Baumwolle, Polyester, Leder, Seide… das alles hängt schon zur Genüge bei Dir im Kleiderschrank und langweilt Dich? Dann solltest Du es vielleicht einmal mit Kleidern aus Papier probieren oder mit Handtaschen aus Fahrradschläuchen. Kannst Du Dir nicht vorstellen? Kann nicht gut aussehen? Oh doch! Und deshalb stellen wir auch in diesem Artikel wieder einige besondere Kleider und Accessoires aus Materialien vor, die uns begeistert und überzeugt haben.

Handtaschen und Kleidung aus Feuerwehrschläuchen

Die beiden Designer Kai Rudat und Kerstin Klockow haben lange nach einem ungewöhnlichen Material gesucht, mit dem sie auf dem Modemarkt eine Ausnahmestellung einnehmen. Und sie haben es gefunden: Feuerwehrschläuche. Aus dem extrem widerstandfähigen, wasserabweisenden und recycelten Material stellen die beiden studierten Designer unter dem Label  K&K Pirate Business Mode, Accessoires, sowie Fetischkleidung her.

Was uns daran besonders gut gefällt, ist, dass jedes Stück ein Unikat ist. Wenn Du also eine ganz bestimmte Vorstellung von einer Handtasche hast, lass es die Designer wissen, verhandele mit ihnen einen Preis und schon bekommst Du Deine ganz individuelle Tasche angefertigt. Das Tolle daran: Nicht nur unterstützt Du mit Deinem Kauf bei den beiden Hannoveranerinnen den Umweltschutz, Dein Accessoire hat aufgrund der Vorgeschichte als Feuerwehrschlauch seine ganz eigene Geschichte und in seinem vorherigen Dasein einem Druck bis zu 60 bar standgehalten.

Das ist rund das 20 fache mehr, als ein Autoreifen. Sorgen machen, dass die Tasche kaputtgeht, musst Du Dir also erst einmal überhaupt nicht.

Übrigens waren Kerstin und Kai mit ihrem Geschäftsmodell auch schon in der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ und haben versucht, die Investoren dort vor allem von ihren Korsetts zu überzeugen. Da die „Löwen“ die beiden Designerinnen aber vor allem auf den Fetischbereich einschränkten und den ästhetischen und künstlerischen Wert gerade auch der Accessoires nicht sahen, stiegen sie leider nicht in das Pirate Business mit ein. Schade, finden wir, denn die Taschen sind eine wirklich gelungene Abwechslung. 

Geknöpftes und gestricktes Papier

Mode aus Papier liegt wieder voll im Trend und wird von avantgardistischen Designern in aufwendiger Handarbeit angefertigt. Wieder voll im Trend? – richtig gehört, das Material als Ersatz für Baumwolle, Seide & Co. zu benutzen ist keine neue Erfindung. Nachdem die Grundsteine für die Entwicklung des Papiers mit den Anfängen der Han-Dynastie in China gelegt waren, begannen die Japaner bereits 988 nach Christus mit der Herstellung von Kleidung aus Papier.

Der Überlieferung nach fertigte ein japanischer Mönch sich ein provisorisches Papierhemd aus den heiligen Schriften Buddhas, um ankommende Besucher in sauberer Kleidung empfangen zu können. Das „Kamiko“ verbreitete sich über andere Mönche schließlich als Kleidungsstück in ganz unterschiedliche Gesellschaftsschichten.

Nachdem die bunten Kleider aus Papier in den 60er Jahren dann noch einmal für einen echten Trend in der Modeszene sorgten, war es lange Zeit still um das Material als Bedeckung des Körpers oder als Accessoire. Doch es kommt wieder: Jutta Roche, eine sympathische Designerin aus Hoya in Niedersachsen strickt, knüpft und webt mit dem Material, das wir alle ansonsten eher zum Lesen oder Schreiben benutzen. Doch Roche verwendet auch nicht etwa Zeitungspapier oder alte Bücher: „Ich verwende Himalaja-Papier, das hat einen hohen Textilanteil und ist widerstandsfähiger als Schreibpapier“, sagt die Designerin.

Genau wie bei den Taschen und anderen Accessoires aus Feuerwehrschläuchen von Kai Rudat und Kerstin Klockow, ist selbstverständlich auch jedes Kleidungsstück Roches ein absolutes Unikat. So sind die Farben und Muster jedes Mal anders und auch die Oberflächenstruktur unterscheidet sich von Stück zu Stück. Damit arbeitet Roche ganz bewusst: die Papierbögen mit glatter Oberfläche, die häufig auch etwas nachgeben und reißfester sind, verwendet sie für Armbänder.

Das Material schmiegt sich dann besser an den Körper. Das gröbere Papiergarn, das sie selbst dreht, wird dann zum Stricken und Knüpfen verwendet. Tatsächlich strickt die Designerin mit Papier und zaubert dabei ganz erstaunliche Kleidungsstücke. Die Angst vieler Interessentinnen und Kundinnen, dass sich die Kleidung unangenehm anfühle und dass sie bei schlechtem Wetter leide oder gar kaputtgehe, sei unberechtigt: „Viele Frauen fragen mich, ob das Papier kratzt. Aber da kann ich sie beruhigen, es liegt sehr angenehm auf der Haut.“

Und die Trägerinnen müssen auch nicht darum fürchten, dass Wasser etwa dem schönen Schmuck schade. „Den kann man in die Tasche stecken und sogar bei Regen tragen. Da passiert nichts“.

Haute Couture aus Papier

Die junge Designerin Jule Waibel, die ebenfalls mit Papier Karriere macht, sieht das ein bisschen anders. Aufgrund der Beeinträchtigung, die ihre aufwendigen Kleider bei zu starken Regengüssen erleiden müssen, hat sie ihre Faltkünste inzwischen auch auf andere Stoffe, wie Papier, Seide, Leder und Filz, verschiedenste Kunststoffe, Messing, Kupfer und Kork übertragen.

Wir finden aber dennoch, dass gerade die Designs aus Papier der gebürtigen Stuttgarterin (die, im Übrigen die Schwester des berühmten Pop- und Rapmusikers Cro ist) wirkliche Aufmerksamkeit verdienen. Immerhin hat ihre Karriere auch mit einem solchen Kleid begonnen. Für ihr Abschlussprojekt am Londoner Royal College of Art entwarf sie ein kurzes Kleid, für das sie rund drei Meter Papier und zehn Stunden Anfertigungszeit benötigte. Wir finden, es lohnt sich allemal und hoffen die Karriere Waibels unter ihrem Label „The Unfold Universe“ weiterhin verfolgen zu dürfen.

Taschen aus Schlauchgummi für die Schultern und das Fahrrad

In Richtung der Feuerwehrschlauchtaschen gehen auch die Designstücke Katja Werners aus Kreuzberg in Berlin – könnte man meinen. Dennoch unterscheiden sich deren Designs, wie wir finden, ganz deutlich von denen der Hannoveraner Designerinnen. Viel cleaner und sogar noch etwas ausgereifter kommen Werners Taschen aus Schlauchgummi unserer Meinung nach daher. Außerdem sind sie schwarz. Und schwarz geht immer und ist dabei ein echter Lederersatz.

Denn das Schlauchgummi sieht, mit Nieten und Riemen und Henkeln versehen, sogar recht edel aus und ist dabei deutlich feuchtigkeitsresistenter, luftdichter und langlebiger als etwa Leder oder gar Kunstleder. Und auch ihre Produkte unterstützen den Umweltschutz: denn was sich auf der Mülldeponie in stinkenden Rauch auflösen würde – alte Schläuche von Motorrädern, LKWs oder Fahrrädern, wird von der Berliner Designerin einfach in Fahrradtaschen, Multi-Bike-Bags, Hüllen für Tablets und Smartphones, Handtaschen und vieles mehr verwandelt.

Auch bei Werner gilt, dass jedes Stück ein Unikat ist und von ihr selbst in Handarbeit gefertigt wird. Die Form der Gummiröhren gibt dabei jedes Mal von Neuem vor vor, was am Ende aus dem Material gemacht wird. „Der kreative Prozess ist vorher oftmals garnicht absehbar. Ich habe das Material in der Hand, ich spüre seine Haptik und Form und wie es eventuell nutzbar ist. Dann bekomme ich eine diffuse Idee, die ich aber auch oft während der Arbeit wieder verwerfe, weil ich plötzlich etwas ganz neues und spannendes entdecke.“, sagt Werner über ihren Job als Designerin.

Besonders überzeugt hat uns vor allem die stylische und moderne Fahrradtasche „F-Klasse“ ihres Labels „K.W.D.“ für welche Werner ausrangierte Förderbänder von Supermarktkassen verwendet. Nicht nur sieht die Tasche extrem hochwertig aus, sie ist es aufgrund der Materialbeschaffenheit auch. Und damit ist sie der perfekte Begleiter auf dem Rad.

Kleider aus Milch

Wenn es ausgefallener eigentlich kaum noch kommen könnte, können wir Euch hiermit sicher überraschen: es gibt sie wirklich, die Mode aus Milch. Entwickelt hat sie die Hannoveraner Mikrobiologin und Designerin Anke Domaske. Aus nicht mehr verwertbaren Milchresten, genauer gesagt aus Fasern aus Milcheiweiß, sogenannten Kaseinfasern, stellt sie die Stoffe her, aus denen schließlich diverse Kleidungsstücke entstehen. Im Jahr 2010 gewann sie mit ihrer Innovation berechtigterweise daher auch den Gründerpreis.

Die Mode, die bereits im Folgejahr unter dem Label „QMilk“ entstand, ist bemerkenswert, weil sie nicht nur aus wohl einem der ungewöhnlichsten Materialien überhaupt besteht. Sie überzeugt uns vor allem auch deshalb, weil sie keine der Eigenschaften, die man den Kleidern eventuell ahnungslos unterstellen würde, aufweist. Weder stinkt die Kleidung, sie ist stattdessen völlig geruchsneutral, noch ist sie immer nur weiß. Wie herkömmliche Stoffe, lassen sich die Kleidungsstücke Domaskes in genauso facettenreichen Farben färben und gestalten.

Und auch die Hannoveranerin tut der Umwelt etwas Gutes: in Deutschland werden jährlich rund zwei Millionen Tonnen Milch weggekippt. Domaske nimmt diese Milch, die sonst entsorgt würde und macht Mode daraus.

Wir sind begeistert und können Designer dieser Art nur unterstützen und ihnen weiterhin viel Erfolg wünschen!

Bildquellen:

Bild 1: fotolia.com © PhotoSG

Bild 2: fotolia.com © Andrey Kiselev

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert