Ein Gastbeitrag von Liane – „Legste wieder Helene Fischer auf?“ Der Nachbar grinst zu mir herüber. „Die höre ich doch so gerne“ setzt er nach.
„Klar“ – sage ich und bringe meinen CD-Player auf der Fensterbank Richtung Garten in Stellung.
Ronny, besagter Nachbar, hilft mir – mit zwei anderen Männern aus dem Dorf – beim Aufbau eines Gartenpavillons.
Und wie sagt man so schön? „Mit Musik geht alles besser!“. Ich lege also Helene Fischer auf und gemeinsam machen wir uns an die Arbeit auf meiner Terrasse. Im Rhythmus von “Mitten im Paradies”.
Dass ich gerne Schlager höre, ist bekannt und seit ich vor Jahren aufs Land gezogen bin, befinde ich mich inmitten von Schlager-Fans. Hier hört fast jeder gern diese Musik-Genre und ein Problem damit hat niemand.
Warum auch?!
Mit Schlagern ist es doch – seien wir ehrlich! – ein wenig wie mit McDonalds und der BILD-Zeitung: keiner bekennt sich “offziell” dazu, diese Produkte zu konsumieren, aber irgendwie lesen die meisten auch mal die BILD oder fahren dann und wann zu McDonalds.
Man kann die Beliebtheit von Schlagern auch auf jedem x-beliebigen Volks- oder Feuerwehrfest erkennen.
Legt der DJ Knaller-Songs von Fantasy, Andy Borg, Nik P., Andrea Berg oder eben Helene Fischer auf, brennt die Luft. Die Leute zieht es auf die Tanzfläche und meistens wird an solchen Tagen und Abenden die Musikrichtung nicht noch mal gewechselt. Spätestens, wenn Wolfang Petrys kultiges „Wahnsinn“ ertönt, bleibt keiner mehr auf der Bierzeltgarnitur hocken.
Ich find`s klasse und habe im Übrigen schon Schlager gehört, als ich Anfang Zwanzig war. Oft schaute man mich verwundert an, wenn ich meine Lieblingsmusikrichtung kund tat, aber gestört hat mich das eigentlich nie.
Seit ich denken kann, ist der Schlager in meinem Leben. Liegt vielleicht auch an meiner Mutter, die ein großer Fan der FLIPPERS war und mich mit Liedern á la „Die rote Sonne von Barbados“ mit dem Schlager-Virus infiziert hat.
Derlei Songs liefen bei uns meist, wenn gekocht oder der Haushalt gemacht wurde.
Bis heute ist das bei mir so.
Steht die Reinigung von Küche, Bad & Co. an, lege ich erst mal Schlager ein. Mit diesen Melodien – kein Witz! – schwinge ich Schrubber und Staublappen noch mal so schnell…!
Vornehmlich passen zum Hausputz so Kracher wie „Ich glaub Dir jede Lüge“ von Helene Fischer oder auch “Keine Lügen“ von Fantasy.
Ja, mit den Lügen – da haben es die Schlagerbarden! Oft ist diese miese und ungeliebte Charaktereigenschaft ja mit an Bord, wenn es um Liebe und große Gefühle in den Liedern geht.
Aber Apropos: „Lügen“ lässt mich auf die aktuell (mit Recht) gescholtenen Medien kommen, die sich ja derzeit mit dem Prädikat „Lügenpresse“ herumschlagen müssen.
Bis auf das „Goldene Blatt“ und ähnliche Tratschblätter, die deutschen Schlagersängerinnen und Schlagersängern wohlgesonnen sind, gibt es unter den etablierten Medien eigentlich kaum eine Redaktion, die sich dem Schlager gegenüber wohlwollend äußert.
Meist werden Fans dieses Genres – aus Redaktionsstuben, die Elfenbeintürmen gleichen – von oben herab belächelt, man schreibt über sie, als wären sie eine zurückgebliebene Klientel, die sich mit derlei Liedern durch ihr armseliges, abgehängtes Leben treiben lässt.
Man kann davon ausgehen, dass vielen Medien dieses Genre sicherlich zu „deutschtümelnd“ oder gar „völkisch“ ist, wird doch beim Schlager hierzulande ausschließlich die deutsche Sprache bemüht.
Dass das verdächtig ist in diesen Zeiten, ist bekannt. Ebenso bekannt ist, dass man Leute, die sich zu ihrem Heimatland bekennen, das Deutsche und somit Deutschland lieben, gern in die suspekte Ecke drängt.
Und so tut, als verstünden diese Menschen wahre Kultur und Kunst im Leben nicht.
Denn der Fokus in den Feuilletons und Kulturseiten der etablierten Medien liegt meist auf Künstlern, deren „Kunst“ alles andere als selbst erklärend – und oftmals auch abstrakt – ist. Meist gilt das für Musiker, Bildhauer, Maler und andere künstlerisch tätigen Personen gleichermaßen.
Hier wird oft nur der Geschmack einer Minderheit abgebildet, nicht selten der der Redakteurinnen und Redakteure in Medien, die derzeit (noch) die Meinungs- und Deutungshoheit für sich proklamieren können.
Dass ein Musik- oder Kulturredakteur einer – sagen wir – FAZ das Schlagerduo Fantasy mit einer Kritik bedenken würde, ist eher unwahrscheinlich bzw. wird mit Sicherheit niemals geschehen.
Das meinte ich mit meiner Ausführung, dass hier oft nur verschwurbelte Künstler – Musiker – eine Bühne bekommen, die sicher mit ihren Songs auf einem Polterabend die Gäste eher vergraulen denn auf die Tanzfläche ziehen würden. Ist nur eine Vermutung von mir, muss natürlich nicht so sein.
Ist allerdings auch egal, denn den Schlager hat das nie angefochten. Er hat bislang alles überstanden, selbst den Tod der legendären ZDF-Hitparade.
Dass er überlebt hat und immer überleben wird, ist eben den vielen Millionen Fans zu verdanken, die SOLCHE Musik lieben. Und immer lieben werden.
Auch wenn (gefühlt) täglich mehr regionale Radiosender Schlagermusik in ihren Programmen zurückfahren und es eben – wie schon geschrieben – richtige Schlagerformate im Fernsehen nicht mehr gibt.
Allerdings: wer schaut heutzutage eigentlich noch Fernsehen?
Das Internet ist längst auch dem Schlagerbegeisterten entgegen gekommen:
Facebook-Seiten von Schlagergrößen haben mehr Fans als manche Partei oder mancher Politiker (das Duo Fantasy zum Beispiel bringt es auf über 70.000 Likes, während der unbeliebte Justizminister es nicht mal auf 30.000 Likes bringt…) und durch –zig Internetsender, die ausschließlich diese Musikrichtung spielen, hat der Schlagerbegeisterte mehr Auswahl denn je.
Die direkte Kommunikation in den sozialen Netzwerken, mit den Interpreten höchstpersönlich, tut ihr Übriges.
Insofern: der deutsche Schlager ist nicht tot, war es nie und wird es niemals sein!
Ich werde mich weiterhin von dieser Art Musik durch mein Leben begleiten lassen und denke mir, dass vielleicht auch medial irgendwann einmal ein Umdenken einsetzt und man dem in der Bevölkerung so beliebten Schlager irgendwann mehr Beachtung schenkt.
Bis dahin halte zumindest ich es einfach mit Matthias Reim und bekenne mich glasklar zum deutschen Schlager: „Verdammt ich lieb Dich!“
Bildnachweis: Helene-Fischer.de – © 2013 Sandra Ludewig/Universal Music GmbH