinden sich derzeit noch in Kambodscha. Sie wollen das Land so schnell es geht in Richtung Heimat verlassen, können aber nicht. Ob die Bundesregierung ihnen hilft, ist fraglich.(…)Bislang hat die Regierung etwa 120.000 der geschätzt 200.000 im Ausland gestrandeten Deutschen zurückbringen können. Nach den Haupturlaubsgebieten – Länder wie Marokko, die Dominikanische Republik, Ägypten, die Malediven und die Philipinen – konzentrieren sich die Rückholaktionen (Gesamtkosten bis zu 50 Millionen Euro) nun auf abgelegenere Regionen. Aktuell stehen auf der Liste des Auswärtigen Amtes 21 Länder, aus denen Urlauber zurückgeholt werden. Kambodscha ist nicht darunter.(…)Familie Nerlich hat unterdessen ein weiteres massives Problem. Ihr Visum für Kambodscha läuft am 29. März 2020 aus , eine Verlängerung ist derzeit nicht möglich. Grund: Im Ausweis des kleinen Jaron stimme eine Zahl nicht mit anderen Dokumenten überein, monieren die Behörden in Asien. Nun muss die Familie darauf warten, dass die Stadt Stuttgart Dokumente an die Botschaft schickt. Das kann dauern.

„Bei einer Visaverlängerung behält die Behörde unsere Pässe eine Woche lang ein. Wenn also in der Zwischenzeit ein Flug gehen würde, hätten wir kein Pass“, sagt Nancy Nerlich zu FOCUS Online. Für die Familie spitzt sich die Lage immer weiter zu.”

Eine ziemlich heikle Situation, der der Familie sicher erspart geblieben wäre, wenn sie es sich mit dem Nachwuchs in der Elternzeit zuhause gemütlich gemacht hätten. Oder innerhalb Deutschlands gereist wären. Aber bekanntlich gilt die eigene Heimat gerade jungen Leuten ja wenig. Die Ferne ist in – selbst wenn es die 3. Welt ist. Man kennt das.

Gute Aussichten für deutsche Touristiker?

Und kann – vor allem für deutsche Touristiker – nur hoffen, dass nach überstandener Coronakrise der heimische Reisemarkt wieder zulegt, deutsche Lande wieder mehr geschätzt werden.

Die Aussichten dafür dürften hervorragend sein!

Zum Original-Artikel auf Focus Online geht es hier.

Bildnachweis: stock.adobe.com / Mathew

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