Normalerweise läuft es so: Eine zivile Hochzeit in weißem Kleid, mit großem Fest und Flitterwochen. Welche Konsequenzen hat es, wenn man nach der Hochzeit ein Problem mit der Lust bekommt? Viele Frauen kennen das. Nach der Geburt löst sich das Sexualleben praktischen Luft auf. Sex ist anstrengend geworden, schließlich fordern Kinder, Job und Haushalt die volle Aufmerksamkeit. Und zwischen Spinat und Stampfkartoffeln, Dreckwäsche und hektischen Tagesabläufen ist es kein Wunder, wenn Frauen abends erschöpft sind und keine Energie mehr für lustvolle Stunden haben. Ein Stück weit ist das sicher ein Klischee, doch ein Körnchen Wahrheit steckt drin.

Sich erotisch präsentieren und begehrenswert fühlen – nach langen Ehejahren gar nicht so einfach.

Die traurige Wahrheit ist zudem, dass manche Männer es schwierig finden, die Mutter ihrer Kinder als Lustobjekt zu betrachten. Daran scheitern tatsächlich viele Ehen – oft erst, nachdem zermürbende Jahre durchlebt wurden, weil der Ehemann fremdgeht.

Ist es eine Option, eine offene Beziehung zu leben, um die Ehe zu retten? Dieser Beitrag stellt drei Alternativen vor und beschäftigt sich mit der Frage, ob Frauen damit glücklich werden.

Polyamorie – mehrere Personen lieben sich auf erotische Weise

Die Netflix-Serie „You Me Her” thematisiert Polyamorie. Die Story: Ein Ehepaar engagiert ein Callgirl, um für etwas Abwechslung in der Ehe zu sorgen. Was als lustvolles Spiel zu dritt beginnt, mündet in eine liebevolle Dreier-Beziehung, die in einem spießigen Vorort nicht unentdeckt bleibt. Die Serie lohnt sich für alle, die einmal hineinschnuppern wollen in die Möglichkeiten, die eine solche Konstellation dreier verantwortungsvoller Erwachsener zu bieten hat. Aus psychologischer Sicht ist es unbedingt erforderlich, dass jede Person eine langfristige Orientierung hat, sich transparent, ehrlich und gleichberechtigt verhält. Das Ziel ist, einen gemeinsamen Konsens zu finden, mit dem jeder der Beteiligten glücklich wird. Ein „Betrügen“ im klassischen Sinne ist damit innerhalb der ungewöhnlichen Beziehung ausgehebelt.

Offene Paarbeziehung: Eine Form der Polyamorie

Polyamoröse Beziehungsformen gibt es in unterschiedlicher Ausprägung. Die bekannteste ist wohl die offene Paarbeziehung. In der offenen Zweierbeziehung wird zwischen dem Hauptpartner und dem Lebenspartner bzw. der Hauptpartnerin und der Nebenpartnerin unterschieden. Der Ehemann ist die Nummer 1. Schließlich gab es einmal die Hochzeit, es gibt vielleicht ein gemeinsames Haus oder gemeinsame Kinder, die den Status manifestieren. Die Beziehungen mit den Nebenpartnern sind weniger wichtig. Das bezieht sich nicht nur auf die Zeit, die man mit den Nebenpartnern verbringt, sondern auch auf die Verantwortung, die man jemand anderem gegenüber aufbringt.

In der offenen Paarbeziehung sind zum Beispiel prickelnde Sexkontakte erlaubt. Dabei können Frauen sich sexuell ausleben und sich von einem anderen Mann das holen, was ihnen der eigene nicht bieten kann. Der Ausbruch aus dem konventionellen Alltag ist nicht nur ein aufregender Spaß für diejenige/denjenigen, der/der ausbricht, denn der außereheliche Sex bringt eine besondere Spannung in die Ehe. Wer sich angesprochen fühlt, sollte bei seinem Partner doch einfach mal ein Stichwort fallen lassen und die Reaktion abwarten. Alleine dieses Gespräch dürfte dafür sorgen, dass die Ehe eine neue Facette erhält.

Die gleichberechtigte Mehrfachbeziehung

Bei dieser Form der Polyamorie gibt es nicht nur einen Primärpartner, wie bei der offenen Paarbeziehung, sondern mehrere. Diese Beziehungsform ist zwar nicht weit verbreitet, dennoch ist sie einen Gedanken wert. Innerhalb der Mehrfachbeziehung gibt es zwei Unterformen. Die eine ist nach außen geschlossen, das bedeutet nach außen gibt es keine weiteren Sexkontakte. Die andere Unterform ist offen, es sind also auch Affären möglich. Die gleichberechtigte Mehrfachbeziehung hat das Potenzial, zu einem echten Netzwerk heranzuwachsen. Tatsächlich definieren sich so manche Gruppen aus der BDSM-Szene aufgrund der gleichen sexuellen Orientierung als Gruppe oder Stamm. Zugegeben, es klingt etwas ungewöhnlich, doch auch diese Beziehungsform ist existent.

Neues aus dem Norden: Beziehungsanarchie

Beziehungen im Sinne der Anarchie zu leben bedeutet, sich von allen bekannten Definitionen komplett zu verabschieden. Aus diesem Grund ist es auch nicht ganz einfach, zu definieren was eigentlich Beziehungsanarchie ausmacht:

Grundsätzlich werden die klassischen Normen von Partnerschaften abgelehnt. Im Kern einer Beziehungsanarchie steckt das Freundschaftsprinzip. Daran lässt sich am besten erklären, was die Schwedin Andie Nordgren mit Beziehungsanarchie meint: Jeder Mensch kann mehrere Freundschaften parallel pflegen. Eine gute Freundschaft unterliegt keiner strengen Vorgabe, es gibt weder Besitzansprüche noch Verpflichtungen. In einer gesunden Freundschaft ist Bestätigungsverhalten fehl am Platze und auch eifersüchtige Szenen sind unbekannt. Überträgt man dieses Konzept auf eine Liebesbeziehung dann bedeutet das, dass jeder von uns mehrerer gute, warmherzige, liebevolle und sexuell erfüllende Beziehungen mit unterschiedlichen Personen führen kann. Zum anderen kann jeder einzelne dieser Beziehungen ganz unterschiedlich funktionieren. Das Motto lautet: Liebe ist im Überfluss vorhanden und es ist genug für alle da!

Glücklich leben und lieben mit mehreren Bettpartnern?

Auch Frauen können mit einer der polyamorösen Varianten glücklich werden, doch sie müssen ehrlich zu sich selbst sein.

  • Will ich Verbindlichkeit und Abwechslung zugleich? Dann ist eine verbindliche Dreierbeziehung vielleicht eine gute Idee.
  • Will ich mich unverbindlich sexuell ausleben? Dann ist die offene Paarbeziehung ein Modell, dass näher in Betracht gezogen werden sollte.
  • Will ich unkonventionell leben und vertrauensvoll mit Liebe umgehen? Dann könnte die ungewöhnliche Beziehungsanarchie durchaus eine spannende Herausforderung werden.

Hauptsache glücklich!

Die vorgestellten Beziehungsformen sind für bislang monogam lebende Partner sicherlich befremdlich. Und es ist auch durchaus normal, dass man sich in seinem eingefahrenen Alltag nur schwer vorstellen kann, die bekannten Gleise zu verlassen. Allerdings stellt sich die Frage, wie wichtig Glück und Liebe im Leben sind.

Macht es Frauen glücklich, in einer faden Ehe festzustecken, bei der sie ihre berufliche Karriere unterordnen und nach alten Rollenmodellen Kinder erziehen und den Haushalt führen? Auch wenn wir im Jahr 2018 leben, so ist die alte Rollenverteilung nach wie vor gegeben. Ablesbar ist das zum Beispiel an der Zahl derjenigen Frauen und Männer, die Elternzeit in Anspruch nehmen. Die überwältigende Mehrheit sind Frauen. Männer nehmen in vielen Fällen Elternzeit, wenn dadurch ihre Karrierechancen nicht beeinträchtigt werden. Frauen hingegen stellen die Karriere hintenan, oder positiv formuliert, bei ihnen kommen Kinder vor Karriere.

Manchmal ist Scheidung die einzig richtige Wahl.

Oft ist eine offene Beziehung oder eine andere der beschriebenen Beziehungsformen nicht die richtige Lösung, sondern es bleibt nur die Trennung oder Scheidung. Es ist aber in jedem Fall ratsam, darüber nachzudenken, bevor eine langjährige Ehe aufgegeben wird. Wer weiß? Vielleicht bringt ein kleines Abenteuer zu dritt die Ehe wieder in Schwung?

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