Endometriose – das ist eine Krankheit, von der Millionen Frauen und Mädchen in Deutschland betroffen sind. Allerdings ist Endometriose lange nicht so präsent in der Öffentlichkeit, wie beispielsweise Darm- oder Brustkrebs.

Für letztere – und auch für viele andere Krankheiten mehr – werden oftmals, nicht selten unter Einbeziehung von Prominenten, große Kampagnen gefahren. Allerdings müsste aber gerade auch Endometriose mehr in den öffentlichen Fokus gerückt und somit Frauen und Mädchen sensibilisiert werden. Denn die Krankheit kann durchaus das Leben der Patientinnen auf das Negativste verändern und geht außerdem häufig mit großen Schmerzen und körperlichen Einschränkungen einher. Das Erschreckende ist auch, dass  Endometriose selbst für viele Frauenärzte noch eine unbekannte Größe ist.

So schildert es beispielsweise Kathy Buchholz (im Bild), die selbst seit vielen Jahren unter der Krankheit leidet. Ihren Alltag musste sie mittlerweile komplett der Krankheit unterordnen. Aber: unterkriegen lässt sie sich deswegen noch lange nicht – im Gegenteil: die Delmenhorsterin setzt sich aktiv dafür ein, die Krankheit bekannter zu machen und betreibt dahingehend Aufklärungsarbeit.

So hat sie in diesem Zusammenhang eine Homepage gestartet und über ihr Leben mit der Krankheit auch ein Buch geschrieben ( „Endometriose  ̶  der Feind in meinem Körper! / Untertitel: Erfahrungsbericht einer Betroffenen“ – siehe Bild).

Doch dabei blieb es nicht. Kathy Buchholz hat sich auch dem Kulinarischem gewidmet  und mit „Kathys süße Verführung“ ein Rezeptbuch herausgebracht, in dem sie Beispielrezepte veröffentlicht hat, die sich an Liebhaber selbstgemachter Konfitüren, Marmeladen, Cremes und Gelees, sowie Liköre, Sirup-, Zucker- und Honigkreationen richten.

Das Buch, mit dem man sich Produkte herstellen kann, die es nicht im Handel zu kaufen gibt, hat auf Amazon.de hervorragende Bewertungen und Katy Buchholz somit zu einem begeisterten Leserkreis verholfen.

Im Interview spricht die Autorin über ihr Leben mit Endometriose, ihr Engagement in Sachen Aufklärungsarbeit über die Krankheit und ihre Leidenschaft, die immer schon da war: das Schreiben. 

FP: Frau Buchholz, seit wann leiden Sie unter Endometriose?

Ich kämpfe seit dem zwölften Lebensjahr mit den Symptomen von Endometriose. Es begann also alles mit meiner ersten Regelblutung.

FP: Wie gestaltete sich Ihr Leben bis zur Diagnosestellung und was geschah danach?

Meine Monatsblutungen kamen, im Gegensatz zu den meisten meiner Klassenkameradinnen, sehr unregelmäßig. Die Unterleibschmerzen waren so starken, dass ich nicht selten vor Erschöpfung weggenickt bin. Außerdem litt ich an Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Appetit- und Kraftlosigkeit sowie an einem Blähbauch.

Aber kaum einer hatte Verständnis für meine Beschwerden, schließlich war äußerlich nichts zu sehen ‒ kein Gipsverband, nicht einmal ein Pflaster. Deshalb musste ich mir sehr oft Sätze anhören wie: „Stell dich nicht so an, das haben alle Frauen!“

Es dauerte 25 Jahre, bis mein Leiden einen Namen bekam. Endometriose!

Nach der Diagnose ging mein Leidensweg weiter. Zwar wurden bei einer Laparoskopie Endometrioseherde und Verwachsungen entfernt, leider kamen sie immer wieder. Diese Herde befanden sich z. B. am Bauchfell, den Eierstöcken, der Blase, dem Darm und dem Enddarm, sodass ich mich mehreren Operationen unterziehen musste. Mit jeder OP kamen neue Narben hinzu (innerlich und äußerlich). Und weil diese Vernarbungen Schmerzen verursachten, verlor immer mehr an Lebensqualität.

Im Alter von 39 Jahren wurden bei mir eine 5 cm große Zyste und ein 6 cm großes Myom diagnostiziert. Weil das Myom in die Gebärmutterwand eingewachsen war, konnte es nicht operativ entfernt werden. Drei Jahre flehte ich den Gynäkologen an, dass er einer Gebärmutterentfernung zustimmte. Ohne Erfolg. Jedes Mal sagte er zu mir: „Sie sind zu jung. So einen Eingriff kann man nicht rückgängig machen. Was ist, wenn Sie sich doch noch dazu entschließen ein zweites Kind zu bekommen?“ Ich versicherte ihm, dass ich mit achtunddreißig Jahren kein weiteres Kind wünschte. Schließlich hatte ich trotz bescheinigter Unfruchtbarkeit und komplizierter Schwangerschaft bereits eine Tochter zur Welt gebracht. Damit war ich zufrieden. Außerdem konnte ich mir nicht vorstellen noch einmal schwanger zu werden, da ich inzwischen nahezu ununterbrochen ᾿wie ein Schwein auf der Schlachtbank᾿ blutete.

Im Laufe der Jahre wurden die Schmerzen (die mich von einer zur anderen Sekunde wie ein Taschenmesser zusammenklappen ließen) stärker.  Dazu kam, dass ich wegen der unkontrollierbaren Blutungen nicht mehr ohne Wechselwäsche aus dem Haus ging.

2009 wurde mir endlich die Gebärmutter entfernt.

FP: Mit welchen Begleiterscheinungen der Krankheit haben Sie zu kämpfen?

Bei den Operationen entstanden zahlreiche Vernarbungen, diese verursachen jetzt chronische Schmerzen im Unterbauch. Durch die chronischen Schmerzen kann ich nicht länger als 30 Minuten am Stück stehen, gehen, sitzen und liegen. Ich muss mir beim Husten und Niesen den Bauch festhalten, da ich ansonsten das Gefühl habe, mir würde jemand mit dem Messer die Eingeweide herausschneiden.

Dazu kommen unregelmäßig auftretende Schmerzattacken im Unterbauch, Enddarm und Scheide (die Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufbeschwerden und teilweise Bewusstlosigkeit verursachen). Ich leide weiterhin an chronischer Müdigkeit, Appetit- und Kraftlosigkeit, so wie einem Blähbauch. Außerdem vertrage ich viele Lebensmittel nicht mehr.

Das folgende Gedicht habe ich während einer Schmerzattacke verfasst:

Schmerz  ̶  rasierklingenscharf.

Bedarf dafür ist gleich null.

Er fragt nicht,

zeigt nur sein Gesicht,

wie es ihm gefällt.

Ihm gehört die Welt!

 

Schmerz  ̶  kristallklar.

Bedarf dafür ist gleich null.

Kneifen, beißen, stechen,

an Vielfalt kaum zu übertreffen.

Egal, ob‘s mir gefällt.

Ihm gehört die Welt!

 

Schmerz  ̶  Ohnmacht naht.

Bedarf dafür ist gleich null.

Kreislauf sackt in den Keller,

Licht schwindet immer schneller.

Und wieder hab ich festgestellt,

ihm gehört die Welt!

 

Schmerz  ̶  raubt den Verstand.

Bedarf dafür ist gleich null.

Übelkeit und Erbrechen,

ach, könnt ich mich nur einmal rächen.

Doch ihm gehört die Welt!

© Katy Buchholz

FP: Wie hat diese Krankheit ihren Alltag verändert?

Mein Alltag hat sich sehr entschleunigt. Viele Dinge, die mir früher großen Spaß gemacht haben (wie Sport und Arbeiten), kann ich heute nicht mehr ausüben. Das macht mich zwar traurig, aber nicht depressiv. Denn mein Motto lautet: früher flott und heute Schrott? Nein! Auch wenn mich mein Körper mit chronischen Schmerzen quält, haben sich doch ᾿nur᾿ die Möglichkeiten des Machbaren verschoben.

Genau wie früher in meinem Arbeitsalltag brauche ich auch heute kleine Erfolgserlebnisse. Diese bekomme ich durchs Schreiben und Veröffentlichen meiner Bücher.

FP: Endometriose ist eher nicht umfangreich in der Öffentlichkeit präsent und es gibt – im Gegensatz zu Kampagnen für Krankheiten wie beispielsweise Darmkrebs oder Brustkrebs  ‒ keine wahrnehmbare Öffentlichkeitsarbeit zu dieser Krankheit, wie kann das sein? Immerhin soll es Millionen Frauen und Mädchen geben, die betroffen sind …

Das stimmt nicht ganz. Es gibt die Endometriose Vereinigung, die bereits viel auf die Beine stellt, um über die Krankheit aufzuklären. Aber natürlich reicht das nicht. Dass Endometriose immer noch ein großes Fragezeichen in Gesichter zaubert, liegt daran, weil die Krankheit immer noch viel zu unbekannt ist ‒ auch bei Frauenärzten. Zumindest kommt bei mir diese Botschaft an, wenn ich mich mit Betroffenen unterhalte.

FP: Die Krankheit ist schlecht zu diagnostizieren, woran liegt das?

Ein Grund könnte sein, dass der Arzt oder der Patient (wie z. B. Darm- oder Brustkrebs) oft durch eine Tastuntersuchung auf den Knoten aufmerksam wird. Dies funktioniert bei Endometriose nicht. Hier muss immer mittels einer Laparoskopie in den Körper geschaut werden.

Prof. Dr. Rudy Leon De Wilde Leiter des Endometriose Zentrums am Pius-Hospital sagte vor kurzem in einem Interview: „Ich glaube, das größte Problem ist, dass Schmerz schwer zu fassen ist.“ – Quelle: Nordwest Zeitung vom 13.11.2018

FP: Bei welchen Symptomen sollten Frauen oder Mädchen sofort einen Arzt aufsuchen?

Grundsätzlich bin ich dafür, dass sich jedes Mädchen und jede Frau mindestens ein Mal im Jahr gynäkologisch untersuchen lässt. Sie sollte sich nicht scheuen alle Probleme oder Veränderungen beim Arztbesuch anzusprechen. Hat sie aber das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, dann empfehle ich einen Arztwechsel.

FP: Sie selbst haben es sich zur Aufgabe gemacht, über die Krankheit aufzuklären und sind dahingehend sehr aktiv, selbst ein Buch zum Thema haben Sie geschrieben. Berichten Sie doch einmal von Ihrer Aufklärungsarbeit.

Leider bin ich aufgrund der chronischen Schmerzen nicht so aktiv, wie ich es gerne wäre. Trotzdem habe ich mich dazu entschlossen, etwas dafür zu tun, um die Krankheit Endometriose bekannter zu machen. Der erste Schritt war das Einrichten meine Homepage und der zweite ein Buch über meine persönlichen Erfahrungen mit Endometriose zu schreiben.

FP: Das Schreiben ist ja sowieso schon etwas länger Ihre Leidenschaft. Was gibt es noch an Büchern von Ihnen?

Ich habe bei den Anthologien „Gedanken zur Weihnachtszeit“, „FrühlingsErwachen“ und „Kindheit ist (k)ein Kinderspiel“ mit je einem Gedicht mitgewirkt. Bei allen drei Anthologien werden die Erlöse für bedürftige Kinder gespendet.

Ein weiteres Buchprojekt, was mir sehr am Herzen lag, ist, mein Kochbuch „Katys süße Verführung / Untertitel: Eingekochtes & Co“. Ich träumte einmal davon, wie ich in einem kleinen Laden stehe und meine selbstgemachten Sachen verkaufe. Leider machte mir meine Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Mein Traum platzte wie eine Seifenblase. An dieser Tatsache hatte ich lange zu knabbern. Immer wieder suchte ich nach einer Alternative. Eines Tages hatte ich eine Eingebung. Ich ordnete meine Lieblingsrezepte und schrieb sie auf. So entstand das Buch „Katys süße Verführung“.

FP: Da die Krankheit Ihren Alltag diktiert – können Sie uns Einblicke in Ihren Tagesablauf geben?

Ich gebe zu, dass ich mich immer noch nicht zu 100 % damit abfinden konnte, dass sich mein Leben drastisch entschleunigt hat. Besonders nach der letzten Not-OP habe ich eine andere Sicht bekommen.

Meine Frauenärztin geht im Moment nicht davon aus, dass ich noch Endo-Herde habe. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass die Krankheit besiegt ist. Solange noch irgendein Organ (z. B. Schilddrüse) Hormone produziert, solange besteht die Gefahr, dass sich neue Herde bilden. Die chronischen Schmerzen bleiben ein Leben lang! Dennoch bin ich ein positiv denkender Mensch und versuche aus jedem Tag das Beste zu machen.

Jeder Morgen beginnt mit einem gemütlichen Frühstück. Da mein Mann seit ein paar Jahren Rentner ist, genießen wir es, gemeinsam in den Tag zu starten.  Er ist meine größte Alltagshilfe (körperlich und seelisch), gefolgt vom Rest der Familie. Ansonsten helfen Rituale, wie Sport/Bewegung (in Maßen), Bewusstes belohnen, regelmäßige Essen- und Schlafenszeiten, Ruhepausen, usw. Aber auf die abendliche Bauchpflege (Körnerkissen) kann ich nicht verzichten.

FP: Wie schaffen Sie es, sich selbst zu motivieren und ob der ständigen Schmerzen nicht zu verzweifeln?

Für diesen Fall habe ich mir ein Belohnungssystem ausgedacht. Übrigens habe ich dieses Thema nicht nur in einem Blogartikel aufgegriffen, sondern es auch mit in meinem Buch aufgenommen.

Wie funktioniert mein Belohnungssystem?

Zuerst lege ich einen Zeitraum fest, z. B. einen Monat (später wird der Zeitraum erhöht, z. B. auf 1/4 Jahr usw.). Dann notiere ich in einem gut sichtbaren Kalender mit einem roten Stift, an welchen Tagen ich walken war. Damit es gut sichtbar ist, benutze ich einen dicken roten Stift. Habe ich in einem Monat meine 2 bis 3 Mal pro Woche Walking durchgehalten, dann gibt es eine Belohnung.

Wie sieht mein Belohnungssystem aus?

Belohnungen sind Dinge, die mir guttun, die mir schmecken oder auf andere Art und Weise Freude bringen.

Das kann ein besonderer Käse sein, eine Pflanze, ein Besuch im Kino oder in der Schwimmhalle, usw. Dabei kommt es gar nicht darauf an, dass ich mir diese Dinge sowieso leisten kann. Im Gegenteil!

Ich mache mir bewusst, dass dieser Käse, diese Pflanze, dieser Besuch im Kino oder Schwimmhalle die Belohnung für meine Ausdauer ist. Das macht mich nicht nur stolz, sondern produziert erneut eine große Portion Glückshormone in meinem Körper.

Tipp:

Dieses Belohnungssystem ist auch auf andere Gebiete anwendbar!

FP: Durch Ihre Aufklärungsarbeit sind Sie ja mit anderen betroffenen Frauen in Kontakt. Wie gestaltet sich die Kommunikation, mit welchen Anliegen wenden sich die Frauen an Sie?

Seitdem ich 2004 meine Endometriose-Homepage eingerichtet habe, werde ich hin und wieder von Frauen (verschiedenen Alters) kontaktiert. Jedes Mal fühle ich mich geehrt, weil mir so viel Vertrauen entgegengebracht wird. Sie erzählen mir ihre Geschichte, von ihrem Leidensweg aber auch von kleinen oder großen Erfolgen.

Es kommt vor, dass ich um Rat gefragt werde. In diesem Fall weise ich zuerst darauf hin, dass ich kein Arzt bin, sondern ebenfalls nur eine Betroffene. Aber sie könnten sich ja gerne auf meiner HP umschauen. Vielleicht ist dort der eine oder andere Tipp, der ihnen hilft. Und auch hier bekomme ich oft positive Rückmeldungen.

FP: Was müsste sich in Sachen Gesundheitspolitik – im Hinblick auf Endometriose – ändern?

Meiner Meinung nach müsste noch viel mehr Aufklärung stattfinden. Es ist zwar schön, dass der 29.09. zum „Tag der Endometriose“ ernannt wurde, aber das reicht nicht!

Infos & Buchdaten:

Titel:

„Endometriose  ̶  der Feind in meinem Körper! / Untertitel: Erfahrungsbericht einer Betroffenen“

Klappentext:

Mit dem 12. Lebensjahr begann ihr Leidensweg. Doch Ignoranz und Unwissenheit der behandelnden Ärzte trugen dazu bei, dass es mehr als zwanzig Jahre dauerte, bis bei ihr Endometriose diagnostiziert wurde.

In diesem Buch berichtet Katy Buchholz über ihre Erfahrungen mit dieser Krankheit. Neben dem Thema Empathie, bzw. was Angehörige tun können, um ihren Lieben dabei zu helfen, mit den chronischen Schmerzen besser umzugehen, verrät die Autorin einige Tipps und Rezepte, die ihr behilflich sind, den Tag etwas beschwerdefreier zu überstehen.

Seitenzahl: 188

Print → ISBN: 978-3-740-74851-7

E-Book → ISBN: 978-3-7407-1996-8

Preis: 22,99 €

Verlag: TWENTYSIX

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Bildnachweise: Katy Buchholz

 

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