Der Adrenalinspiegel der Autorin Evelyn Barenbrügge „ist am äußersten Limit, die Müdigkeit liegt bleiern in den Knochen, der Geist ist schneller, als die Füße, aber ansonsten ist alles perfekt“, gesteht mir die in Münster geborene und aufgewachsene Autorin. Seit 23 Jahren lebt sie in Billerbeck, der Perle der Baumberge. Evelyn Barenbrügge ist eine begnadete Autorin. Mich wundert es daher nicht, dass ihre ersten Worte „Geschichte erzählen“ 😉 waren. „Ich bin spontan, ehrlich, liebenswert“, sagt sie von sich selbst. Dem stimme ich zu, da ich Evelyn vor einigen Jahren kennengelernt habe und wir seitdem freundschaftlich verbunden sind.
Sie ist als Laienrichterin (Schöffin) beim Amtsgericht Coesfeld tätig und erlebt etwa einmal im Monat live, worüber andere schreiben. “Natürlich unterliegen diese Gerichtsverfahren der Schweigepflicht, aber es ist jedes mal eine Herausforderung, nicht nach meiner Meinung, sondern objektiv eine Lösung, bzw. ein Urteil zu finden, das der Richter zwar letztlich vertreten und verkünden muss, aber nichtsdestotrotz muss ich mit dem Urteil eben auch leben. Das ist spannend und erfordert viel Aufmerksamkeit”, sagt Evelyn Barenbrügge.
Liebe Leser, ich freue mich sehr, Ihnen heute diese außergewöhnlich talentierte und engagierte Autorin und wunderbare Frau vorstellen zu dürfen. Ihre historischen Romane zeichnen sich durch eine ungewöhnliche Sprachmelodie aus und sind hervorragend recherchiert. Die Autorin schafft Figuren und Begebenheiten, die einem im Gedächtnis haften bleiben. (Histocouch)
AK: Evelyn, gab’s in seiner Jugend unerfreuliche Überraschungen?
“Es gab eine Menge unerfreulicher Überraschungen. Eine ist mir besonders in Erinnerung geblieben: In der 7. Klasse hatte ich einen Streit mit meinem Klassenlehrer, der mich zu Unrecht beschuldigt hatte. Ich verließ wortlos die Klasse und fuhr wütend nach Hause, doch meine Mutter schickte mich postwendend zurück. Am nächsten Tag entschuldigte sich der Lehrer bei mir; wir wurden die besten Freunde.”
AK: Was sollte auf deinem Grabstein stehen?
„Ihr Leben war ein Kaleidoskop“ und „Es ist nie zu spät, anzufangen“.
AK: Was treibt dich auf die Palme?
“Dummheit, Oberflächlichkeit und Ungerechtigkeit.”
AK: Ist Heimat ein großes Versprechen?
“Ich denke, für Heimat ist jeder selbst zuständig. Ich kann nur etwas als Heimat bezeichnen, mit dem ich pfleglich umgehe, dem ich meine Aufmerksamkeit schenke, dem ich mich verbunden fühle, in das ich mich einbringe, das ich mit gestalte und für das ich einstehe. Billerbeck ist ein Stück Heimat für mich, aber es gibt durchaus noch andere Orte, an denen ich mich heimisch fühle.”
AK: Wozu braucht der Mensch eine Privatsphäre?
“Als Autorin treffe ich spätestens bei der ersten Veröffentlichung eine wichtige Entscheidung: Ich stelle mich in die Öffentlichkeit, bin für jeden sichtbar und erlebbar, trage meine Haut zu Markte. Je mehr ich dies tue, je intensiver die Kontakte in den Netzwerken, zu den Lesern, und auf Messen sind, desto wichtiger ist ein Rückzugsort, eine Privatsphäre, in der ich die Dinge tun und besprechen kann, die nicht an die Öffentlichkeit gehören.”
AK: Am 14.11. fand die „Lange Lesenacht“ in Billerbeck statt. Erzähl uns bitte ein wenig von dieser besonderen Veranstaltung.
“Vor vier Jahren hatte die Stadt den Mut, gemeinsam mit dem Autorenkreis für historische Romane „Quo Vadis“ die Historica in Billerbeck durchzuführen. Niemand wusste, ob Billerbeck, abgesehen von dem historischen Ambiente, für so eine Veranstaltung geeignet ist. Etwa 270 Besucher kamen zur „Langen Lesenacht“, die Wege wurden mit Kerzen ausgeleuchtet. Es war eine tolle Stimmung. Im folgenden Jahr wiederholten wir die Veranstaltung mit gleichem Erfolg. Dann löste sich der Autorenkreis leider auf. Doch wir wollten die Veranstaltung in der Stadt halten. Als Mitglied des Autorenkreises und Autorin fiel mir die Aufgabe zu, die Leseplätze zu besetzen. Nun sollte es kriminell zugehen. Ich war noch nicht so tief in dem Metier verwurzelt, als dass ich jede Menge Autoren kannte. Über das soziale Netzwerk sprach ich mir unbekannte Autoren an. Die Besucher sollten nach wie vor freien Eintritt erhalten und die Autoren wenigstens ein kleines Honorar bekommen. Wir reduzierten die Leseorte und boten jedem Autor eine Stunde, sich und seine Werke zu präsentieren. Die vier Leseorte waren proppenvoll, die Autoren hatten Spaß, ich habe nette Kollegen kennengelernt, deren Gesichter ich nur von Fotos kannte.
Damit sich diese Veranstaltung nicht totläuft, braucht sie Veränderung, deshalb wurde es in diesem Jahr romantisch. Wieder konnte ich zwölf Autoren von unserer Veranstaltung überzeugen, wieder waren die Leseorte rappelvoll. Wir hatten eine Menge Spaß, Besucher und Autoren waren begeistert. Amor hatte gleich in fünffacher Ausführung die wegweisenden Kerzen angezündet und die Stadt sorgte für die Verpflegung der Autoren, übernahm die Kosten für Flyer und Plakate.
Die Presse begleitete uns sehr wohlwollend in ihrer Berichterstattung. Eine weitere Unterstützung erfahren wir durch die Gesellschaft für Literatur in Nordrhein Westfalen. Bei mir laufen alle Fäden zusammen, ich leite Informationen weiter, pflege die Kontakte zu den Autoren, stehe für sie Rede und Antwort, spreche Konditionen mit den Hoteliers ab und bin immer wieder froh, über die tolle Zusammenarbeit hier vor Ort. Für das nächste Jahr ist die „Lange Lesenacht“ bereits gesichert, für 2017 gibt es Ideen und für 2018 erste Meldungen von Autoren, die gern wiederkommen möchten.”
AK: Du hast dort dein neues Buch „Lobola – Preis der Liebe“ vorgestellt. Wovon handelt der Roman?
“Meine Protagonistin steht weit oben auf der Karriereleiter; ein Augenblick macht alles zunichte, was sie sich erarbeitet und erträumt hat. Sie verliert den Boden unter den Füßen und den Glauben an die Gesellschaft, bis sie einen Reiseprospekt entdeckt der sie ins größte Abenteuer ihres Lebens lockt. Sie lernt Südafrika kennen, verliebt sich in das Land, beschließt, ihre Zelte in Europa abzubrechen und auszuwandern. Sie gerät zwischen die Kulturen, ihre Gefühle fahren Achterbahn, als sie sich in einen Schwarzen verliebt, sie fühlt sich hin- und hergerissen und weiß nur, dass sie nicht gegen Rinder aufgewogen werden will. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden.”
AK: Was liebst du an Afrika?
“Die Vielfalt der Kulturen und das friedliche Zusammenleben. Die Weite und die Langsamkeit, die Natur, die Menschen und den Indischen Ozean mit seinen unendlichen Stränden.”
AK: Du bist eine sehr engagierte Autorin. Erzählst doch bitte den Lesern ein wenig von deinen Aktivitäten.
“Wie schon erwähnt, organisiere ich die Autoren für die „Lange Lesenacht“. Seit drei Jahren gibt es in Billerbeck die Fensterworte. Jeder, der mag, schreibt Lyrik oder eine 100-Wort-Geschichte zu einem bestimmten Thema (Fenster, Türen, Wasser), im nächsten Jahr heißt es „Brücken“. Unter dem Motto „Billerbeck schreibt …“ werden die Beiträge anonymisiert und mit laufenden Nummern versehen nach den Sommerferien in die Schaufenster der Billerbecker Geschäfte gehängt. Die Billerbecker können einen Publikumspreis küren, eine Jury lobt die drei besten Beiträge aus, die Preise werden von der Sparkasse gestiftet. Im Schnitt haben wir 50 Beiträge pro Jahr, die jüngsten Teilnehmer sind sieben Jahre, die ältesten im Rentenalter. Ich möchte die mittlerweile 150 Beiträge nächstes Jahr gern als Buch herausbringen.
AK: Deine Werke?
„Leeres Verspechen“, ein historischer Roman, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts spielt und von einer Auswandererfamilie aus dem Sauerland nach Österreich-Ungarn unter Maria Theresia handelt.
„Tayfun“, ein historischer Roman, in dem es um die Verordnungen Maria Theresias und ihres Sohnes Joseph II gegen die Zigeuner geht. Mit harten Gesetzen wurde diesen Menschen ihre natürliche Grundlage des Nomadisierens entzogen und sie wurden zur Sesshaftigkeit gezwungen. Und es geht um den Horea-Aufstand in Siebenbürgen gegen die Leibeigenschaft des ungarischen Adels.
„Lobola – Preis der Liebe“, ein Gegenwartsroman, der in Südafrika spielt, in dem es um die Liebe im Allgemeinen und die Liebe zwischen Schwarz und Weiß im Besonderen geht.
AK: Wie gehst du mit einer 1-Sterne-Kritik um?
“Ich lese sie, ärgere mich kurz und ignoriere sie dann. Meistens spricht aus diesen Rezensionen Neid und Dummheit, nur selten nehmen sie einen sachlichen Bezug zu dem Buch. Zum Glück können Leser das erkennen und unterscheiden.”
AK: Keine Angst vor der Konkurrenz?
“Nein. Ich richte mich beim Schreiben nicht nach dem Mainstream, ich packe auch keine Themen an, die in aller Munde sind, deshalb mache ich mir darüber keine Gedanken.”
AK: Vermitteln deine Romane Einblick in deine Arbeit oder sind sie ein Spiel mit der Wirklichkeit?
“Die Eltern meiner Großmutter sind aus Ungarn ausgewandert. Durch diesen Hintergrund habe ich mich schon früh für Maria Theresia interessierte. Als ich herausfand, dass Menschen aus Westfalen einem verlockenden Angebot der Monarchin nicht widerstehen konnten, hatte ich meinen Stoff zu „Leeres Versprechen“, zumal es meines Wissens keine Auswanderergeschichte aus dem Sauerland nach Österreich/Ungarn gibt.
Aus meiner Kindheit kenne den Spruch: „Zigeuner klauen Kinder.“ Aber tatsächlich waren es nicht die Zigeuner, sondern Maria Theresia hat die Zigeunerkinder mit fünf Jahren aus den Familien gerissen, um sie zu anständigen Staatsbürgern zu erziehen. Das fand ich so ungeheuerlich, dass ich darüber einen Roman schreiben musste. Horea kam mir in dem Zusammenhang wie gerufen, denn auch er kämpfte als freier Zimmermann gegen die Leibeigenschaft in Siebenbürgen. Beide Themen waren in der Form noch nicht publiziert, ein Glücksfall für mich als Autorin und meinen Roman „Tayfun“.
AK: Was macht Lust auf das große Abenteuer des Lebens?
“Meine Neugierde, hinter die nächste Ecke zu schauen, den nächsten Berg zu überwinden oder eine Grenze zu übertreten. Die Spannung, mich Neuem zu öffnen und der Gewinn aus wunderbaren Begegnungen, Freundschaften und Gesprächen. Diese unendliche Gier nach der Vielfalt unseres Universums.”
AK: Schon mal selbst eine kleine Sünde begangen? Ich höre?
“Nicht eine, viele, und die bleiben mein Geheimnis. Ich verstecke sie in meinen Handlungen, denn die besten Geschichten schreibt ja bekanntlich das Leben.”
AK: Hast du Kinder? Wenn ja, Was sagen sie zur Mama als Autorin?
Ich habe keine Kinder, wurde aber vor fünf Jahren von einer einäugigen Katze adoptiert. Tinkerbell ist begeistert von meinem Schreiben. Aber sobald es ihr zu viel wird, legt sie sich auf die Tastatur oder setzt sich mitten auf meine Arbeit. Tinki ist jedoch die geduldigste Zuhörerin der Welt und gibt fast niemals Widerworte. Höchstens mal ein „Mau“.
Leider wurden meine Werke noch nicht in kätzisch übersetzt. Tinkerbell begnügt sich damit, auf dem Cover zu liegen. Gäbe es meine Romane in Kätzisch, ich bin überzeugt, sie würde sie lesen.
AK: Warum schreibst du (Romane, Kurzgeschichten)?
“Ende 2005 stand ich vor dem Nichts. Mal wieder wurden Arbeitsplätze reduziert und als freie Mitarbeiterin war ich die Erste, die überflüssig wurde. Die Resonanz auf meine Presseberichte brachte mich auf die Idee, mehr aus meinem Schreiben zu machen. Ich studierte das kreative Schreiben, beschäftigte mich darüber hinaus mit dem Handwerk und schrieb während eines National Writing Month (NaNoWriMo) meinen ersten Roman. Ein Jahr später folgte der Zweite. Beide hatten ein historisches Thema. Als „junge“ Autorin musste ich Geschichten finden, die es noch nicht gab.
Das ist mir zwar gelungen, aber ich bewege mich damit weit ab vom Mainstream. Im vergangenen Jahr wurde ich von einem Kollegen dazu ermuntert, meine Südafrikageschichte zu schreiben. „Lobola – Preis der Liebe“ ist Teil meiner Geschichte. Sie spiegelt Erlebnisse aus Südafrika wider und macht hoffentlich nicht nur Lust auf das Land, sondern räumt auch mit Vorurteilen auf. Die Idee für mein jetziges Projekt ist in Südafrika entstanden. Meine historischen Romane lagen mir aufgrund ihrer Thematik sehr am Herzen.
Erst im Nachhinein ist mir bewusst geworden, wie aktuell die Themen sind. „Lobola – Preis der Liebe“ und mein neues Projekt, ein Thriller, verdeutlichen das sich verändernde Leben in Südafrika, dem Land meines Herzens.
AK: Hat das „Blaue Sofa“ für dich eine Daseinsberechtigung?
“Ach, das Blaue Sofa ist so eine Sache. Sicher halten manche es für sehr wichtig, mag sein, doch was ich nicht mag, ist eine permanente Einforderung, wie toll jemand ist, eine Lobhudelei für Menschen, mit denen ich nichts zu tun habe und ein überkandideltes Umschmeicheln von Literaten, für deren Texte ich ein wissenschaftliches Studium brauche, um sie zu verstehen.
Ich schreibe Unterhaltungsromane für jeden, der Wert auf eine gute Sprache legt, die aber verständlich ist, der Wert auf Spannung legt und der, wie ich, Geschichte in Romanform liebt. Ich habe mein eigenes Blaues Sofa, das ich gern zu einer netten Plauderei mit Freunden oder Kollegen teile. Ohne Fernsehen und ohne Fremdwörterbuch.”
(AK: “Wie wahr, liebe Evelyn.”)
AK: „Was hältst du davon, wenn sich Sprecher oder Vorstandsmitglieder von Autorenverbänden sich für Literaturpreise nominieren?
“Das ist ein absolutes No Go! Ich meine, wofür werden denn von den Verbänden Preise ausgelobt, wenn von vornherein schon feststeht, wer einen Preis bekommt, oder wenn gepuscht wird, was das Zeug hält. Ich habe in meinem „Leserleben“ festgestellt, dass (leider) die besten Bücher kaum nominiert werden.”
AK: Welche Autorenverbände empfiehlst du den jungen Kollegen?
“Eine wirklich gute Empfehlung sind Verbände, die sich nicht einem Genre verschrieben haben, weil dort die Autoren auf Augenhöhe miteinander umgehen. Eine gute Adresse ist der Bundesverband junger Autoren (BVjA). Doch letztlich muss es jeder für sich entscheiden. Ich habe von genrebezogenen Gruppierungen Abstand genommen.”
AK: Was bezeichnest du als dein besonderes Talent?
“Ich handle lösungsorientiert und organisiere gern oder mit anderen Worten, wenn andere noch diskutieren, bin ich schon unterwegs.”
AK: Wie sieht der perfekte Tag aus?
“Ein ausgedehnter Spaziergang zu zweit am Meer, Aufwärmen und Schwitzen in der Sauna, ein Kerzenscheindinner und zum Abschluss ein spannendes Buch mit einem Glas Rotwein in einen kuscheligen Bademantel gehüllt vor dem Kamin.” (AK: Da fehlt noch kuscheln mit Tinkelbell)
AK: Was ist wirklich wichtig für das eigene Leben?
“Jeden Tag so zu gestalten, dass er perfekt ist, mindestens einmal zu lachen, mindestens einem netten Menschen zu begegnen, mindestens einige freundliche Worte ausgetauscht zu haben, gesund zu bleiben.”
AK: Wirst du manchmal missverstanden?
“Ja, das kommt schon mal vor, aber meistens können die Missverständnisse schnell wieder ausgeräumt werden. Wenn nicht, kann ich es auch nicht ändern und lasse den Dingen ihren Lauf.”
AK: Bildung ist gut. Werte sind besser?
“Beides ist wichtig. Eine gute Bildung ist nur halb so viel Wert, wenn die menschlichen Werte nicht gelehrt und gefördert werden.”
AK: Hast du eine typisch deutsche Seite?
“Ich weiß es nicht, da ja auf jeden Fall auch ungarisches Blut durch meine Adern fließt. :). Na ja, ich bin sicher fleißig und ich bin ein Stehaufmännchen, ich lass mich nicht so schnell unterkriegen und bin ein hoffnungsloser Daueroptimist.”
AK: Welche Illusion lässt du dir nicht nehmen?
“Dass es für alles eine Lösung gibt und dass es nie zu spät ist, etwas anzufangen, sein Leben komplett zu verändern.”
AK: Definition von Leidenschaft?
“Wer leidenschaftlich ist, der leidet im positiven Sinn. Es ist der Hang zum Perfektionismus und die Tatsache mit Enthusiasmus und Empathie Bemerkenswertes zu schaffen.”
AK: Ganovin oder Edelfrau?
“Warum? Ich bin eine Heldin, dem Tod von der Schüppe gesprungen und habe erfolgreich mein Lebensziel verteidigt.”
AK: Ist dein Leben eher ein Roman oder ein Sachbuch?
“Mein Leben ist ein bunt schillernder Roman mit sachlichen Episoden gewürzt.”
AK: Wie dürfen wir uns deinen Schreibtisch vorstellen?
“Eine große Arbeitsfläche mit Blick ins Grüne, eine Mischung zwischen Chaos und pedantischer Ordnung, mit einer riesigen Auswahl Stiften, einer Tasse und einer Kanne Honeybush-Tee. Und immer einem Platz für Tinkerbell, und sei es auf den Aufzeichnungen für meinen nächsten Roman.”
AK: Wo auf deinem Schreibtisch liegen die Büroklammern?
“Nicht auf dem Schreibtisch sondern in der zweiten Schublade meines Schreibtisch-Containers.”
AK: Beste Schreibzeit: Highnoon oder Mitternacht?
“Früh morgens und immer, wenn mir etwas einfällt. Das kann auch schon mal nachts oder im Morgengrauen sein.”
AK: Dein Mittel gegen Müdigkeit?
“Macha-Tee und ein Spaziergang an der frischen Luft.”
AK: Entwickelt sich das Autorendasein zum Showgeschäft oder war das schon immer so? Wie geht man damit um?
“Ich verstehe nicht, warum aus jeder Veranstaltung ein Event gemacht werden muss. Letztlich muss es jeder Autor für sich entscheiden. Ich verkaufe nicht mich, ich verkaufe meine Geschichten, dafür muss ich mich nicht verkleiden. Meine Geschichten sind so gut, dass ich meinen Zuhörern ohne Maske entgegentreten kann.”
AK: Was darf ein Autor unbedingt nicht können?
“Flöte spielen.” 😉
AK: Gott oder Teufel?
“Wie wäre es mit einem göttlichen Gedanken, der von teuflischem Grinsen begleitet ist? Eine schöne Vorstellung. Ich denke, irgendwo dazwischen, oder mit einem Bein im Himmel (… ich komme überall hin) und mit einem Bein in der Hölle (… ich mag es gern warm).”
AK: Die beste Entscheidung deines Lebens?
“Nach Südafrika zu reisen und mein Leben nicht mehr allein zu verbringen. Ja, das sind zwei, aber sie sind die besten.”
AK: Wann wurdest du das letzte Mal hinterhältig reingelegt?
“Als ich auf einem Flohmarkt in Kapstadt zwei Holzgiraffen gekauft habe und für Verpackung und Transport ein Vermögen zahlen musste, weil der Spediteur meine Situation ausgenutzt hat. Na ja, mein südafrikanischer Freund hat mich mit den Worten getröstet: Irgendwann kommt irgendjemand und legt ihn rein. Irgendwie hat er recht. Ich sollte bei meiner nächsten Reise mal nachfragen.”
AK: Wann angenehm überrascht?
“Als mein Roman „Tayfun“ im März von der Histo-Couch mit dem Historikus als beste Neuerscheinung ausgezeichnet wurde.”
AK: Was hältst du von der Entwicklung des Buchmarktes?
“Erschreckend. Ich finde es traurig, dass die Arbeit von Autoren zu Dumpingpreisen verschleudert wird, dass der Prophet im eigenen Land bis auf wenige Ausnahmen nicht zählt, dass die Qualität nachlässt, weil sich plötzlich viele Autoren auch noch zu Lektoren berufen fühlen, die Oberflächlichkeit auch bei Lesern zunimmt und ein Buch nach ein paar Monaten in der Backlist verschwindet.”
AK: Magst du E-Books? Warum?
“E-Books habe ich für die Reise entdeckt, früher hatte mein Koffer das größte Gewicht durch die Bücher, die ich mitgeschleppt habe. Das ist heute dank E-Book leichter. Was ich nicht mag, ist die Selbstbedienungsmanier, die immer weiter um sich greift, die dazu führt, dass viele E-Books über Piratenplattformen illegal kopiert werden, dass das Urheberrecht ausgehebelt wird, den Autoren ein immenser Schaden entsteht und die Verlage scheinbar machtlos sind.”
AK: Welche Bücher befinden sich gerade auf deinem Nachttisch?
“Aktuell sind es „Morpheus’ Born oder Die Quelle der Träume“ von Gero Bernard, „Der Susan Effekt“ von Peter Høeg und „Eiskalter Plan“, in dem ich gerade lese.”
AK: Wie riechen Bücher?
“Exotisch, nach großer weiter Welt, unendlicher Fantasie und unbedingter Freiheit.”
AK: Welches Buch ist schon mal gegen die Wand geflogen?
“Bisher noch keins, dazu habe ich zu großen Respekt vor der Arbeit, die darin steckt, selbst, wenn mir der Inhalt nicht gefällt.”
AK: Dein Hobby?
“Reisen, lesen, fotografieren und Leute beobachten.”
AK: Musik beim Schreiben?
“Ich brauche Stille zum Schreiben. Ich kann davor oder danach zur Entspannung Musik oder ein Hörbuch hören, aber beim Schreiben brauche ich Ruhe.”
AK: Lieblingsname aus einem deiner Romane?
“Ich mag alle Namen, die ich meinen Figuren gegeben habe, weil sie zu den Charakteren passen. Besonders ans Herz gewachsen sind mir allerdings Kasper und Tayfun.”
AK: Deine Lieblingsautoren?
“Henning Mankell, Peter Høeg, Garry Jennings, James Clavell, Maarten ´t Hart, das sind aber nur einige Wenige aus meinem Fundus.”
AK: Gibt es ein gutes Lesen im schlechten Leben?
“Da muss ich wahrscheinlich fragen, was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Genuss guter Literatur zu einem schlechten Leben führt. Wem es schlecht geht, dem könnte ein gutes Buch ein bisschen Licht, Trost oder gute Gedanken in sein Leben bringen.”
AK: Hilft Social Media Menschen aus der Einsamkeit herauszutreten und in Kontakt zu treten mit anderen?
“Nein, das glaube ich nicht. Aus der Einsamkeit heraus führt meiner Ansicht nach nur der Weg in die reale Welt. Social Media ist eine Scheinwelt, jeder kann sich dort verstecken, viele machen das hinter Symbolen, mit Fantasienamen, jeder kann anderen etwas vorgaukeln, doch im realen Leben, muss ich meinem Gegenüber in die Augen blicken.”
AK: Ist Facebook eher männlich oder weiblich?
“Facebook ist für Männlein und Weiblein eine bequeme Art, schnell mit Gleichgesinnten Nachrichten auszutauschen, auf Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Aber es ist auch ein Zeitfresser. Ich versuche, mich nicht diesem ständigen Postingzwang zu unterwerfen und die ständig sich wiederholenden nichtssagenden „Was-machst-du- gerade“-Kommentare sind überflüssig. Ich will nicht wissen, wer gerade einen Schluckauf oder wessen Haustier eine Magenverstimmung hat, weder möchte ich mir irgendwelche Meinungen aufzwingen lassen noch mich einer globalisierten Scheinsolidarität anschließen. Meinung ist sowieso nicht gefragt, denn da kann der Schuss schneller nach hinten losgehen, als du die Pistole ziehen kannst. Da halte ich mich diskret zurück. Einladungen zum Liken oder ungefragt Gruppen hinzugefügt zu werden, ist einfach zum Erbrechen.”
AK: Twitter?
“Twitter nervt mich. Die mit Hashtags verstümmelten Nachrichten, die Pseudobotschaften, die überwiegend dazu dienen, auf irgendetwas aufmerksam zu machen, was die meisten sowieso nicht interessiert, nur um etwas gepostet zu haben. Ich gebe zu, ich habe dort ein Konto, aber ich nutze es so gut wie nie.”
AK: Google?
Google ist eine praktische Suchmaschine, mehr nicht.
AK: Braucht man diese Portale tatsächlich? Warum?
“Eine gute Frage. Meine Zeit ist mir zu schade, diese Portale regelmäßig zu bedienen, oder anders herum, ich habe zu viele andere Dinge zu tun, die mir wichtiger sind. Wie gesagt, Google nutze ich als Suchmaschine, das ist praktisch. Bei Facebook sind viele Kollegen, die ich mittlerweile durch die „Lange Lesenacht“ persönlich kenne. Da bin ich schon neugierig, was die so machen, freue mich an ihren Erfolgen. In Gruppen halte ich mich überwiegend zurück, denn oft sind diese der Willkür selbst bestimmter Administratoren unterworfen, die bei dem einen Kollegen Eigenwerbung ohne Ende zulassen und beim nächsten Eigenwerbung rigoros entfernen. Da kann ich drauf verzichten. Ich denke, jeder muss sich seinen idealen Weg suchen … meiner sieht anders aus.”
AK: Alternative zum Kriminalroman: Liebesgeflüster oder Kinderbuch?
“Liebesgeflüster ist so gar nicht meine Welt, dann lieber einen witzig-spritzigen Jugendroman, wie „Artemis Fowl“ oder „Die grüne Wolke“.”
AK: Wann gibt es etwas Neues aus deiner Feder?
“Ich arbeitete zurzeit an einem Thriller, der in Südafrika spielt. Geplant ist die Veröffentlichung für Oktober 2016. Bisher haben alle Termine gut geklappt, also auch sicher bei diesem Buch, das dann mein Drittes im Bookshouse Verlag sein wird.”
AK: Würdest du gern mal im Kaufhaus übernachten?
“Aber nur im Wasserbett und im Schaufenster, sonst macht es keinen Spaß.”
AK: Wärst du lieber Obama oder Putzfrau?
“Da ich in der realen Welt nach dem Motto „mehr sein als scheinen“ lebe, würde mir eine Putzfrau gut zu Gesicht stehen.” (AK: aber dann imWeißen Haus, Evelyn) 😉
AK: Das heißeste Ding im deutschen Fernsehen?
“Ganz klar Prof. Karl-Friedrich Börne und Frank Thiel im Münster-Tatort … unübertroffen.”
AK: Magst du Abschiede?
“Endgültige? Nur, wenn ich mich darauf vorbereiten konnte, wenn ich Zeit hatte, alles zu sagen, was ich zu sagen hatte, wenn ich mit dem Gefühl loslassen kann, ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, dann ist ein Abschied nicht schlimm. Plötzlich und unvorbereitet wäre ein Abschied eine Katastrophe.”
AK: Welche Vorsätze hast du für 2016?
“Weniger zu arbeiten, damit ich mehr Zeit zum Schreiben habe. Öfter die Seele baumeln lassen, eine grandiose „Lange Lesenacht“ zu planen und versuchen, dazu beizutragen, dass Billerbeck mein persönliches Stück Heimat bleibt.”
AK: Was würdest du deinen Lesern gerne einmal sagen?
“Irgendwann werde ich euch in einer Fortsetzung von Kaspers aufregendem Leben erzählen.”
AK: Vielen Dank, liebe Evelyn für dieses Interview.
Die Webseite der Autorin:
http://www.evelyn-barenbruegge.de/