"Leute von nebean" haben Sex vor der Kamera, will man das sehen?
“Leute von nebean” haben Sex vor der Kamera, will man das sehen?

Die „Aufklärungs“-Dokumentation „Make Love“, ausgestrahlt im MDR, geht in die nächste Runde. Im Mittelpunkt: Sex. Mit normalen Leuten, nicht mit Darstellern. Dazu stellen sich mir einige Fragen. Zunächst natürlich die, warum der Mitteldeutsche Rundfunk meint, anno 2014, in Zeiten von Internet, aufgeklärten Menschen, Smarthphone & Co. eine Aufklärungsdoku starten zu müssen?

Beim MDR machen Leute Sexleben öffentlich

Und – die noch spannendere Frage – wie diese Leute ticken, die da so öffentlich ihr Privat- und Sexleben, zur Schau stellen?

Ich las dieser Tage einen Artikel, in dem diese Paare vorgestellt wurden. Oft musste ich mit dem Kopf schütteln, vor allem bei einem Pärchen, das kund tat, in letzter Zeit so wenig Zeit füreinander gehabt zu haben, dass sie es nun genießen, einen ganzen Tag miteinander im Bett zu verbringen. Nun – an diesem Tag aber stand ein ganzes Kamera-Team am Lotterbett. Richtig verstanden habe ich diese Menschen und ihre Intension, dort mitzumachen, denn auch nicht…

Derlei „Zur-Schau“-Stellungen (eigentlich sogar im Wortsinn) kannte man bisher eigentlich nur von Leuten, die im Erotik-Business arbeiten. Abgesehen natürlich von den unzähligen und unsäglichen Filmen, die sogenanne “Amateur”-Paare privat auf pornographischen Websiten veröffentlichen…Dass nun ganz normale Paare den Dreh vor der Kamera wagen, macht zweifellos das „Ungewöhnliche“ an dieser Dokumentation aus.

Das Format passt nicht

Die ich mir aber dennoch nicht ansehen werde. Und die meiner Meinung nach auch ein bisschen so ein Zwischending ist zwischen „seinen Zuschauern nur eine bestimmtes Niveau zu unterstellen“ und „erhobenem Zeigefinger“. Beides passt nicht.

Weder für ein Publikum, das 30 ist, noch für eines, das 45 und viel älter ist.

Fast ist es schon vermessen (und auch ein wenig lächerlich), Jahrzehnte nach Kolle mit einer „Aufklärungs-Doku“ daherkommen zu wollen. Sicher ist der Anspruch nicht verkehrt, „echte“ Sexualität zu zeigen. In Anspielung an täglich, vorzugsweise im Web, gezeigte Pornographie, die oft erniedrigend, nicht selten mit Gewalt und mit äußersten Extremen daherkommt.

Doch was soll es bringen, aufklärend nun authentische, echte Paare, Leute von „nebenan“ zu zeigen? Was sollen wir, die wir ja sicher alle ab 20 und aufwärts an Jahren zählen, durch eine solche Darstellung (noch) lernen?

Sex ist beliebig geworden – und das MDR-Motto daneben

Zumal man ja `eh schon den Eindruck hat, dass Sex, dargestellt an jeder Ecke – von der Litfass-Säule bis zum Aufdruck auf Produkten des täglichen Bedarfs – beliebig geworden ist. Und damit auch langweilig. Zumindest der überall ungefragt dargestellte. Möchte man dann wirklich sehen, wie die Meiers von nebenan sich in den Laken wälzen? Oder Beobachter sein, wenn gleichgeschlechtliche Paare intim miteinander sind? Ich finde schon die Botschaft der Dokumentation – „Liebe machen kann man lernen“ daneben.

Denn „Liebe machen“ wie es so schön heißt, ist ein so privater Akt, dass wohl die meisten von uns in diesem Bereich auf lehrende Zeigefinger durchaus verzichten können. Dass dabei – so die Aussage des MDR – die begleitende “Fachfrau für Sexualität und Beziehungsfragen“, Sexualtherapeutin Ann-Marlene Henning, die Dinge unverkrampft und humorvoll beim Namen nennt, ohne Leistungsdruck, Schubladendenken oder Tabus, macht in meinen Augen auch nicht unbedingt Lust auf die Doku.

Es wird kaum was zu sehen sein, was der Erwachsene von heute nicht schon gesehen oder – besser! – getan hat.

Das Rad kann man wohl auch beim „Strip“-Big Brother nicht noch mal erfinden.

Bildnachweis: Fotolia, http://de.fotolia.com/id/64399210 – #64399210 – © tarasov_vl

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