Leser haben Lieblingsautoren. Redakteure auch. Oliver Buslau schätze ich besonders, ebenso seine Bücher. Der Autor kam 1962 in Gießen zur Welt, wuchs in Koblenz auf und begann bereits als Schüler, Zeitungsartikel zu schreiben. Er studierte Musikwissenschaft, Germanistik und Bibliothekswissenschaft in Köln und Wien.
1999 begann er neben seiner Tätigkeit als Musikjournalist Kriminalromane zu schreiben. Sein erster Krimi “Die Tote vom Johannisberg” (2000 erschienen) etablierte eine Serie mit dem Wuppertaler Privatdetektiv Remigius Rott, der bis heute in sieben Kriminalromanen von Oliver Buslau die Hauptrolle übernimmt: nach der Premiere in “Flammentod”, “Rott sieht Rot”, “Bergisch Samba”, “Bei Interview Mord”, “Neandermord” und “Altenberger Requiem”.
2003 veröffentlichte Buslau mit “Schängels Schatten” einen Krimi, der in seiner alten Heimatstadt Koblenz spielt. 2006 griff er mit “Das Gift der Engel” das Thema Klassische Musik auf, das fortan abseits der Rott-Krimis in seinem Büchern eine größere Rolle zu spielen begann – so in dem Thriller “Die fünfte Passion” und in dem historischen Kriminalroman “Schatten über Sanssouci”, der am Hofe von Friedrich dem Großen in Potsdam spielt.
Oliver Buslau ist Chefredakteur und Mitherausgeber der Zeitschrift “TextArt”, einem Magazin für Kreatives Schreiben, das er im Jahre 2000 gründete. Außerdem ist er auch als Komponist tätig. 1986 schrieb er den Erkennungsmarsch des RKK (Regionalverband Karnevalistischer Korporationen Rhein-Mosel-Lahn e.V.). Der Autor ist verheiratet und lebt seit 1992 in Bergisch Gladbach bei Köln.
Viel Vergnügen!
AK: Wie geht es Dir, Oliver?
Gut – fühle mich gerade sehr energiegeladen. Heute ist Montag, und hinter mir liegt ein sehr musikalisches Wochenende. Wir haben von Freitag bis Sonntag mit unserer Krimiautorenband „Hands up! & The Shooting Stars“ geprobt.
AK: Gab‘s in Deiner Jugend unerfreuliche Überraschungen?
Oh ja – zum Beispiel, dass sich die meisten anderen Jugendlichen für Pop- und Rock-Musik begeistert haben. Ich war eher der klassische Typ. Als wir 2012 zum ersten Mal mit unsere Band auftraten, war das das erste Mal in meinem Leben, dass ich Rockmusik live erlebt habe. Schön, wenn man bei so einer Premiere dann auch gleich mitspielen darf.
AK: Deine ersten Worte?
Angeblich habe ich, bevor ich sprechen konnte, gesungen. Und dann habe ich irgendwann „lala“ gesagt.
AK: Das Geheimnis einer langjährigen Ehe?
Ich habe recht spät geheiratet (mit 36, und ich kannte meine Frau erst etwa drei Jahre). Wichtig ist mir, dass der Partner bestimme Interessen und die organisatorischen Dinge, die sie mit sich bringen, teilt. In meinem Fall das Interesse für Musik und Literatur sowie mein Leben als Autor. Ich hatte mal eine Freundin, die dachte, ich könnte als Autor am Wochenende frei machen oder auch am späten Nachmittag mal ein Kapitelchen so schnell aufs Papier tippen, dass wir danach noch ins Kino gehen können. Das funktioniert leider nicht immer so nach Plan.
AK: Konntest Du etwas vom Geheimnis der Weiblichkeit lüften können?
Ja. Ich sage aber nicht, was. (schade 😉 )
AK: Was ist wirklich wichtig für das eigene Leben?
Für mich Freiheit. Vor allem in geistiger Hinsicht.
AK: Bildung ist gut, Werte sind besser. Wenn Du die Wahl hättest: Lagerfeuergespräch mit Sean Connery oder Bruno Ganz? Warum?
Wegen meiner Arbeit als Krimiautor würde ich eher Sean Connery wählen. Obwohl Ganz auch interessant wäre. Es ist also eine schwere Entscheidung. Am liebsten würde ich mich aber mal mit Mozart unterhalten. Wirklich begabte Menschen interessieren mich immer.
AK: Keine Angst vor großen Tieren?
Ich nehme an, es ist metaphorisch gemeint, und es geht eigentlich um Menschen. Nein, eigentlich nicht.
AK: Wirst Du manchmal missverstanden?
Oh ja.
AK: Drei Begriffe, die Dich beschreiben?
Perfektionistisch, manchmal ein bisschen manisch, einzelgängerisch.
AK: Was sollte auf deinem Grabstein stehen?
Nur mein Name und Daten.
AK: Was treibt dich auf die Palme?
Ignoranz, Wichtigtuerei, Arroganz.
AK: Deine Werke?
2000 begann ich eine Buchserie mit Krimis um den Privatdetektiv Remigius Rott, die sich zu einer ziemlich erfolgreichen Bergischen Reihe entwickelte. Das Bergische Land ist ja die Gegend östlich von Köln mit Zentren wie Wuppertal, Remscheid, Solingen, Bergisch Gladbach. Dazu kamen dann aber auch noch andere Krimis – unter anderem einige, in denen es um klassische Musik geht. Zum Beispiel „Die fünfte Passion“ um ein verschollenes Manuskript von Johann Sebastian Bach, „Die Orpheus Prophezeiung“ oder „Schatten über Sanssouci“ – ein historischer Krimi, der am Hof von Friedrich dem Großen spielt. Der preußische König war ja auch Flötist und Komponist. Die Handlung dreht sich um seine Hofmusik. Besonders am Herzen liegt mir die Zeitschrift „TextArt“ – Deutschlands einziges großes Magazin für Kreatives Schreiben, die ich 2000 gegründet habe. Sie richtet sich an alle, die Schreiben lernen wollen.
AK: Dein aktuelles Buch?
Bis Herbst 2015 ist mein aktuellstes Buch „Der Bulle von Berg“ – der achte Fall für den erwähnten Detektiv Rott. Die Geschichte spielt in Solingen. Eine junge Frau ist mit einem Schwert ermordet worden. Wer dabei die Verbindung „Solingen – berühmte Klingen“ zieht, liegt richtig.
AK: Wie geht Du mit einer 1*-Sterne-Kritik um?
Ich lese sie freudig. Ich nehme Kritiken aber nicht zu ernst.
AK: Vermitteln Deine Romane Einblick in Deine Arbeit oder sind sie ein Spiel mit der Wirklichkeit?
Nein, die Romane sind ja nicht autobiografisch, oder zumindest kaum. Sie sind tatsächlich ein Spiel mit der Wirklichkeit, aber ich versuche immer, sehr nah dran zu bleiben. Das war besonders bei „Schatten über Sanssouci“ interessant. Ich recherchierte für den Roman in Potsdam und Berlin. Das Personal des Buches ist zu 99% authentisch.
AK: Was macht Lust auf das große Abenteuer des Lebens?
Für mich sind das kreative Dinge. Und der Input, der dieser Kreativität vorausgeht. Neugier, Dinge erfahren, Dinge wissen wollen. Das muss nichts großes sein, das muss kein weites Reiseziel sein. Das geht auch vor der Haustür.
AK: Schon mal selbst eine kleine Sünde begangen? Ich höre?
Ich bin mal mit einer angebrochenen Flasche Bier in der Hand Auto gefahren. Und die Polizei hielt mich an. Ich musste in das berühmte Tütchen pusten. Damals war noch 0,8 Promille die Grenze, und ich hatte 0,7. Sie mussten mich weiterfahren lassen. Das taten sie auch, obwohl ich zu allem Überfluss auch noch keine Papiere dabei hatte.
AK: Hast Du Kinder? Wenn ja, Was sagen sie zum Papa als Autor?
Nein, ich habe keine Kinder, aber Nichten und Neffen.
AK: Lesen sie deine Bücher?
Einige aus der Familie lesen meine Bücher.
AK: Warum schreibst Du Thriller/Kriminalromane?
Ich schreibe das, was ich selbst gerne lesen würde. Ich mag es, wenn es in Geschichten um Rätsel geht, die sich dann auf überraschende Weise auflösen.
AK: Dein Plädoyer für den deutschlandweit längst totgesagten Begriff Multikulti?
Kulturen haben immer voneinander gelernt und sich gegenseitig beeinflusst. Man sollte aber kein Prinzip oder gar einen Qualitätsanspruch daraus machen.
AK: Wird ein Ausländer einen andern Ausländer jemals wirklich verstehen, wenn die Seelen ihrer Kulturen sich gravierend unterscheiden?
Wenn das so ist, nicht. Ich glaube aber, dass es immer große Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen gibt.
AK: Für Heraklit ist der „Streit“ der Vater aller Dinge. Konfuzius lehrte Tugenden wie Liebe, Rechtschaffenheit, Gewissenhaftigkeit, Ehrlichkeit, Gegenseitigkeit und drei soziale Pflichten wie Loyalität, kindliche Pietät, Wahrung von Anstand und Sitte. Was glaubst Du, welche Formen der Orientierung brauchen wir heute?
Die Wahrung von Anstand und Sitte wäre schon mal nicht schlecht.
AK: Wie schätzt Du die terroristische Gefahr ein, die uns bedroht?
Als sehr hoch.
AK: Welche Illusion lässt Du Dir nicht nehmen?
Dass sich alle Menschen, wenn sie frei von übergestülpten Ideologien in direkten Kontakt treten, verstehen können.
AK: Definition von Leidenschaft?
Emotionale, auf ein bestimmtes Ziel gerichtete Überwältigung.
AK: Schurke oder Edelmann?
Ich? Edelmann. Leider. Schurken sind viel interessanter.
AK: Ist Dein Leben eher ein Roman- oder ein Sachbuch?
Ein Roman.
AK: Wie dürfen wir uns Deinen Schreibtisch vorstellen?
Eine sehr breite (2, 50 Meter) und etwa einen Meter tiefe Fläche, auf der sich in der Mitte die Tastatur, dahinter der Monitor befindet. Links und rechts Ablagefläche mit Notizblöcken und Kram. Ganz links liegt eine Midiklaviatur, die ich an den Computer anschließen kann, wenn ich Lust zum Komponieren bekomme.
AK: Wo auf Deinem Schreibtisch liegen die Büroklammern?
Links vor dem Bildschirm, in einem kleinen magnetischen Schaufelbagger.
AK: Beste Schreibzeit: Highnoon oder Mitternacht?
Morgens. So von zehn bis zwölf.
AK: Dein Mittel gegen die berühmte 17-Uhr-Müdigkeit?
Habe ich eigentlich nicht. Notfalls Kaffee.
AK: Entwickelt sich das Autorendasein zum Showgeschäft oder war das schon immer so? Wie geht man damit um?
Ich war ja vorher Journalist, daher hatte das Geschäftliche schon immer seinen Platz in der Sache. Manchen fällt es schwer, sich den klaren Terminen anzupassen und sich immer wieder zu motivieren. Mir eigentlich nicht. Ich habe immer mehr Projekte, als ich umsetzen kann.
AK: Was glaubst Du, wie sieht es denn nun wirklich in den Köpfen der Verlagsspitzen aus?
Das kann ich kaum sagen. Aber man muss sich immer klar machen, dass es den Verlagschefs letztlich um das eigene Unternehmen geht. Und in ihrer Ausrichtung und ihren Möglichkeiten und Märkten unterscheiden sich Verlage ja. Man muss also erst mal verstehen, was das Besondere am jeweiligen Unternehmen ist, bevor man ihm ein Angebot machen kann.
AK: Heute werden Lesungen inszeniert. Würdest Du auf einer Lesung im Kampfanzug oder Dienstkleidung erscheinen?
Ich bin da für vieles offen. (Das möchte ich sehen 😉 )
AK: Verliert der Schriftsteller nicht seine Balance zwischen den zahlreichen Verlagsanforderungen und der Wahrung einer stabilen Autorenidentität, wenn er den Clown mimt?
Niemand verlangt, dass ich den Clown mime. Wenn man sich in der Sache nicht zu Hause fühlen kann, ist das nichts für einen.
AK: Peinlich oder Erfahrungen sammeln?
Zu peinlich darfs auf keinen Fall werden.
AK: Was darf ein Autor unbedingt nicht können?
Die eigene Laufbahn wie eine Beamtenkarriere betrachten. Es gibt Kollegen, die das tatsächlich tun. Nach dem Motto: Ich schreibe doch jetzt soundso lange, also muss ich dasselbe erreicht haben wie der Autor/die Autoren XY, der oder die genauso lange im Geschäft ist. Da entwickelt sich auch eine Art von Spießigkeit.
AK: Dein allererstes Buch? Hat es Dir gefallen?
Damals hat es mir gefallen. Den Leuten auch. Mir gefällts nicht mehr. Den Leuten aber schon noch. Da steckt man nicht drin.
AK: Gott oder Teufel?
Hier hätte ich eine Frage im ganzen Satz bevorzugt. Unterhalten würde ich mich mit beiden gerne.
AK: Schicksal oder Bestimmung?
Ist das nicht dasselbe?
AK: Die beste Entscheidung Deines Lebens?
1993: Ich kündigte meinen festen Job als Verlagsredakteur und bin seitdem Freiberufler. Ich freue mich jeden Tag darüber, dass ich kein Angestellter bin. Obwohl ich natürlich wesentlich mehr arbeiten und auf vieles verzichten muss.
AK: Darf ich weiter meine überreizten und durchgedrehten Fragen stellen und Dir mit meinem Übermut anzustecken versuchen?
Klar. Ich bin noch da.
AK: Wann wurdest Du das letzte Mal hinterhältig reingelegt?
Da fällt mir jetzt gar nicht dazu ein.
AK: Wann angenehm überrascht?
Letztes Wochenende. Ich erwähnte ja schon unsere Krimiband. Wir proben immer in großen Abständen an einem Wochenende. Diesmal haben wir viele Dinge hingekriegt, die uns weitergebracht haben.
AK: Stimmst Du zu, dass Männer insgesamt – seitdem der Durchschnittsmann in Europa vor dem Zubettgehen eine Gesichtscreme aufträgt – heute wesentlich besser aussehen als noch vor zehn Jahren?
Ja, das ist möglich. Ich achte aber mehr auf Frauen.
AK: Wie findest Du E-Books?
Angenehm, aber kein vollständiger Ersatz.
AK: Welche Bücher befinden sich gerade auf Deinem Nachttisch?
Thomas Pynchon: Bleeding Edge, Franz Kafka: Sämtliche Werke in einem Band
AK: Wie riechen Bücher?
Nach Kindheit – Weihnachten, Geburtstag, Ferien
AK: Welches Buch ist schon mal gegen die Wand geflogen?
Donna Leon. Die schlechtesten Krimis unter den Bestsellern.
AK: Dein Hobby?
Musik: Bratschespielen, Klavierspielen, Komponieren
AK: Musik beim Schreiben?
Keine oder höchstens Klassik ohne Gesang (der Text würde mich ablenken).
AK: Essen oder Trinken zur Lektüre?
Wasser.
AK: Sekt oder Selters?
Klingt vielleicht komisch, aber ich trinke nicht mehr so viel Alkohol. Höchstens mal Bier.
AK: Currywurst oder Austern?
Ich glaube nicht, dass man Austern essen kann. Auch wenn es Leute geben soll, die das tun.
AK: Gibt es einen Klassiker, der Dich völlig kalt gelassen hat?
James Joyce – Ulysses. Hermann Hesse – Steppenwolf.
AK: Lieblingsname aus einem Deiner Romane?
Gibt’s nicht. Jeder Name hat seinen Sinn für die Figur, die ihn trägt.
AK: Deine Lieblingsautoren?
Georges Simenon, Ray Bradbury, Elmore Leonard, Stephen King, Hans G. Bentz (ein heute fast vergessener Unterhaltungsautor der 50er und 60er).
AK: Gibt es ein gutes Lesen im schlechten Leben?
Bestimmt.
AK: Führt gutes Lesen automatisch zu einem besseren Leben?
Heinrich Goebbels war ein sehr gebildeter Mann – sehr belesen und auch selbst Romanautor. Und das ist nur ein Beispiel. Also nein.
AK: Jetzt aber! Ist Facebook eher männlich oder weiblich?
Natürlich weiblich. Bei dem Mitteilungsbedürfnis! Und das meine ich bewundernd, nicht abwertend.
AK: Alternative zum Kriminalroman: Liebesgeflüster oder Kinderbuch?
Dann schon Liebesgeflüster. Wobei es nicht unbedingt Geflüster sein muss.
AK: Wann gibt es etwas Neues aus Deiner Feder?
Buch im Herbst 2015. Kurzkrimis jede Woche in der Fernsehzeitschrift TVKlar.
AK: Magst Du Abschiede?
Nein.
AK: Worüber könntest Du locker eine Nacht mit einer Flasche Rotwein am Kamin sitzend, diskutieren? Wie wär’s mit einem Beispiel?
Über die These, dass Anton Bruckner ein völlig überschätzter Komponist ist. Das ist nämlich meine Meinung. Carl Orff auch.
AK: Noch Vorsätze für 2015?
Keine besonderen.
AK: Was würdest du deinen Lesern gerne einmal sagen?
Dass auch diejenigen, die Bücher illegal herunterladen (also nicht nur die, die sie in Internet stellen), strafrechtlich verfolgt werden können – und auch werden.
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