Die Redaktion Frauenpanorama wünscht Ihnen ein frohes Osterfest.
Teil 3: Nicht nur Frauen bloggen. Heute stelle ich Euch einen männlichen Blogger vor: Thomas Jessen. Er betreibt mit seiner Frau Bianca den Bücherblog Mundolibris.
Das Ehepaar Jessen bin ich zum ersten Mal auf der Frankfurter Buchmesse begegnet – zwei äußerst sympathische und buchbegeisterte Menschen.Thomas will nicht klagen, „auch wenn es gesundheitlich durchaus besser gehen könnte“, gesteht er mir zu Beginn unseres Interviews, denn „es gibt so viele Menschen, denen es deutlich schlechter geht als mir.“
Thomas ist ein waschechter Frankfurter (am Main) Junge. Nach einer 40-jährigen Abwesenheit (Limburg an der Lahn und Umgebung) kehrte er nach Frankfurt zurück, wo er seit vier Jahren mit seiner Familie lebt. Bianca sagt über ihren Ehemann, er sei humorvoll, liebevoll und zuverlässig. So habe auch ich Thomas erlebt – und nicht nur auf Buchmessen
Sein erstes Wort war „Ball“, sein erster Besuch im Fußballstadion folgte mit acht Jahren. Sein Lieblingsverein – wie könnte es auch anders sein: Eintracht Frankfurt. Hin und wieder findet man Thomas auch als Zuschauer beim Eishockey: bei den Löwen Frankfurt.
Viel Vergnügen mit Mundolibris und Thomas und Bianca Jessen.
AK: Was treibt dich auf die Palme, Thomas?
Lügen und Ungerechtigkeit, aber im Großen und Ganzen bin ich eher jemand, der immer ruhig und gelassen bleibt.
AK: Du hast den Bücherblog „www.mundolibris.blogspot.de.“ Erzähl uns ein wenig davon.
Ich habe eigentlich schon immer kurz meine Meinung kundgetan über Bücher, die ich online oder in der Buchhandlung gekauft habe. Auch habe ich mich gerne mit Gleichgesinnten über Bücher unterhalten. Irgendwann fragte mich eine Bloggerin, ob ich die Lovelybooks kenne. Und so kam ich denn zu dieser Bücherplattform und den Leserunden. Irgendwann war es dann ein Autor, der mich zu Buchblogs führte. Ich habe dann eine Weile verschiedene Blogs beobachtet und startete selbst einen Versuch. Nach einem Probejahr mit meinem ersten Blog Thomundmienebaja (grausig bunt und schrill) habe ich dann 2012 den Blog umbenannt und neu gestaltet: Mundolibris.blogspot.de.
AK: Du besuchst die Frankfurter Buchmesse. Was machst Du da genau?
Inzwischen ist der Besuch der Frankfurter Buchmesse schon fast wie ein Familientreffen. Ich treffe mich dort mit vielen Autoren und Bloggern, mit denen ich mich das Jahr über zwar via Facebook austausche, aber der persönliche Kontakt ist natürlich ganz was anderes. Im Vorfeld vereinbare ich viele Termine zu persönlichen Gesprächen.
AK: Du wirst von Deiner Frau Bianca unterstützt?
Natürlich, wir betreiben unsere Blogs gemeinsam. Sie hauptsächlich ihren Kreativblog und ich lege mein Hauptaugenmerk auf den Buchblog.
AK: Nach welchen Kriterien beurteilst Du Bücher?
Lesbarkeit, Unterhaltung, historische Romane auch, wie nah sie an den tatsächlichen geschichtlichen Abläufen stehen. Bücher beurteile ich auch danach, ob sie mich auch nach dem Beenden noch weiter beschäftigen. Deswegen kommt es nur sehr selten vor, dass ich meine Meinung direkt nach dem beiseitelegen eines Buches, veröffentliche. Für mich schreibe ich eine erste Fassung, die ich mir nach ein paar Tagen später nochmals ansehe, bearbeite und dann erst veröffentliche.
AK: Wie klassifizierst Du die Sterne?
Vorab muss ich sagen dass ich bisher ganz selten wirklich schlechte oder unlesbare Bücher in den Händen hatte. Denn bevor ich eine Zusage gebe, ein Buch zu lesen und zu rezensieren, lese ich den Klappentext und schau in die Leseprobe. So habe ich meistens guten Lesestoff gefunden, insbesondere auch von Debütanten.
5 Sterne = Kracher. Das muss man lesen
4 Sterne = Sehr gutes Buch, welches ich auch noch empfehlen kann
3 Sterne = Geht so, sicher noch ein Buch für Fans des Autors
2 Sterne = Konnte mich nicht erreichen, ist aber noch lesbar
1 Stern = Mangelhaft, weil zum Beispiel viele Fehler und deswegen für mich kaum lesbar.
Ich habe bis heute die wenigsten Bücher mittendrin abgebrochen, denn ich finde, dass jedes Buch es verdient hat, gelesen zu werden.
AK: Es gibt eine Menge Bücherblogs. Keine Angst vor der Konkurrenz?
Nein, warum auch, denn ich denke die ganze Bloggerszene ist eher wie eine große Familie. Natürlich gibt es Ausnahmen, die anderen Bloggern ihre „Erfolge“ und Follower neiden, aber diese disqualifizieren sich auf Dauer selbst. Denn die meisten sind da wie ich selbst und suchen eher das miteinander als das gegeneinander. Und Facebook sei Dank, sind schon oft viele nette und vor allem auch interessante Gespräche zustande gekommen.
AK: Auch wir kennen uns schon einige Jahre. Hattest du es auch schon mit schwierigen Autoren zu tun?
Ich denke, dass ein Autor oder generell das gegenüber so schwierig sein kann, wie man es sich mit Jemand macht. Will meinen, wenn ich mein gegenüber vernünftig behandle, dann werde ich ebenfalls vernünftig behandelt. Wie heißt es doch so schön? Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus. In den ganzen Jahren hatte ich nur einen Autor, dem meine Meinung zu seinem Buch nicht gefallen hat. Aber das lag nicht unbedingt an meiner Person oder an der Rezension, sondern das war jemand der im Rahmen einer Leserunde versucht hat, jeden Teilnehmer dahingehend zu beeinflussen, die Rezension zu seinen Gunsten ausfallen zu lassen. Für mich ist das ein absolutes „No go“. Jeder Versuch der Einflussnahme hat zur Folge, dass ich das Buch nicht rezensiere. Auch nehme ich dann von solchen Personen oder Verlagen Abstand. Ich finde, dass unsere Leser ein Recht darauf haben, offene und ehrliche Rezensionen zu lesen. Auch eine weniger gute Rezension ist immer noch kostenlose Werbung für das Buch. Das Buch wird trotzdem gelesen.
AK: Was macht Lust auf das große Abenteuer Lesen?
Das abtauchen in andere Zeiten oder das erleben in den Gedanken des Autors.
AK: Schon mal selbst daran gedacht ein Buch zu schreiben?
Natürlich, welcher Leser hat nicht schon mal daran gedacht. Aber ich denke, das überlasse ich lieber denen, die das Geschick haben, mit Worten zu jonglieren. Ich schätze, ich bleibe lieber Leser.
AK: Hast Du Kinder? Wenn ja, Was sagen sie zum Papa als Buchblogger?
Ja, aber die leben beide nicht bei mir. Einer davon wollte auch gerne einen eignen Blog. Da war schon das Interesse für da.
AK: Welches Genre liest Du am liebsten? Warum?
Da mag ich mich nicht festlegen, denn ich mag viele Genres und nur wenige Genres können mich so gar nicht erreichen.
Der historische Roman beispielsweise, erführt mich immer in die lange vergangene Zeit und dabei kann ich auch das jetzt komplett ausblenden.
AK: Hat das „Blaue Sofa“ für Dich eine Daseinsberechtigung?
Ob es eine Daseinsberechtigung hat oder nicht, ich denke da bin ich nicht der richtige Ansprechpartner dies zu beurteilen. Aber ich habe in der Vergangenheit den einen oder anderen interessanten Beitrag erlebt.
AK: Was bezeichnest Du als Dein besonderes Talent?
Das ist eine wirklich gute Frage. Ich meine aber, dass dies vielleicht andere beurteilen sollten, welche besonderen Talente ich habe.
Wenn man dies als ein Talent bezeichnen soll: Ich schaffe es immer wieder meine Frau zum Lachen zu bringen, wie ich es ihr versprochen habe zu Beginn unserer Beziehung. (AK: ein großartiges Talent)
AK: Wie sieht Dein perfekter Tag aus?
Den perfekten Tag gibt es meiner Meinung nach nicht. Aber ein guter Tag wäre für mich, wenn ich mit meiner Frau nach einem gemeinsamen Frühstück etwas unternehme, zum Beispiel ein Zoobesuch mit reichlich Zeit auch zum Fotografieren. Abends dann entweder zum Essen ausgehen oder gemeinsam kochen und nach dem Essen dann noch ein gutes Buch lesen.
AK: Was ist wirklich wichtig für das eigene Leben?
Die Familie: meine Frau und meine Kinder.
AK: Wirst Du manchmal missverstanden?
Nur sehr selten
AK: Wozu braucht der Mensch eine Privatsphäre?
Jeder braucht einen Rückzugsort. Ich brauche den um meine Gedanken zu ordnen oder um einfach nur die Seele baumeln zu lassen.
AK: Hast Du eine typisch deutsche Seite?
Pünktlichkeit
AK: Definition von Leidenschaft?
Leidenschaft heißt Leidenschaft, weil sie Leiden schafft. Ich meine damit, dass gerade, wenn man den Partner zu sehr liebt, es derjenige auch schafft, den anderen leiden zu lassen.
AK: Ganove oder Edelmann? Warum?
Beides. Ich glaube am ehesten, dass man nicht nur das eine oder das andere sein kann. Vielleicht auch weil jeder Mensch eine gute und eine schlechte Seite hat, vor allem auch, weil das was der eine als meine gute Seite ansieht, der andere als die schlechte Seite ansehen könnte.
AK: Ist Dein Leben eher ein Roman- oder ein Sachbuch?
Gerade weil manches so skurril erscheint, wenn ich darüber nachdenke, scheint es wohl eher ein Roman zu sein. Teilweise denke ich ist es so unreal, dass das nur von einem Schriftsteller erdacht sein könnte.
AK: Wie dürfen wir uns Deinen Schreibtisch vorstellen?
Das Genie beherrscht das Chaos 😉
AK: Beste Lesezeit: Highnoon oder Mitternacht?
Jederzeit, gerne aber abends im Bett
AK: Bloggerzeit?
Vormittags oder am frühen Abend
AK: Entwickelt sich in Deinen Augen das Autorendasein zum Showgeschäft?
Aber ja, wenn ich mir die Präsentation von Max Rohde aka Sebastian Fitzek auf der FBM15 in Erinnerung rufe, das war ganz großes Kino. Natürlich ist dies nicht jedermanns Sache, Sebastian Fitzek ist natürlich ein Autor, dem es liegt, sich zu präsentieren. Aber ich denke es kommt auf den Menschen an und so kenne ich auch Autoren die sehr schüchtern sind und daher eine solche Veranstaltung niemals machen würden.
AK: Was sollte ein Blogger unbedingt vermeiden?
Seine Unabhängigkeit und somit seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Das soll heißen, manche Blogger lassen sich inzwischen neben den Rezensionsexemplaren auch bezahlen. Damit wiederum begibt man sich in Abhängigkeit zu den Verlagen und Autoren.
AK: Die beste Entscheidung Deines Lebens?
Thom: Meine Frau Bianca zu heiraten
AK: Wann wurdest Du das letzte Mal angenehm überrascht?
Vor etwa zwei Jahren als mich Silvia Stolzenburg fragte ob ich Lust hätte Juror zu werden für den Homer Literaturpreis. Denn damit hatte ich eigentlich nie gerechnet
AK: Was hältst Du von der Entwicklung des Buchmarktes?
Ich muss gestehen, dass ich den nicht wirklich beobachte. Neue Bücher natürlich, aber nur ganz selten Bestellerlisten, denn für mich ist es nicht wichtig ob sich ein Buch 100 Mal oder 100.000 mal verkauft. Für mich ist es wichtig, ob mich ein Buch unterhalten oder informieren kann. Und dazu brauche ich keine Bestsellerlisten.
AK: Magst Du E-Books?
Gute, Frage! eBooks sind an sich eine gute Sache, insbesondere dann wenn man unterwegs lesen möchte. Aber da ich keinen Reader habe, muss ich darauf verzichten. Grundsätzlich ist mir nach wie vor das gedruckte Buch lieber. Da bin ich altmodisch und ich liebe es meine Wohnung auch mit Bücherregalen zu dekorieren.
AK: Welche Bücher befinden sich gerade auf Deinem Nachttisch?
Caren Bendikt – Die Rache der Duftnäherin, Elisabeth Büchle – Skarabäus und Schmetterling und Jeremiah Pearson, Die Täuferin.
Thomas Jessen Hobby ist also das Lesen und je nach Stimmung hört er dabei auch Musik. Nur Essen ist beim Lesen verboten. „Es wäre eine mittlere Katastrophe, wenn es auf dem Buch oder den Seiten Flecken gäbe.“ Das Büchergenre umfasst Thriller, Horror, SciFi oder Historie. Einen ausgesprochenen Lieblingsautor hat er nicht. Auf die Frage, ob Sozial Media Menschen aus der Einsamkeit herauszutreten hilft, meint Thomas Jessen: „Ich denke nicht, eher fördert das Internet und damit auch Social Media die Einsamkeit, denn viele bauen sich eine Scheinwelt auf, die meiner Meinung nach das reale Leben nicht ersetzen kann, niemals.
AK: Ist Facebook eher männlich oder weiblich?
Lach, die Frage ist unfair, oder besser die Antwort ist gefährlich für mich. Ich glaube aber eindeutig weiblich, denn viel Klatsch und Tratsch wird erst durch FB verbreitet.
AK: Würdet Ihr gerne mal im Kaufhaus übernachten?
Thom: Im Kaufhaus nicht, aber in einer Buchhandlung wahnsinnig gerne.
AK: Das heißeste Ding im deutschen Fernsehen?
Thom: Keine Ahnung, denn ich schau nur selten wirklich voll bei der Sache TV. Meist läuft der zur Berieselung nebenher.
AK: Was würdest du den Lesern gerne einmal sagen?
Ich glaube die meisten kennen mich schon durch Facebook, wo ich den meisten Kontakt zu den Lesern unseres Blogs habe, sehr gut.
Vielen Dank für das Interview.
Liebe Leser, wer den Bücherblog Mundolibris noch nicht kennt, der wird herzlich eingeladen, mal vorbeizuschauen. Es lohnt sich.
Das Interview führte Astrid Korten.